Boreout statt Burnout Stress durch Langeweile
15.10.2007, 15:34 UhrWas für eine herrliche Vorstellung: Nur zwei, drei Stunden am Tag arbeiten und die restliche Zeit im Büro für private Dinge nutzen. Von wegen, sagen Philippe Rothlin und Peter Werder: Für die meisten Arbeitnehmer sei das auf Dauer ein Alptraum. Die beiden Unternehmensberater aus Zürich halten es sogar für gefährlich, wenn zu wenig Arbeit anliegt - aus wirtschaftlicher Sicht und für die Gesundheit des Mitarbeiters. Sie warnen daher vor einem neuen Phänomen: dem "Boreout".
Müde vom Nichtstun
Boreout statt Burnout - gemeint sind damit Verhaltensmuster, hervorgerufen durch Unterforderung, Desinteresse und Langeweile im Job. Wer sich unterbeschäftigt fühlt, versuche meist zuerst, dies durch eine Beschwerde beim Vorgesetzen zu ändern. Nimmt der Arbeitsumfang trotzdem nicht zu, komme allmählich der Gedanke, dass es so schlecht nicht ist, wenig zu tun zu haben. Gefährlich sei dann aber die Feststellung: "Ich bin abends müde und ausgepumpt, weil ich zu wenig gemacht habe", sagt Rothlin.
In der Folge verhalte sich der Boreout-Betroffene paradox: Da sich kein Arbeitnehmer erlauben kann, am Schreibtisch Löcher in die Luft zu starren, entwickele er Strategien, um beschäftigt zu wirken, ohne es tatsächlich zu sein. Dieses Versteckspiel sei "anstrengend und belastend" und damit schlecht für die Gesundheit, warnt Rothlin.
Innere Kündigung einreichen
Anders als das Stressphänomen Burnout ist der Boreout nach Ansicht der beiden Autoren bislang nicht hinreichend untersucht. Sie halten ihn aber für ähnlich bedrohlich. Kurt Stapf von der Universität Tübingen ist dagegen skeptisch. "Vorsicht bei neuen Begriffen, die noch nicht wissenschaftlich fundiert sind", sagt der Psychologie-Professor, der sich mit dem Phänomen "innere Kündigung" befasst hat.
Wer innerlich kündigt, ist meist ein ehemals hoch motivierter Arbeitnehmer, der nur noch Dienst nach Vorschrift macht. Da er aber seine Stelle behalten will, versucht er, das sinkende Engagement zu verbergen - mit dem Effekt, deswegen ständig unter Stress zu stehen. Oft mit gesundheitlichen Folgen, denn Unzufriedenheit im Job kann psychosomatische Phänomene wie Magenbeschwerden oder Verspannungen verursachen. Dann hilft manchmal nur noch ein Tätigkeitswechsel.
Peter Werder und Philippe Roth raten, schon bei der Jobsuche nicht nur auf das Gehalt zu achten, sondern auch nach Sinn und Umfang der Arbeit zu fragen: Alle drei Elemente müssten gleich stark gewichtet werden. Nur so lasse sich ein Boreout ausschließen - wer dennoch davon bedroht ist, sollte sich Gedanken über eine neue Stelle machen.
Quelle: ntv.de