Privatversichert und Hartz-IV Jobcenter übernehmen Kosten
19.01.2011, 09:59 UhrWenn Privatpatienten in Hart-IV rutschten, mussten sie zur Not auch Schulden machen, um die Versicherung zu bezahlen. Der Weg zurück in die Gesetzliche Kasse ist ihnen verwehrt. Jetzt hat das Bundessozialgericht entschieden: Auch Privatversicherte haben ein Recht auf die volle Grundsicherung. Das könnte den Bund Millionen kosten.

Bislang haben sich die Jobcenter nur an den Beiträgen zur Gesetzlichen Kasse orientiert
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Die Jobcenter müssen Krankenkassenbeiträge für privatversicherte Hartz-IV-Empfänger in voller Höhe übernehmen. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden und damit das Saarbrücker Jobcenter verpflichtet, einem hilfsbedürftig gewordenen Rechtsanwalt den Beitrag zur privaten Krankenversicherung in Höhe von monatlich 207,39 Euro zu bezahlen. Ihm waren bisher nur 129,54 Euro erstattet worden. Den Rest musste er aus der Grundsicherung selbst aufbringen.
Dies akzeptierte das Gericht nicht. Den Beitrag müsse das Saarbrücker Jobcenter übernehmen, da sonst das "verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum privat versicherter SGB-II- Leistungsempfänger betroffen" wäre, urteilten die Bundesrichter (B 4 AS 108/10 R ). "Hieraus ergibt sich eine Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Beiträge in voller Höhe."
Für den Bund wird's teuer
Dem Bund drohen damit zusätzliche Ausgaben in Millionenhöhe. Nach Erhebungen der Bundesregierung sind rund 32.000 Hilfeempfänger privat krankenversichert. Meist handelt es sich um ehemals Selbstständige. Sie können seit dem 1. Januar 2009 nicht mehr in eine gesetzliche Krankenkasse wechseln. Das Gericht bemängelte an dieser Stelle eine Regelungslücke im Gesetz.
Die Privatkassen sind nach geltendem Rechtsstand verpflichtet, den Beitrag für einen Hartz-IV-Empfänger zu halbieren. Vom verbliebenen Betrag übernehmen die Jobcenter ungefähr den Betrag, den sie auch für Langzeitarbeitslose in der - deutlich günstigeren - Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezahlen müssen. Damit blieben privatversicherte Hartz-IV-Empfänger auf dem ungedeckten Rest sitzen.
Das Bundesarbeitsministerium begrüßte das Urteil: "Es ist gut, dass es nun Rechtssicherheit für die Betroffenen gibt." Diese könnten in ihrer privaten Krankenversicherung bleiben, "ohne sich dafür verschulden zu müssen". Auch der PKV-Verband äußerte sich positiv: Es gebe nun "endlich Klarheit zugunsten der Hilfebedürftigen". Zu ihrem verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimum gehöre auch ein angemessener Krankenversicherungsschutz. Deshalb müssten die Sozialbehörden bei Privatversicherten "die dazu nötigen Beiträge übernehmen".
Der GKV-Spitzenverband nahm das Urteil zum Anlass, höhere Beiträge für gesetzlich versicherte Hartz-IV-Empfänger zu fordern. "Es kann nicht sein, dass die Jobcenter für Versicherte der gewinnorientierten privaten Krankenversicherung deutlich mehr zahlen als für Menschen, die in einer gesetzliche Krankenkassen sind", sagte Verbandschefin Doris Pfeiffer. Sie verwies darauf, dass die gesetzlichen Kassen pro Mitglied im Monat rund 278 Euro im Schnitt aufwenden. Für Hartz-IV- Empfänger erhielten sie aber nur 131,34 Euro von den Jobcentern.
Quelle: ntv.de, dpa