Kreativer Arbeitskampf Karlsruhe lässt Flashmobs zu
09.04.2014, 12:23 UhrWie kann man einen Supermarkt lahmlegen? Durch Einkaufen: Wenn sich 40 Kunden zeitgleich mit Pfennigartikeln an den Kassen drängen, stört das den Betriebsablauf merklich. Das Bundesverfassungsgericht hat gegen solche Blockade-Aktionen aber nichts einzuwenden.
Das Bundesverfassungsgericht hat den sogenannten Flashmob als neue Form des gewerkschaftlichen Arbeitskampfes gebilligt. Gewerkschaften dürfen demnach bei Tarifauseinandersetzungen im Einzelhandel ihre Mitglieder zu überraschenden Blockade-Aktionen in Kaufhäusern aufrufen, heißt es in dem Beschluss aus Karlsruhe. Geklagt hatte der Berliner Handelsverband. Anlass war ein Appell der Gewerkschaft Verdi, bei der 2007 rund 40 Teilnehmer eine Supermarkt-Filiale für rund eine Stunde lahmgelegt hatten.
Verdi hatte damals im Arbeitskampf des Berliner Einzelhandels Gewerkschaftsmitglieder per SMS dazu aufgerufen, zu einem bestimmten Zeitpunkt "in einer bestreikten Filiale, in der Streikbrecher arbeiten, gezielt einkaufen gehen". An der Aktion beteiligten sich dann etwa 40 Menschen. Sie kauften in dem Markt in größerer Zahl sogenannte Pfennig- oder Cent-Artikel, weshalb sich an den Kassen Warteschlangen bildeten; andere füllten etwa 40 Einkaufswagen mit Waren und ließen diese ohne Begründung oder mit der Angabe, das Geld vergessen zu haben, in den Gängen oder im Kassenbereich stehen.
Nur Gewerkschaftler dürfen mitmachen
Die geschäftsschädigende Aktion dauerte je nach Angaben zwischen 45 Minuten und einer Stunde und wurde bereits vom Bundesarbeitsgericht als zulässige Arbeitskampfmaßnahme gebilligt. Nach dem Urteil der Verfassungshüter dürfen sich Flashmob-Aufrufe aber nur an Gewerkschaftsmitglieder richten, und die Aktion muss "als gewerkschaftlich getragene Arbeitskampfmaßnahme erkennbar sein". Dies sei etwa auch für Schadensersatzforderungen der Arbeitgeber bei rechtswidrigen Aktionen von Bedeutung.
Karlsruhe störte sich auch nicht daran, dass Einzelhändler dem Bundesarbeitsgericht zufolge auf Flashmobs nur mit dem Hausrecht und einer ebenfalls den Umsatz treffenden vorübergehenden Schließung ihres Geschäfts reagieren können. Es sein nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die "praktischen Wirksamkeit von Reaktionsmöglichkeiten" der Arbeitgeber zu bewerten.
Flashmobs sind ursprünglich unpolitische Spaßaktionen. Menschen verabreden sich meist virtuell oder per Mobiltelefon zu einer gemeinsamen Aktion an einem öffentlichen Ort. Dort starten sie dann beispielsweise Tanzeinlagen oder Kissenschlachten, stürmen Schnellimbisse oder erstarren in Bewegungslosigkeit. Nach wenigen Minuten löst sich der Flashmob wieder auf. Seit einigen Jahren werden Flashmobs zudem für politische Aktionen genutzt, aber auch für kommerzielle Ziele instrumentalisiert.
Quelle: ntv.de, ino/AFP