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Ab nach Hause? Firma darf den Urlaub nicht kaputtmachen

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Der lang ersehnte Urlaub ist endlich da, der Koffer gerade ausgepackt - da ereilt einen der Ruf aus der Heimat: In der Firma brennt die Luft, man möge bitte schnellstmöglich zurückkommen. Gut bezahlte Führungskräfte werden sich der Order womöglich kaum entziehen können. Aber ist das Zurückholen eigentlich rechtens?

Urlaub ist Urlaub und muss auch nicht unterbrochen werden, wenn die Firma ruft.

Urlaub ist Urlaub und muss auch nicht unterbrochen werden, wenn die Firma ruft.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Drittel der Belegschaft ist krank, weitere Kollegen sind im Urlaub – solche Sorgen kennt man nicht nur bei Mittelständlern mit dünner Personaldecke, sondern auch bei der Bahn. Um das Chaos im Mainzer Zugverkehr in den Griff zu bekommen, will der Konzern nun versuchen, Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückzuholen. Aber müssen die auch kommen, wenn ihr Arbeitgeber ruft?

"Nein", sagt Rechtsanwalt Peter Groll aus Frankfurt am Main zu n-tv.de. "Hat der Mitarbeiter Urlaub, dann kann er nicht zum Abbruch gezwungen werden." Denkbar sei das allenfalls im betrieblichen Notfall, "wenn das Unternehmen kurz vorm Zusammenbruch steht." Also beispielsweise bei Naturkatastrophen oder nach einem Brand. Ein paar ausfallende Züge dürften nicht reichen, um den Notstand auszurufen, zumal die Probleme bei der Bahn nicht aus dem Nichts auftauchten.

Zudem müsste der Arbeitgeber erst auf andere Weise versuchen, die Situation zu entschärfen, etwa über Leiharbeiter oder  Versetzungen. "Die Bahn könnte etwa Kollegen aus anderen Stellwerken zeitweise nach Mainz beordern", schlägt Groll vor. Ein Bonus bei der Vergütung könnte die Bereitschaft zum Aushelfen erhöhen.

Niemand muss erreichbar sein

Eine Extra-Zahlung könnte natürlich auch die urlaubenden Stellwerker aus Mainz dazu bewegen, ihre Ferien abzubrechen – sofern sie denn überhaupt zu erreichen sind. Denn kein Arbeitgeber kann verlangen, dass die Mitarbeiter ständig auf Standby stehen und auch im Urlaub ansprechbar sind. Der Urlaub soll schließlich der Erholung dienen. Stehen entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag, sind sie ungültig. "In der Praxis wird von Führungskräften zwar oft erwartet, dass sie erreichbar sind, bei 'normalen' Arbeitnehmern ist das aber inakzeptabel", sagt Groll. Man muss der Firma auch nicht mitteilen, wo man seinen Urlaub verbringt.

Egal man ob auf Usedom, Ibiza oder zu Hause weilt – wer darum gebeten wird, aus dem Urlaub nach Hause zu kommenn, sollte unbedingt vorher die Bedingungen aushandeln. Das Minimum ist, dass der Arbeitgeber die Kosten erstattet, die durch den vorzeitigen Abbruch entstehen. "Zum Beispiel sollte man vorher klären, ob die Firma wenn erforderlich auch den Flug in der Business Class übernimmt", erklärt der Rechtsanwalt. Auch dass die ausgefallenen Urlaubstage später nachgeholt werden können, ist selbstverständlich. Schwierig ist es natürlich, wenn man mit schulpflichtigen Kindern unterwegs ist, dann kann der Familienurlaub schließlich nicht einfach verschoben werden. Womöglich lässt man sich mit weiteren Extras umstimmen, etwa einem Einmalzuschlag aufs Bruttogehalt oder ein paar zusätzlichen Urlaubstage.

Genehmigung ist bindend

Urlaubsansprüche auf dem Papier nutzen allerdings wenig, wenn man sie nicht durchsetzen kann. Firmen müssen sich zwar bemühen, auf die Urlaubspläne ihrer Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen. Sie müssen Urlaub aber nicht gewähren, wenn dringende betrieblichen Gründen dagegen sprechen. Die Bahn hätte die Urlaubsanträge also womöglich auch ablehnen können, wenn die Personalengpässe schon absehbar waren. Ist der Urlaub aber erst einmal genehmigt, kann er nicht mehr widerrufen werden – weder vom Arbeitgeber, noch vom Arbeitnehmer. Die Firma kann dann allenfalls versuchen, Mitarbeiter durch Apelle und großzügigen Entgegenkommen zum Urlaubsverzicht zu bringen.

Quelle: ntv.de

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