Ratgeber

Neues Unterhaltsrecht Weniger Geld für Mütter

Die Endstation jeder dritten Ehe in Deutschland: Das Familiengericht scheidet Paare voneinander und legt fest, wer wem Unterhalt zahlen muss. Und hier ändert sich durch das neue Gesetz Entscheidendes. Rechtsanwälte versuchen zu ergründen, wie radikal die Änderungen im Detail ausfallen werden. Klar ist die Richtung: Die Kinder werden an die erste Stelle gesetzt. Erst wenn ihre Ansprüche erfüllt sind, kommen die Erwachsenen.

Kinder haben Vorrang

"Das neue Unterhaltsgesetz kann nichts daran ändern, dass Einkommen begrenzt ist", meint Rechtsanwältin Ingeborg Rakete-Dombek. "Die Folge wird sein, dass die Mütter weniger bekommen."

Erstes Beispiel: Ein Ehepaar war mehrere Jahre lang miteinander verheiratet und hat zwei Kinder. Der Mann war bislang der Alleinverdiener, die Frau hatte die Betreuung der Kinder übernommen.

Nach bisherigem Recht müsste der Mann Unterhalt zahlen, wobei seine Ex-Frau und seine Kinder in ihren Ansprüchen gleichgestellt waren.

Das neue Unterhaltsrecht verändert nun die Rangfolge - mit gravierenden Nachteilen für viele Frauen. Jetzt werden erst die Ansprüche der Kinder befriedigt: "Erst nachrangig, wenn dann noch etwas da ist, werden die Frauen bedacht, die diese Kinder betreuen", so Rakete-Dombek, "und zwar voraussichtlich dann, wenn sie die Kinder bis zum dritten Lebensjahr betreuen."

Kinder von verschiedenen Partnern sind gleichgestellt

Zweites Beispiel: Der Mann hat zwei Kinder aus seiner ersten Ehe. Aus seiner neuen Beziehung stammt ein weiteres Kind. Nach neuem Recht sind alle Kinder im Falle einer Scheidung gleichgestellt. Rakete-Dombek: "Tatsächlich geht durch dieses Gesetz ein Signal aus: Frauen, kümmert Euch um Euer Einkommen und kümmert Euch um eine Erwerbstätigkeit!"

Michael Salchow vertritt mit seinem Verband Geschieden- und Getrenntlebende. Er sieht in den neuen Unterhaltsregelungen mehr Gerechtigkeit.

"Da wir die Kinder gleichsetzen, müssen wir auch die Leistung der Elternteile im Betreuungsunterhalt gleichsetzen", sagt er, "unbeschadet der Tatsache, ob die Kinder ehelich oder nicht ehelich geboren sind." Das sei ein ganz wesentlicher Fortschritt.

Bei der Festlegung des Unterhalts vor allem für viele Mütter werden also Kinderbetreuungsmöglichkeiten eine wesentliche Rolle spielen. Sind die Kinder ausreichend versorgt, wird der Anspruch auf Ehegattenunterhalt stark geschwächt. Ohne Kinder, die betreut werden müssen, wird der Anspruch auf Unterhalt nicht mehr lange tragen.

Kein Anspruch auf hohen Lebensstandard

"Früher hatten wir es mit einem lebenslangen Unterhalt zu tun, der die bisherigen ehelichen Lebensverhältnisse bewahrte", erklärt Rakete-Dombek. Zukünftig könne der nacheheliche Unterhalt dagegen befristet und begrenzt werden.

Bitter ist diese Neuregelung zum Beispiel für eine Krankenschwester, die einen erfolgreichen Chefarzt geheiratet hat. Ihren gehobenen Lebensstil wird sie auf Dauer nicht halten können.

"Nach der Neuregelung wird sie vielleicht nur noch so viel haben, wie sie hätte, wenn sie die ganze Zeit Krankenschwester geblieben wäre", sagt Rakete-Dombek. Nach einer bestimmten Übergangsfrist würde ihr zugemutet, sich eine Arbeit zu suchen, vorausgesetzt, sie müsse keine kleinen Kinder betreuen oder sei alt oder krank. "Und dann müsste sie sich wieder mit dem bescheiden, was sie auch vorher hatte."

Die deutschen Familiengerichte werden wohl viel zu tun bekommen. Denn das neue Unterhaltsrecht wird nicht nur für neue Scheidungsfälle gelten. Auch bereits laufende Unterhaltsregelungen können überprüft und geändert werden.

Quelle: ntv.de

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