Arme Schweine Teures Schnitzel ist nicht unbedingt besser
31.07.2014, 12:17 UhrSchnitzel für fünf Euro das Kilo kommt nicht von glücklichen Schweinen, das dürfte jedem klar sein. Doch selbst wenn man an der Frischetheke das Doppelte hinlegt, ist damit weder den Bauern noch den Tieren geholfen.

Schweinezüchter stehen unter enormem Kostendruck. Viele betonen aber, ihren Tieren gehe es gut.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ferkel, die ohne Betäubung kastriert werden, Zuchtsauen, die in engen Käfigen vegetieren - solche Bilder aus Zucht- und Mastbetrieben lassen die wenigsten Betrachter kalt. Doch wenn Aldi, Lidl und Co. Schweineschnitzel für sechs Euro das Kilo oder weniger verhökern, treten die Gedanken an die Herkunft des Fleisches bei vielen Kunden in den Hintergrund. Dabei sollte inzwischen jedem klar sein, dass Niedrigpreise schwer mit artgerechter Haltung zu vereinbaren sind. Ist es denn besser, sein Fleisch beim Metzger oder an der Frischetheke im Supermarkt zu kaufen? Meistens nicht, so das Fazit des "Öko-Test"-Magazins.
Für die aktuelle August-Ausgabe haben sich die Öko-Tester die Herkunft von Schweineschnitzel genauer angesehen. Das Ergebnis war ziemlich ernüchternd: Die Thekenware ist zwar teurer, aber oft nicht besser als das abgepackte Kühlfach-Fleisch. Nur noch 30 Prozent der Fleischer schlachten demnach selbst, die meisten kaufen ihre Ware extern ein. Das kann in Ordnung sein, wenn es sich um kleine, regionale Zulieferer handelt. Doch oft greifen die Metzger auf die gleichen Großschlachtereien wie die Discounter zurück. Und dann bekommen die Bauern auch nicht mehr Geld als vom Discounter.
Viel ist das nicht: Zum Zeitpunkt der Öko-Test-Untersuchung lag der Preis für ein Schwein bei 1,60 Euro pro Kilo Schlachtgewicht. Für ein ausgewachsenes Schwein bekommt ein Mastbetrieb zur Zeit etwa 150 Euro. Gut 60 Euro muss er zuvor für das Ferkel bezahlen, fünf Monate lang steht das Tier dann im Stall. Um die Kosten zu decken, sei ein Preis von 1,74 Euro pro Kilo Schlachtgewicht nötig, so die Interessengemeinschaft der Schweinehalter in Deutschland. Bauern kommen also nur über die Runden, wenn sie effizient wirtschaften. Und das bedeutet in der konventionellen Schweinemast eben Intensivhaltung in immer größeren Stallanlagen mit einstreulosen Buchten oder körpergroßen Käfigen für Zuchttiere.
Bauern zahlen für Schnäppchenpreise
Vielen Verbrauchern ist das zwar nicht ganz geheuer, das hält sie aber nicht davon ab, zuzugreifen, wenn bei Aldi Nackensteaks im Angebot sind oder Real Rollbraten für 50 Prozent billiger anbietet. Solche Sonderangebote müssten auch die Bauern finanzieren, so "Öko-Test". Denn der Handel gebe etwa die Hälfte der Preissenkungskosten an die Zulieferer weiter. Welche Preise die Händler den Schweinemästern zahlen, wollten die meisten Händler gegenüber "Öko-Test" nicht verraten - egal ob es sich um abgepackte Ware aus dem Kühlfach handelte oder um das vermeintlich "fairer" gehandelte Fleisch von der Frischetheke.
Auffällig war, dass das teurere Thekenfleisch im Supermarkt zum Teil sogar qualitativ schlechter war als das günstige abgepackte. Bei Rewe etwa lag hochwertiges Fleisch aus der Oberschale für 7,70 Euro das Kilo im Kühlregal. An der Theke kostete Schnitzel 10,99 Euro pro Kilo, ohne dass der Käufer erfahren hätte, von welchem Teil des Schweins es stammte.
Der Metzger weiß hier oft besser Bescheid, insbesondere wenn er selbst schlachtet oder mit regionalen Betrieben zusammenarbeitet. Weil der Preisdruck hier nicht so hoch ist wie bei Supermärkten und Discountern, können die Haltungsbedingungen die Tiere besser sein. Mit Bio-Ware macht man in der Regel wenig verkehrt, im Test waren die beiden Bio-Anbieter auch die einzigen, die verrieten, wie viel Geld beim Mastbetrieb hängen blieb.
Was kann man denn noch kaufen?
Wer im Supermarkt mit gutem Gewissen Fleisch kaufen will, kann auf spezielle Markenfleischprogramme achten. Für sie gelten spezielle Standards, die allerdings selbst auferlegt sind. Entsprechend groß ist das Spektrum: Einige Programme werben vor allem mit Transparenz und strenge Kontrollen, manche betonen einfach nur, dass sie sich an die gesetzlichen Vorschriften halten. Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, Landprimus oder Eichenhof stellen auch das Tierwohl in den Vordergrund.
Ab Ende 2014 könnte es auch beim Discounter eine Alternative zum Billigfleisch geben: Handel und Lebensmittelwirtschaft arbeiten derzeit an der "Initiative Tierwohl". Ziel ist es, das Leben von Schweinen und Geflügel in konventioneller Haltung zu verbessern. Die teilnehmenden Bauern bekommen zwar nicht mehr Geld für ihr Fleisch, aber einen Zuschuss, wenn sie bestimmte Maßnahmen umsetzen. Pflicht sind beispielsweise Tageslicht im Stall und ein Antibiotika-Monitoring, daneben können die Bauern weitere Maßnahmen aus einem Kriterienkatalog auswählen. Richtig transparent sei das nicht, moniert "Öko-Test", aber immerhin ein erster Schritt hin zu echtem Tierwohl.
Quelle: ntv.de, ino