Fußball

Mit Vidal wird's eng Der "Krieger" ist Guardiolas Problem

Stammplatz bei den Bayern? Neuzugang Arturo Vidal geht ganz fest davon aus.

Stammplatz bei den Bayern? Neuzugang Arturo Vidal geht ganz fest davon aus.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Arturo Vidal unterschreibt beim FC Bayern. Der Chilene ist ein Weltklasse-Kicker. Doch noch größer als seine fußballerischen Qualitäten ist sein Ego. Wie selbstverständlich geht er von einem Stammplatz aus. Das schafft Probleme.

"El Guerrero" nennen sie Arturo Vidal in seiner Heimat, der Krieger. Und es braucht nicht viel Fantasie, um zu verstehen, warum sie ihn so nennen. Arturo Vidal sieht mit seinem messerscharfen Kurzhaarschnitt, seinen unzähligen Tätowierungen und seinem stets sehr angespannten Gesichtsausdruck nicht nur aus, wie ein Krieger, auch sein Spiel kennt kaum Kompromisse. Vidal ist völlig frei von Angst. Egal wer ihm auf dem Platz gegenübersteht, der Chilene arbeitet sich mit stets gleicher Leidenschaft und Intensität an ihm ab. Der 28-Jährige ist überragend im Tackling, technisch top ausgebildet, gut im Passspiel, und mittlerweile sogar torgefährlich. In 124 Spielen für Juventus Turin traf er 35 Mal und legte 23 Tore auf.

Mark van Bommel war der letzte "aggressiv Leader" beim FC Bayern München. Arturo Vidal wird nun sein Nachfolger.

Mark van Bommel war der letzte "aggressiv Leader" beim FC Bayern München. Arturo Vidal wird nun sein Nachfolger.

(Foto: imago sportfotodienst)

Mit Vidal bekommen die Bayern einen Spielertyp, wie sie ihn seit 2011 nicht mehr hatten - seit dem Weggang des niederländischen "aggressiv Leaders" Mark van Bommel. Und sie bekommen sogar noch etwas mehr. Denn anders als van Bommel, bei allen Qualitäten die der mittlerweile 38-Jährige beim FCB einbrachte, bereichert der Chilene die Mannschaft von Coach Pep Guardiola auch noch um einiges an fußballerischer Extraklasse. Dies und sein ausgeprägtes Ego erhöht nicht nur die Konkurrenzsituation im Kader, nein, sie schafft Probleme. Probleme, wie sie der FC Bayern seit Jahren nicht mehr hatte. Denn der etwa 35 Millionen Euro teure Neuzugang kommt ganz sicher nicht zum deutschen Rekordmeister, um sich als Alternative anzubieten. Als Weltklassespieler, der auch bei Real Madrid auf dem Radar war, geht Vidal wie selbstverständlich von einem Stammplatz aus. Und diesen Anspruch hat er nicht exklusiv im Kader der Münchener.

Spielmacher Thiago ist der Lieblingsschüler von Coach Guardiola. Er scheint zunächst gesetzt im Bayern-System.

Spielmacher Thiago ist der Lieblingsschüler von Coach Guardiola. Er scheint zunächst gesetzt im Bayern-System.

(Foto: dpa)

Im Mittelfeld des Guardiola-Ensembles wird es nun noch kuscheliger, als ohnehin schon. Daran ändert auch Bastian Schweinsteigers Abgang zu Manchester United nichts. Und so richtig durchschaubar sind die systemischen Pläne des spanischen Trainers noch nicht. Während sich auf den offensiven Außenbahnen mit Franck Ribery, Arjen Robben, Neuzugang Douglas Costa, Juan Bernat und Thomas Müller, eine noch recht übersichtliche Schar an internationalen Hochkarätern um zwei Plätze duelliert, wird's im Zentrum richtig eng. Zwei Spieler allerdings, so scheint es, brauchen den Konkurrenzkampf vorerst nicht zu fürchten: Vidal und Guardiolas absoluter Lieblingsspieler, der technisch überragende Spielmacher Thiago.

Wohin mit vier Weltmeistern?

Bleiben also noch folgende Kandidaten, die ebenfalls Anspruch auf eine zufriedenstellende Zahl Spielminuten erheben: Xabi Alonso, Javi Martinez, Philipp Lahm, David Alaba, Mario Götze, Sebastian Rode, U21-Nationalspieler Joshua Kimmich sowie die sehr talentierten Pierre-Emile Höjbjerg und Gianluca Gaudino. Nun, die vier Letztgenannten werden - wenn überhaupt - nur ganz leise aufmucken, wenn sie häufiger auf der Bank sitzen, als sich auf dem Rasen zu tummeln. Ganz anders sieht das aber bei den vier Weltmeistern Alonso, Martinez (beide 2010 mit Spanien), Lahm und Götze aus (beide mit Deutschland 2014). Sie alle wollen natürlich spielen und sie zwingen den Trainer damit zu höchstmöglicher taktischer Flexibilität.

Eine taktische Stammformation, falls es so etwas in dieser Saison bei den Bayern geben wird, könnte indes so aussehen: Vor Keeper Manuel Neuer agiert eine Viererkette mit Jerome Boateng und Martinez im Zentrum. Die Außenbahnen würden dann Lahm und Alaba besetzen - beides Spieler die Guardiola wegen ihrer Spielintelligenz und ihren technischen Fähigkeiten gerne auch im Mittelfeld sieht. In der möglichen Stammformation würde die Schaltzentrale dann mit dem Strategen Alonso, dem Spielmacher Thiago und dem zweikampfstarken Vidal, der wegen seiner Schnelligkeit auch die Anfälligkeit der Bayern bei Kontern reduzieren könnte, besetzt. Auf den Flügeln würden vorerst, bis Ribery vollständig genesen ist, Robben und Costa für Tempo sorgen und dem gesetzten Stürmer Lewandowski die Bälle liefern.

Das Problem: In dieser Formation würden mit Müller und Götze gleich zwei Weltmeister auf die Bank rotieren. Auch ein wiedergenesener Ribery müsste sich erst einmal im Duell dem in der Vorbereitung bislang so stark aufspielenden Brasilianer Costa durchsetzen. Und damit wäre die Riege der prominenten Alternativkräfte noch nicht geschlossen. Ergänzt wird sie durch Holger Badstuber, den Guardiola sehr schätzt, Dante und die letztjährigen Stammkräfte Rafinha, Medhi Benatia und Juan Bernat.

Um allen Ansprüchen gerecht zu werden, muss Guardiola sein System in diesem Jahr häufiger ändern und anpassen, als er es in seiner bisherigen Trainerlaufbahn getan hat - sonst droht Ärger. Ärger, den der so harmoniebedürftige spanische Coach so gar nicht mag. Der Krieger wird den Kampf eröffnen, Guardiola ist gefordert.

Quelle: ntv.de

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