Ratgeber

Neue Düsseldorfer Tabelle Gebührenfalle für Väter?

Seit Anfang Januar ist die neue Düsseldorfer Tabelle gültig. Sie gilt als Richtschnur zur Berechnung des Unterhalts von Trennungskindern. Im Zuge der Anpassung der Düsseldorfer Tabelle an das neue Unterhaltsrecht wurde die Zahl der Einkommensgruppen von 13 auf zehn gesenkt. Der Unterhaltspflichtige fällt aufgrund seines Nettoeinkommens in eine dieser Einkommensgruppen, wovon dann wiederum die Höhe des Unterhalts abhängt. Bislang galt die erste Einkommensgruppe bis zu einem Nettoeinkommen von 1300 Euro, jetzt sind es bis zu 1500 Euro.

Da die Unterhaltsbeträge auf den ersten Blick in der neuen Düsseldorfer Tabelle deutlich höher erscheinen als zuvor, erreichten uns zahlreiche E-Mails – meist von unterhaltspflichtigen Vätern –, die die Neuordnung als dicke Gebührenerhöhung für die Anwälte und Gerichte ausmachten. Bis zu 40 Prozent Mehrkosten rechnete uns beispielsweise Michael B. vor.

Der Grund: Die Gebühren für Anwälte und Gerichte richten sich nach dem Streitwert. Dieser errechnet sich aus dem zwölffachen Unterhaltsanspruch, der sich aus der Düsseldorfer Tabelle ableitet. Da die blanken Zahlen in der Düsseldorfer Tabelle höher sind, könnte man zunächst von einem höheren Streitwert ausgehen – und damit verbunden auch von höheren Gebühren. Diese müssten unabhängig davon gezahlt werden, wie hoch der Kindesunterhalt tatsächlich ausfällt.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes leben rund 3,6 Millionen Kinder bei einem allein erziehenden Elternteil. Eine Sprecherin des Justizministeriums bestätigte gegenüber n-tv.de, dass deutlich mehr als die Hälfte dieser Kinder nicht den vollen Unterhalt erhalten. Das liegt daran, dass dem Unterhaltspflichtigen ein Eigenbedarf von 770 bis 1000 Euro monatlich zugestanden wird. Reicht das Nettoeinkommen nicht aus, um den Eigenbedarf und alle Unterhaltsansprüche zu decken, spricht man von einem Mangelfall.

Falsche Schlussfolgerung

Die Argumentation der aufgebrachten Unterhaltspflichtigen schien daher zunächst schlüssig: Gerade Bezieher geringer Einkommen müssen in einem Unterhaltsverfahren mehr zahlen als zuvor. Diese Schlussfolgerung ist aber falsch, weiß Rechtsanwältin Birgit Jöllenbeck. "Die Tabellenbeträge sind nicht mit dem Unterhaltsanspruch identisch", so die Fachanwältin für Familienrecht im Gespräch mit n-tv.de. "Nach der bisherigen Rechtslage wurde das Kindergeld bis zur sechsten Einkommensgruppe in der Regel nicht bzw. nur teilweise angerechnet."

Das Kindergeld erhält das Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt. Da das Kindergeld beiden Elternteilen hälftig zugute kommen soll, wurde der Tabellenbetrag erst ab der sechsten Einkommensgruppe vollständig um das hälftige Kindergeld reduziert. In den Einkommensgruppen eins bis fünf wurde das hälftige Kindergeld gar nicht oder nur teilweise angerechnet. Nach der neuen Rechtslage sind die Tabellenunterhaltsbeträge höher. Das Kindergeld wird bereits ab der ersten Einkommensgruppe hälftig auf den Bedarf des Kindes angerechnet und reduziert den Tabellenbetrag.

Der Unterhaltsanspruch beträgt also für ein sechs bis elf Jahre altes Kind (Altersstufe zwei) bei einem Nettoeinkommen von 1200 Euro sowohl nach der alten als auch nach der überarbeiteten Düsseldorfer Tabelle 245 Euro. Daraus ergibt sich ein Streitwert von 2940 Euro. Nehmen sich beide Parteien einen Anwalt und lassen die tatsächliche Unterhaltshöhe vor Gericht klären, entstehen dadurch Gesamtkosten von rund 1400 Euro.

"Die Gebühren steigen im Vergleich der alten und neuen Düsseldorfer Tabelle in dieser Altersstufe erst, wenn der Unterhaltsschuldner ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2301 bis 2700 Euro erzielt", weiß Jöllenbeck. Das liegt teilweise auch daran, dass die Höhe der Gebühren für Anwälte und Gerichte nicht einem festen Prozentsatz des Streitwertes entsprechen, sondern für bestimmte Streitwertkorridore gleich sind. Daher werden beispielsweise für einen Streitwert von 3000,01 bis 3500,00 Euro exakt die gleichen Gebühren fällig.

Kostengünstige Lösung

Jedes unterhaltsberechtigte Kind hat Anspruch auf einen vollstreckbaren Titel. "Hierbei muss es sich aber nicht zwangsweise um ein Urteil oder einen gerichtlichen Vergleich handeln", meint Jöllenbeck. Eine Unterhaltsverpflichtungsurkunde kann auch beim Jugendamt erstellt werden. Dabei kann das Jugendamt das komplette Verfahren von der Errechnung des Kindesunterhalts bis hin zur Beurkundung eines vollstreckbaren Titels abwickeln. Beispielsweise in Berlin ist nach Angaben des Jugendamtes dieses Verfahren völlig kostenfrei. Aber auch in anderen Bundesländern fallen höchstens geringe Kosten für Schreibaufwendungen an. Da für das Jugendamt als Beistand des Kindes das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht, rät Jöllenbeck, sich den Kindesunterhalt zuvor durch einen Rechtsanwalt errechnen zu lassen und dann eine Unterhaltsverpflichtungsurkunde beim Jugendamt erstellen zu lassen. Die Beurkundung kann auch ein Notar übernehmen, was allerdings mit höheren Kosten als beim Jugendamt verbunden ist.

Sucht der Unterhaltspflichtige einen Rechtsanwalt auf, kann er für außergerichtliche Angelegenheiten Beratungshilfe, im gerichtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe beantragen. Hierzu müssen die Vermögensverhältnisse sowie Einnahmen und Ausgaben offen gelegt werden.

Quelle: ntv.de

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