Gemeinsam alt werden Senioren-WG oder Altersheim
23.10.2007, 07:49 UhrVon Malte Buhse
Weil viele Senioren nicht ins Altersheim wollen, gründen sie mit Gleichgesinnten eine Wohngemeinschaft. Das ist auf jeden Fall geselliger und manchmal auch günstiger.
Während Studenten sich meistens eine Wohnung teilen, quartieren sich viele Senioren lieber in einem ganzen Haus ein. Dort wohnt zwar jeder für sich, doch man trifft sich im Gemeinschaftsraum zum kochen, essen und reden. Die Immobilie wird entweder gekauft oder angemietet. Dazu kommen noch Kosten für Pflegedienste.
Selbst das Blumengießen kostet
"Das ist aber in jedem Fall günstiger als ein Platz im Pflegeheim", sagt Ingeborg Dahlmann vom Forum Gemeinschaftliches Wohnen. In einem Heim müssen laut Dahlmann alle Leistungen bezahlt werden, selbst wenn es nur darum geht, die Blumen zu gießen, wenn mal ein Bewohner in den Urlaub fährt. "In einer Hausgemeinschaft machen so was die Mitbewohner", erklärt sie. Anne Helmer vom Verband katholischer Altenhilfe will sich nicht festlegen, ob man in einer Senioren-WG wirklich günstiger alt wird, als im Pflegeheim. "Das hängt von der Pflegestufe ab und davon, wie viel Geld man aus der Pflegeversicherung bekommt", erklärt sie.
Hans-Werner Hüwel vom Caritas-Verband Paderborn kann konkrete Zahlen nennen. Eine Betreuung im Pflegeheim würde bei Pflegestufe zwei im Monat gut 1800 Euro kosten. In einer Senioren-WG würden für die gleichen Leistungen über 600 Euro weniger fällig. Allerdings gelten diese Zahlen nur für Nordrhein-Westfalen. Laut Hüwel gibt es von Bundesland zu Bundesland erhebliche Unterschiede, unter anderem weil die Zuschüsse der Pflegeversicherung nicht überall gleich sind.
Theoretisch könnten alte Menschen bis zum Ende ihres Lebens in einer Wohngemeinschaft bleiben, sagt Andreas Lempeck-Mohler vom Verband katholischer Altenhilfe. Das sei halt nur wegen des dann auf jeden Fall hohen Pflegebedarfs sehr teuer. "Es gibt Grenzen medizinisch, menschlich und finanziell", bestätigt Dahlmann.
Die verschiedenen Verbände bieten Senioren auf WG-Suche Unterstützung an. Über Beratungsstellen finden sich Wohngemeinschaften zusammen, die Berater geben Tipps zum Mieten oder Kaufen von passenden Häusern. In vielen Senioren-WGs hat sich auch eine psychologische Betreuung bewährt, die Konflikte klärt, bevor die das Zusammenleben gefährden. Vor allem in der Phase des Kennenlernens ist eine Beratung wichtig, weiß Ingeborg Dahlmann, die auch ausgebildete Mediatorin ist. "Man muss erst mal sehen, ob man mit den Menschen, die man da trifft, zusammen leben will."
Geselligkeit und Zuwendung
Die Senioren schätzen an einer Wohngemeinschaft vor allem die Geselligkeit. Der Kontakt mit anderen Menschen hilft besonders bei Alterskrankheiten wie Demenz. "Die emotionale Zuwendung ist hier viel größer als im Heim. Außerdem fühlen sich die Bewohner nützlich, weil sie zum Beispiel in der Küche helfen können", sagt Bärbel Pilz.
Sie leitet den ambulanten Pflegedienst Herbstschirm, der in Berlin eine WG mit Demenzkranken betreut. "Für mich ist das die beste Form der Altenpflege", sagt die Altenpflegerin. In der Senioren-WG von Herbstschirm leben ausschließlich Demenzkranke. Woanders gab es auch Versuche, gemischte WGs zu bilden, doch von solchen integrativen Konzepten rät Andreas Leimpek-Mohler ab. "Das hat sich nicht bewährt", sagt er. "Die Nicht-Dementen waren irgendwann überfordert".
Der Wunsch nach einem gemeinsamen Altwerden wird immer größer. Laut einer Studie des Kuratoriums Deutsche Altershilfe und der Bertelsmann Stiftung sind 65 Prozent der Altershaushalte prinzipiell umzugsbereit, wenn sie eine ansprechende alternative Wohnform finden. Auch Ingeborg Dahlmann beobachtet diesen Trend: "Der Gedanke wächst."
Quelle: ntv.de