Prozess um Bonusmeilen beginnt Lufthansa vergrätzt Vielflieger
27.01.2012, 17:31 UhrVor gut einem Jahr hat die Lufthansa ihre Bonusmeilen abgewertet. Manche Kunden haben das gar nicht gemerkt, viele zu spät. Einer von ihnen zieht nun vor Gericht, um eine angemessene Entschädigung zu erstreiten. Er dürfte nicht der einzige Vielflieger sein, der den Rechtsweg wählt. Der Lufthansa droht eine Klagewelle.
Bis zu 100 Mal im Jahr steigt Tobias Eggendorfer in ein Flugzeug ein. Bis nach Sydney, Bangkok und Las Vegas führt den Hamburger Informatik-Professor sein Beruf. Um Geld zu sparen, sammelte er bei der Lufthansa Bonusmeilen und löste sie als Rabatt für neue Flüge ein - bis das Unternehmen seine Geschäftsbedingungen änderte. Auf einen Schlag entwertete sich Eggendorfers Konto um etwa 30 Prozent. Für die gesammelten Meilen bekam er also plötzlich weniger Prämien-Flüge. Er verklagte die Fluggesellschaft. Heute begann der Prozess vor dem Kölner Landgericht.
"Ich kann nicht nachvollziehen, wie man einen potenziellen Kunden, der Geld im Laden lässt, verjagt", sagt Eggendorfer. Mehrere Briefwechsel, auch mit Lufthansa-Chef Christoph Franz persönlich, waren erfolglos gewesen. Besonders ärgert ihn: Die Änderungen für das Bonus-Programm seien nur versteckt im Internetauftritt und sogar erst nach Inkrafttreten im Kundenmagazin publiziert worden. Sollte er bei der Verhandlung mit einem Streitwert von 20.000 Euro scheitern, will er bis vor den Bundesgerichtshof ziehen.
Die Lufthansa hält dagegen. Schon im November sagte Sprecher Andreas Bartels, man habe die erste Preiserhöhung der Meilengegenwerte seit sieben Jahren rechtzeitig und auf allen Kanälen kommuniziert.
So gut wie eine Flasche Sekt
Das Angebot der Lufthansa-Vertreter, 45.000 Meilen als Wiedergutmachung zu zahlen, empört den Informatiker. Er verlangt 500.000 Meilen als Ausgleich. Ein Hin- und Rückflug der Business-Klasse in die USA kostete ursprünglich 90.000 Meilen, seit der Änderung 105.000 Meilen. "Da können sie mir auch eine Flasche Sekt schicken." Außergerichtlich einigen konnten sich die beiden Seiten nicht. Seit Beginn des Streits im Dezember 2010 hat der Kunde mit Senator-Status der blaugelben Fluglinie den Rücken gekehrt.
Viele Lufthansa-Kunden sind empört und haben sich hinter Eggendorfer gestellt. "Erschreckend viele haben mich per Mail kontaktiert und mir für den Prozess alles Gute gewünscht", sagt der 35-Jährige. Sogar rund 20 Mitglieder des "Hon Circle", der exklusivsten Vielflieger-Gemeinschaft bei der Lufthansa, haben ihm in Nachrichten die Daumen gedrückt. "Das ist Créme-de-la-Créme der Top-Kundschaft", sagt Eggendorfer. Sollte das Unternehmen seine Geschäftsbedingungen rechtswidrig geändert haben, könnten tausende Lufthansa-Kunden gegen das "Miles and More"-Programm Sturm laufen. Am Bonusprogramm nehmen nach Angaben der Lufthansa rund 20 Millionen Kunden teil.
Urteil wird Signalwirkung haben
"Das schlägt in der Gemeinde der Vielflieger enorme Wellen", sagt der Anwalt einer Münchner Kanzlei, auf dessen Schreibtischen schon die ersten Mandate von Lufthansa-Kunden liegen. Sie vermuten eine Klagewelle von rund 1000 Mandanten im Frühjahr. Zunächst wolle man aber die Signalwirkung im Kölner Musterprozess abwarten. "Das ist keine alltägliche Geschichte" sagte der Vorsitzende Richter Bernhard Offermann zu Beginn der Verhandlung.
Sollte Eggendorfer ein Grundsatzurteil erstreiten, könnte die Lufthansa viele ihrer treusten Kunden verlieren. 198 Milliarden Meilen hatten die Vielflieger bis Ende 2010 nach Lufthansa-Angaben erflogen. Eine Entscheidung aus Köln ist für den 2. März angesetzt. Zum Verhandlungsbeginn am Freitag vor dem Kölner Landgericht war Eggendorfer aus Hamburg wie so oft mit dem Flugzeug angereist - allerdings in einer Maschine von Air Berlin.
Quelle: ntv.de, dpa