Sozialamt bittet zur Kasse Kinder haften für ihre Eltern
07.09.2007, 08:33 UhrVon Alexander Klement
Eltern sind gegenüber ihren Kindern unterhaltspflichtig. Das weiß eigentlich jeder. Doch Kinder sind auch unterhaltspflichtig gegenüber ihren Eltern. Das trifft die meisten eher unvermittelt.
Auch bei Karl Heiliger klopfte das Sozialamt an. Seine Mutter musste ins Heim. Ihre Rente reichte für die Kosten des Heimplatzes nicht aus. Er fühlte sich natürlich auch moralisch seiner Mutter gegenüber verpflichtet. Doch über die Höhe war er doch etwas überrascht: "Die erste Forderung des Sozialhilfeträgers belief sich über 1445 D-Mark (rund 739 Euro) pro Monat."
Offenlegung des Einkommens
Die Eheleute Heiliger mussten dem Sozialamt ihre kompletten Einkommensverhältnisse darlegen, denn zur Berechnung des Elternunterhaltes werden Einkommen und Vermögen der Kinder einbezogen. Ein Alleinstehender hat Anrecht auf einen Selbstbehalt von 1.400 Euro monatlich, Verheiratete auf 2.450 Euro. Überschreitet das Netto-Einkommen diesen Betrag, muss die Hälfte des Überschusses an das Sozialamt gezahlt werden.
Wie bei der Steuererklärung gilt: Wer sich auskennt zahlt weniger. "Von den Netto-Bezügen können zusätzliche Krankenversicherungsbeträge, sämtliche Zins- und Tilgungsleistungen für Kredite, andere Unterhaltsverpflichtungen und Haftpflichtversicherung mit Ausnahme der Kfz-Haftpflicht abgezogen werden", weiß Rechtsanwalt Jörn Hauß.
Altersvorsorge-Schonvermögen
Besteht aufgrund des Einkommens keine Elternunterhalts-Verpflichtung, prüft das Sozialamt die Vermögensverhältnisse. Hier gilt, dass selbst genutztes Immobilieneigentum nie verwertet wird. Hinzu kommt ein Altersvorsorge-Schonvermögen. "Laut Rechtssprechung beträgt dies fünf Prozent des letzten Bruttoeinkommens gerechnet auf die Lebensarbeitszeit. Bei einem Durchschnittsverdiener sind dies schon deutlich über 100.000 Euro", so Hauß.
Daher rät Michael Bruns von der Stiftung Warentest in jedem Fall Hilfe bei Anwälten und Selbsthilfegruppen zu suchen. "Sozialämter setzen den Unterhaltsanspruch in den meisten Fällen erst einmal sehr hoch an. Wer sich wehrt, kann oft erhebliche Abstriche durchsetzen."
Dass die Sozialämter erst mal pauschal zu ihren Gunsten den Elternunterhalt berechnen, möchte Rainer Sobczak vom Sozialamt Duisburg natürlich nicht gelten lassen. Wenn Teilkorrekturen nach einem Widerspruch erfolgen, liege dies in der Regel daran, "dass die Kenntnislage noch nicht so ist, dass alles bei der Erstberechnung hätte berücksichtigt werden können".
Anwalt oder Selbsthilfegruppe lohnt
"Da lohnt es sich, 300 bis 400 Euro in einen Anwalt oder in eine Selbsthilfegruppe zu investieren", ist Bruns überzeugt. Schließlich geht es beim Elternunterhalt um hunderte Euros monatlich – und das über einen Zeitraum von mehreren Jahren.
Wer vom Sozialamt einen Elternunterhaltsbescheid erhalten hat, sollte also lieber umgehend Hilfe suchen – ob nun bei einem Selbsthilfeverein oder bei einem Anwalt. Stellt sich dabei heraus, dass der Zahlbetrag ungerechtfertigt ist oder zu hoch ausfällt, hat man vier Wochen nach Erhalt des Bescheids die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Wenn der Widerspruch abgelehnt wurde oder unterhaltsmindernde Belastungen nicht anerkannt wurden, bleibt nur die Klageerhebung vor dem Familiengericht.
Quelle: ntv.de