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Vermögenssteuer voraus? Startups schlagen Alarm

Ein wesentlicher Grund für die Nicht-Anwendung der Vermögenssteuer ist, dass es ausgesprochen komplex und arbeitsintensiv ist, Vermögen überhaupt zu erfassen.

Ein wesentlicher Grund für die Nicht-Anwendung der Vermögenssteuer ist, dass es ausgesprochen komplex und arbeitsintensiv ist, Vermögen überhaupt zu erfassen.

(Foto: picture alliance / dpa)

SPD, Grüne und Linke wollen nach der Bundestagswahl eine Vermögenssteuer einführen. Das Thema ist nicht nur ausgesprochen komplex, sondern gefährdet auch die deutschen Startups. Die Szene ist alarmiert.

Traditionell wollen tendenziell linke Parteien Geld von oben nach unten verteilen. Konkret soll das über höhere Einkommensteuern für Besserverdienende und durch eine Vermögenssteuer erfolgen. Letztere haben sowohl die SPD als auch die Grünen und die Linke in ihrem Wahlprogramm stehen. Die Linke will Vermögen bereits ab einer Million Euro besteuern, bei der SPD und den Grünen liegt die Bemessungsgrenze bei zwei Millionen Euro.

Michael Bormann

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Von diesen Plänen sehen sich vor allem Startups massiv bedroht. Denn bei ihren Vermögen handelt es sich in der Regel um Buchwerte, also um immaterielles Vermögen. Da geht es weniger um Maschinen oder Immobilien, sondern mehr um Ideen. Das Geld, was vorhanden ist, dient der Weiterentwicklung der Geschäftsidee, die Kassenlage ist in vielen Fällen eher angespannt. Da stellt sich die Frage, wie Startup-Unternehmer eine mögliche Vermögenssteuer überhaupt finanzieren sollen.

Der Bundesverband Deutsche Startups hat zusammen mit der Unternehmensberatung Rödl & Partner insgesamt mehr als 200 Startup-Unternehmer zu einer möglichen Vermögenssteuer befragt. Das Ergebnis ist eindeutig: Der Verband befürchtet Existenzgefährdungen, Abwanderungen ins Ausland und weniger Investitionen.

Besteuerung der Substanz

Startups verzeichnen in den ersten Jahren in der Regel noch Verluste. Die Vermögenssteuer könnte also eigentlich nur durch den Verkauf von Unternehmensteilen bezahlt werden, was die Geschäftsidee torpedieren und die Substanz des Unternehmens beschädigen würde. Oder die Jungunternehmer müssten dafür weiteres Geld von externen Investoren auftreiben. Ob diese allerdings bereit wären, Geld für Steuern zuzuschießen, statt damit eine innovative Idee weiterzuentwickeln, darf bezweifelt werden. Mehr als die Hälfte der Befragten meint, eine mögliche Vermögenssteuer nicht finanzieren zu können. Und 86 Prozent befürchten einen massiven Rückgang von Neugründungen.

Außerdem stellt sich die Frage, wie der Wert der Startups überhaupt ermittelt werden soll, denn das Gros notiert ja nicht an der Börse. Die Wertermittlung gestaltet sich vor allem dann ausgesprochen schwierig, wenn es keine externen Finanzierungsrunden gab oder diese schon eine längere Zeit zurückliegen.

Schließlich droht eine Verlagerung des Geschäfts. Bei der Befragung gab jeder zweite Startup-Unternehmer an, bei der Einführung einer Vermögenssteuer seine Company ins Ausland verlegen zu wollen. Da gibt es vielfältige Möglichkeiten. Denn es ist kaum ein europäisches Land übrig geblieben, das die auch Reichensteuer genannte Abgabe noch erhebt.

Enormer bürokratischer Aufwand

Ein wesentlicher Grund für die Nichtanwendung der Vermögenssteuer ist, dass es ausgesprochen komplex und arbeitsintensiv ist, Vermögen überhaupt zu erfassen. Beim Aktiendepot und beim Bankkonto gestaltet sich das noch sehr einfach. Schwieriger wird die Wertermittlung schon bei Immobilien. Und wie will der Fiskus den Wert von Autos, Schmuck, Kunst oder Antiquitäten feststellen. Es ist durchaus zu befürchten, dass der bürokratische Aufwand den Staat mehr kosten als eine Vermögensteuer einbringen würde. Außerdem wäre eine Kapitalflucht ins Ausland zu erwarten - nicht nur bei Start-ups.

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Besser wäre es sicherlich, wenn der Staat die Startup-Szene in Deutschland unterstützen würde, damit die Zahl der erfolgreichen Unternehmer wächst, die gutes Geld verdienen und dementsprechend signifikante Einkommensteuern an das Finanzamt zahlen. Zumindest hat die derzeitige Regierung aus CDU/CSU und SPD die Besteuerung von Mitarbeiter-Beteiligungen verbessert. Die Beschäftigten müssen diese nicht mehr bereits versteuern, wenn sie die Beteiligung erhalten, deren Wert zu diesem Zeitpunkt aber nur auf dem Papier steht. Jetzt will der Fiskus erst nach zwölf Jahren zulangen oder wenn der Mitarbeiter das Unternehmen wechselt. Das geht schon einmal in die richtige Richtung. Bei einer möglichen Vermögenssteuer ist das sicherlich nicht der Fall.

Dr. Michael Bormann ist Steuerexperte und seit 1992 Gründungspartner der Sozietät bdp Bormann Demant & Partner www.bdp-team.de. Schwerpunkte seiner Tätigkeiten sind neben Steuern die Bereiche Finanzierungsberatung sowie das Sanierungs- und Krisenmanagement bei mittelständischen Firmen.

Quelle: ntv.de

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