Kick-Back verschwiegen Kunden erhalten Schadensersatz
25.02.2009, 15:00 UhrOb Bausparvertrag, Aktien- oder Immobilienfonds - Provisionen fließen fast immer. "Sie sind das Öl, das das Geldanlagegeschäft am Laufen hält", sagt Verbraucheranwalt Mathias Nittel. "Verborgene Provisionen", "verdeckte Rückvergütungen" oder neudeutsch auch "Kick-Backs" heißen die Zahlungen, über die im Beratungsgespräch bislang meist geschwiegen wurde. Nun urteilen Gerichte landauf, landab, dass Anleger genau deswegen aus ungeliebten Verträgen aussteigen können.
"Wir freuen uns, Ihnen im Rahmen unserer objektiven Vermögensberatung eine weitere interessante Beteiligung anbieten zu können", schrieb etwa die Dresdner Bank an ihren Kunden Rudolf T. im Saarland. Interessant war das Geschäft mit dem Immobilienfonds nur für die Bank. Sie strich neben einem üblichen Aufgeld (Agio) von fünf Prozent auch noch Provisionen von der Fondsgesellschaft ein. Für T. dagegen blieben nach wenigen Jahren von 50.000 Euro nur noch 9110 Euro übrig.
Dumm gelaufen für T. Dann aber auch dumm gelaufen für die Bank - vor Gericht. Sie muss alles zurückzahlen, und Zinsen noch dazu, urteilte im Januar das Landgericht München I (Az: 27 O 23950/07). Der Grund ist einfach: Die Bank hatte T. verschwiegen, dass sie neben dem Agio auch noch Provisionen für die Fondsvermittlung kassierte. Hätte T. das gewusst, so die Argumentation, hätte er wohl vermutet, die Bank berate vielleicht doch mehr im eigenen statt in seinem Interesse. Bei "aufklärungsrichtigem Verhalten" hätte T. das Geschäft wohl gar nicht abgeschlossen.
Erste Urteile bereits 2000
Neu ist diese Rechtsprechung nicht. Schon 2000 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) so entschieden: Ein Vermögensverwalter hatte einer Bank eine Million Euro eines Kunden für Börsentermingeschäfte zugeschoben und dafür satte Rückvergütungen kassiert (Az: XI ZR 349/99).
Doch erst ein Urteil des BGH vom Dezember 2006 zu Aktienfonds brachte die Sache ins Rollen. Die Bank muss über verdeckte Rückvergütungen aufklären, damit sich der Kunde ein Bild machen kann, ob sie objektiv oder mehr im Eigeninteresse berät, heißt es dort im Leitsatz (Az: XI ZR 56/05). Noch druckfrisch ist ein Beschluss vom Januar, mit dem der BGH dies ausdrücklich auch auf den nicht vom Wertpapierhandelsgesetz reglementierten "grauen Kapitalmarkt" überträgt, im konkreten Fall einen Medienfonds (Az: XI ZR 510/07).
"Die Verbraucher bekommen eine klare Handhabe, wie sie sich aus solchen Anlagen verabschieden können", freut sich wie Verbraucheranwalt Nittel auch Rechtsanwalt Heinz Steinhübel. So entließen Gerichte Bankkunden aus einem Medienfonds (Landgericht München I, Az: 22 O 523/07), einem Depotverwaltungsvertrag (Landgericht Heidelberg, Az: 3 O 98/08) und sogar ein Unternehmen aus Zinsspekulationen in Millionenhöhe (Landgericht Frankfurt/Main, Az: 2-04 O 388/06).
Versicherungen haben besondere Stellung
In einem Urteil gegen die Citibank wandte das Landgericht Bochum das Argument der Aufklärungspflicht auch auf eine mit einem Kredit verkaufte Restschuldversicherung an (Az: I-1 O 36/07). Für Lebensversicherungen ist die Aufklärungspflicht seit Jahresbeginn gesetzlich vorgegeben. Ansonsten ist Anwalt Nittel bei Versicherungen eher zurückhaltend. Aus historischen Gründen haben sie gesetzlich eine besondere Stellung, erklärt er. Dagegen müsste die Rechtsprechung wohl auch für Bausparverträge gelten; Urteile hierzu gibt es allerdings noch nicht.
Ob Rentner ihr Erspartes anlegen oder Unternehmen gleich mehrere Millionen zwischenparken wollen - für die Verbraucher geht es um viel Geld. Und für die Banken in der Summe allemal. Allein bei den Immobilienfonds wackeln Verträge in Milliardenhöhe, schätzt Nittel. Nach Schätzung des Rosenheimer Fonds-Experten Stefan Liopfinger entwickeln sich Dreiviertel der geschlossenen Immobilienfonds schlechter als geplant. "Bei etwa 40 Prozent werden die Anleger am Ende einen Schaden erleiden." Mit der neuen Rechtsprechung wird da für die Kunden das Schweigen der Banker zu Gold.
Quelle: ntv.de