BGH prüft Ersatzansprüche Müssen Airlines Reserveflieger haben?
12.06.2014, 18:10 UhrMüssen Fluggesellschaften Ersatzmaschinen bereithalten, um Verspätungen zu vermeiden? Ja, finden zwei Kläger vorm BGH. Sie verlangen eine Entschädigung fürs lange Warten. Die Airline beruft sich auch höhere Gewalt.

Die Passagiere warteten auf Maschinen, die vorher in Griechenland im Einsatz waren. Dort gab es Streiks bzw. Radarstlrungen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Stundenlang auf dem Flughafen herumhängen, währen d man eigentlich schon längst im Flieger sitzen sollte – schön ist das nicht. Hat die Fluggesellschaft die Verspätung selbst zu verantworten, gibt es unter Umständen eine Entschädigung. Doch oft weigern sich die Fluggesellschaften zu zahlen. Jetzt befasst sich der Bundesgerichtshof zum wiederholten Male mit der Frage, unter welchen Umständen Schadenersatz fällig wird. Heute haben die Richter über zwei Klagen von Flugreisenden gegen die Fluggesellschaft TUIfly verhandelt. Eine Entscheidung gab es zunächst aber noch nicht.
Die Kläger berufen sich auf die Fluggastrechte-Verordnung der EU. Weil ihre Urlaubsflüge auf die Balearen mehr als drei Stunden Verspätung hatten, stehen ihnen für diese Strecke laut Gesetz jeweils 250 Euro zu. Die beiden Vorinstanzen in Hannover hatten die Klage aber unter Hinweis auf die "außergewöhnlichen Umstände" abgewiesen – denn bei Umständen, welche die Airline nicht zu verantworten hat, muss sie laut EU-Regelung auch nicht zahlen. Grund für die Verspätung war der vorangegangene Flug der Maschine nach Griechenland, und dort wurde gestreikt.
"Das war schon eine große Belastung, über drei Stunden auf dem Flughafen festzusitzen", sagte der Anwalt einer dreiköpfigen Familie, Holger Hopperdietzel. Er hatte die Kläger aus dem hessischen Seligenstadt vor dem Amts- und Landgericht Hannover vertreten. In der Verhandlung argumentierten die Anwälte der Kläger, dass die Gesellschaft für einen solchen Fall eine Ersatzmaschine hätte bereithalten müssen. TUIfly hätte dann die Folgen des Streiks beherrschen können, sagte Rechtsanwalt Joachim Kummer und fügte hinzu: "Es ist für Fluggäste unzumutbar, wenn eine Gesellschaft über 24 Flugzeuge verfügt und alle 24 im Flugbetrieb sind und überhaupt kein Flugzeug als Reserve vorgehalten wird."
"Flüge wären viel teurer"
Der TUIfly-Anwalt Hans-Eike Keller hält dagegen: Wenn dies zwingend verlangt würde, müssten die Preise von Pauschalreisen drastisch steigen. Dies könne sich dann aber kein Reisender mehr leisten, was "auch nicht der Sinn des Verbraucherschutzes sein" könne. Die Bereithaltung von Ersatzmaschinen würde den Betrieb der Gesellschaft so sehr verteuern, dass dies wirtschaftlich nicht mehr tragbar wäre.
Umlauf, Subcharter, Umbuchung - das Gericht machte es sich nicht leicht mit der Betrachtung des Flugbetriebs. Der Vorsitzende Richter des X. Zivilsenats, Peter Meier-Beck, sagte, es sei schwierig, rechtliche Kriterien zu benennen, was eine Fluggesellschaft tun müsse, um Ersatzkapazitäten bereitzuhalten. Alle Unternehmen der Branche versuchten, ihre Kosten zu drücken, sagte Meier-Beck und stellte die rhetorische Frage: "Können wir von Rechts wegen sagen, wir meinen, der Markt müsste anders sein?"
Auf Druck der Fluggesellschaften wollen die EU-Verkehrsminister die EU-Verordnung von 2005 ändern, wonach ab einer Verspätung von drei Stunden eine Entschädigung fällig wird. Künftig soll es nach einem Vorschlag der EU-Kommission erst ab einer Verspätung von fünf Stunden einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung geben. Bislang konnten sich die Verkehrsminister aber nicht einigen. Verbraucherschützer lehnen eine Änderung zulasten der Flugpassagiere ab.
Quelle: ntv.de