Zu Hause bleiben spart Sprit Telearbeit auf dem Vormarsch
15.07.2008, 09:14 UhrAutofahren ist richtig teuer geworden, die Pendlerpauschale weitgehend abgeschafft - angesichts dieser Entwicklungen könnte ein altbekanntes Arbeitsmodell einen neuen Schub bekommen: die Telearbeit. Derzeit bieten rund 20 Prozent der Unternehmen in Deutschland ihren Angestellten die Möglichkeit, ihrer Arbeit auch außerhalb des Firmengebäudes nachzugehen, schätzt Christiane Flüter-Hoffmann vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW).
Die Expertin räumt erstmal mit einem Vorurteil auf: "Der typische Telearbeiter keine Frau." Telearbeiter sind meist männlich, gut qualifiziert und arbeiten in der IT-Beratung oder einem ähnlichen Berufsfeld. Es gebe Telearbeit aber auch im handwerklichen Bereich. So könnten die in der Produktion eines großen deutschen Autoherstellers tätigen Meister ihre Planungsarbeit auch zu Hause erledigen. Wo die Arbeit an einen Ort und an Menschen gebunden ist funktioniert das Modell natürlich nicht.
Ohne Selbstdisziplin geht's nicht
Hinzu kommt, dass nicht jeder für die Telearbeit auch persönlich geeignet ist: "Man muss sich motivieren und organisieren können", sagt Christiane Flüter-Hoffmann. Hartmut Seifert von der Hans-Böckler-Stiftung nennt einen weiteren Punkt: Es sei nicht jedermanns Sache, alleine vor sich hinzuwerkeln. "Ich möchte nicht auf den persönlichen Schnack verzichten müssen."
Abgesehen davon, gibt es Vorgesetzte, die Telearbeit einfach nicht schätzen: "Das ist ein typisch deutsches Phänomen - viele Chefs haben hierzulande ihre Schäfchen lieber um sich", erläutert Christiane Flüter-Hoffmann. Vielleicht ist es die Befürchtung, dass die Kollegen im Home Office Solitär spielen, statt sich ihrem Job zu widmen. Dabei zeigt die Erfahrung, dass Telearbeiter meist effektiver arbeiten.
Wichtig sind dafür jedoch die Rahmenbedingungen. Zum einen ist der heimische Küchentisch kaum der richtige Ort, um seinem Beruf nachzugehen. "Das hängt natürlich vom Typ ab. Aber ich könnte mich da nicht konzentrieren", sagt Hartmut Seifert. Damit die Arbeit auch außerhalb der Firma in geregelten Bahnen abläuft, ist zudem eine genaue Absprache der Arbeitsziele wichtig. Dass jemand vollständig zu Hause arbeitet und die Kollegen nur anlässlich der Weihnachtsfeier sieht, kommt ohnehin eher selten vor. Gang und gäbe ist dagegen die alternierende Telearbeit: Präsenz im Büro und Home Office wechseln sich ab.
In manchen Branchen schon alltäglich
In der IT- und Telekommunikations-Branche wird über Telearbeit nicht mehr gesprochen - sie wird ganz selbstverständlich praktiziert. Stephan Pfisterer, Personal- und Arbeitsmarktexperte des Branchenverbandes BITKOM, nennt das ortsunabhängige Zusammenarbeit. Dafür braucht es vor allem einen schnellen und sicheren Zugang ins Internet. So können zum Beispiel System-Administratoren häufig einen Teil ihrer Arbeit von zu Hause aus erledigen.
Ohnehin eher selten im Büro sind IT-Berater, die viel reisen, weil sie Kunden besuchen. Da sei es umso wichtiger, dass sie auch auf Dienstfahrt voll arbeitsfähig sind, so Pfisterer. In einer Branche, in der Kollegen aus Indien, Deutschland und USA online zusammen an einem Projekt arbeiten, spielt es dann auch keine Rolle, ob der deutsche Kollege in der Niederlassung oder in seinem Haus im Speckgürtel einer deutschen Großstadt sitzt.
Quelle: ntv.de