Hanse zieht Rechtsmittel zurück Endlich Geld für Gaskunden, oder?
30.04.2013, 14:36 UhrEin langes, zähes Ringen um umstrittene Gaspreiserhöhungen geht vorerst zu Ende. Die Eon Hanse zieht im Streit mit Verbraucherschützern die Rechtsmittel gegen zwei gegen sie ergangenen Urteile zurück. Doch ob Kunden nun auch Geld zurückerstattet bekommen, bleibt unklar.

Die Verbraucherzentrale Hamburg empfiehlt vorsorglich betroffenen Gaskunden ihre Ansprüche geltend zu machen.
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Der Gasanbieter Eon Hanse hat die Rechtsmittel gegen die Urteile des Hanseatischen Oberlandesgerichts und des Landgerichts Hamburg im Gaspreisstreit mit den Kunden und der Verbraucherzentrale Hamburg zurückgezogen. Damit werden die in den beiden von Verbraucher seite eingereichten Sammelklagen ergangenen Urteile rechtskräftig.
"Ein mehr als achtjähriger Kampf mit zwei Sammelklagen gegen überhöhte Gaspreise und unfaire Vertragsklauseln geht damit zu Ende: Die erste Sammelklage gegen einen deutschen Energieversorger und die erste Sammelzahlungsklage sind endgültig erfolgreich", freut sich Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg.
Die im April 2005 von 53 Gaskunden mit Unterstützung der Verbraucherzentrale Hamburg erhobene erste Sammelklage war auf Feststellung der Unwirksamkeit der Preisfestsetzungen gerichtet und führte am 30. Januar 2013 zu einem positiven Urteil für die Gaskunden vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht. Gegen das Urteil legte Eon Hanse Revision zum Bundesgerichtshof ein. Diese Revision hat der Energieversorger jetzt zurückgezogen.
Die im Dezember 2009 von der Verbraucherzentrale Hamburg im Auftrag von 55 Gaskunden erhobene zweite Sammelklage war auf Erstattung der wegen der Unwirksamkeit der Preisfestsetzungen überzahlten Beträge in den Gasrechnungen gerichtet und endete mit einer Verurteilung des Gasversorgers durch das Landgericht Hamburg auf Zahlung von 75.000 Euro. Auch gegen dieses Urteil, welches vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht verhandelt werden sollte, hat Eon Hanse die Berufung zurückgenommen. Seit 2009 enthalten die Gasverträge von Eon Hanse neue Preisklauseln, die juristisch nicht anfechtbar sind.
Keine Grundlage für Zahlungen an Kunden
Eon Hanse kritisierte die Hamburger Gerichte: Sie hätten sich auf den rein formalen Gesichtspunkt der Wirksamkeit der Klausel konzentriert. "Die Preise von Eon Hanse waren und sind angemessen", sagte eine Sprecherin. Für Rückzahlungen sieht der Konzern allerdings keine Grundlage.
Dies bedeutet für Kunden: Wer seine Rechnungen gekürzt hat, braucht nichts nachzuzahlen. Wer Widerspruch eingelegt hat, aber das Verlangte gezahlt hat, kann Erstattung verlangen. Wer bis jetzt nichts unternommen hat, sollte prüfen lassen, ob er eventuell noch einen Erstattungsanspruch hat. Die erste Gruppe schätzt die Verbraucherzentrale Hamburg auf 5000, die zweite auf 50.000, die dritte auf mehrere hunderttausend Kunden. Das den Kunden demnach zustehende Erstattungsvolumen schätzt die Verbraucherzentrale auf mindestens 50 Millionen Euro.
"Wir fordern Eon Hanse nunmehr auf, die Kunden von sich aus zu entschädigen. Jeden Kunden vor Gericht ziehen zu lassen, ist armselig und unwürdig, es belastet die Justiz und die betroffenen Verbraucher", sagt Hörmann. "Toyota ruft defekte Autos in die Werkstatt zurück und repariert sie. Warum ruft E.on nicht die defekten Verträge zurück, errechnet die überzahlten Beträge und erstattet sie?", fragt Hörmann.
Die Verbraucherzentrale Hamburg empfiehlt vorsorglich betroffenen Gaskunden ihre Ansprüche geltend zu machen. Ein Musterbrief findet sich dafür unter www.vzhh.de. Für den Fall, dass Eon Hanse den Erstattungsverlangen der Kunden nicht nachkommt, fordert die Verbraucherzentrale alle Betroffenen zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche auf.
Sollte Eon Hanse also nicht den Erstattungsansprüchen der Kunden nachkommen, muss sich das Unternehmen auf eine Prozess- und Kostenlawine einstellen, wie es sie noch nie gesehen hat, so die Verbraucherzentrale.
Ob die Kunden mit Altverträgen die Mühe einer Klage gegen den Energiekonzern tatsächlich auf sich nehmen wollen, bleibt allerdings fraglich.
Quelle: ntv.de, awi