Wenn die Wohnung verkauft wird Wie bindend ist die Mieter-Schutzklausel?
16.10.2013, 13:30 UhrEin großzügiger Kündigungsschutz im Mietvertrag ist beruhigend. Doch was ist das Papier noch wert, wenn die Wohnung ein paar Mal den Besitzer wechselt? Der Bundesgerichtshof fällt ein Urteil, das zeigt: Wirksamer Schutz ist nur möglich, wenn die Klauseln ganz konkret formuliert sind.
Mieter ziehen ein und wieder aus, der Vermieter bleibt der gleiche. So ist das meistens. Doch in den letzten Jahren ist viel Bewegung in den Immobilienmarkt gekommen und so ist es nicht ungewöhnlich, dass e in Mieter innerhalb von zehn Jahren drei verschiedene Vermieter erlebt. Nur: was wird in solchen Fällen eigentlich aus den ursprünglich vereinbarten Kündigungsschutzklauseln? Mit dieser Frage hat sich heute der Bundesgerichtshof beschäftigt und nach gut einer Stunde eine Entscheidung gefällt, das Mieter nur zum Teil beruhigen dürfte. Es zeigt: Die Vereinbarungen sollten nicht zu schwammig sein (Az.: VIII ZR 57/13).
Im verhandelten Fall ging es um eine Wohnung in Berlin. Die Mieterin war 1998 eingezogen, damals gehörte das Haus einer Wohnungsbaugesellschaft, entsprechend großzügig war der Kündigungsschutz: Die Vermieterin werde das Mietverhältnis "grundsätzlich nicht auflösen" – allerdings nur, solange es keine "berechtigten Interessen" gebe, die das nötig machten. 2006 verkaufte die Wohnungsbaugesellschaft das Haus mit seinen drei einzeln vermieteten Wohnungen. Im notariellen Kaufvertrag wurde eine Klausel aufgenommen, dass den Mietern weder wegen Eigenbedarfs noch aus Verwertungsgründen gekündigt werden dürfe. Drei Jahre später wurde das Haus weiterverkauft – diesmal allerdings ohne die Mieterschutzbestimmung.
Doppelt gekündigt
Die neuen Besitzer legten zunächst die beiden Wohnungen im Erdgeschoss und in der ersten Etage zusammen und zogen selbst ein. Der verbliebenen Mieterin kündigten sie wegen Eigenbedarfs, um die Wohnung der Schwester der Vermieterin zu überlassen. Vorsorglich schickten sie noch eine zweite Kündigung hinterher, bei der sie sich auf den BGB-Paragraphen 573 a beriefen. Der besagt, dass ein Vermieter in einem selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen auch ohne Eigenbedarf kündigen darf.
Die Mieterin widersprach beiden Kündigungen, die für sie eine außergewöhnliche Härte bedeuteten. Sie leidet an Multipler Sklerose. Das zuständige Amtsgericht wies die Räumungsklage daraufhin ab, doch das Landgericht gab den Vermietern Recht. Nun hatte der Bundesgerichtshof das letzte Wort und entschied: Die Mieterin darf bleiben, zumindest vorerst. Die Vorinstanz hätte sich nicht ausreichend mit den schwerwiegenden Krankheitssymptomen der Frau befasst. Außerdem sei im BGB ausdrücklich geregelt, dass "Erwerber vermieteten Wohnraums anstelle des Vermieters in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis" eintreten müssten. Das gilt dem Urteil zufolge auch für die im Mietvertrag vereinbarte Kündigungsbeschränkung. Eine Kündigung laut Paragraph 573 wäre damit also nicht möglich.
Als verhängnisvoll für die Mieterin erwies sich allerdings die etwas schwammige Formulierung in ihrem Mietvertrag, dass eine Kündigung aus "berechtigten Interessen" möglich sei. Eine Eigenbedarfskündigung ist damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Ob die Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen können, muss nun noch einmal vorm Landgericht verhandelt werden.
Quelle: ntv.de