
Weniger geht nicht für den FC Bayern - aber auch ein 1:0 gegen den 1. FC Köln bringt München drei Punkte.
(Foto: imago/DeFodi)
Der FC Bayern gibt sich der Liga-Langeweile hin und weckt Erinnerungen an den Fußball unter Josep Guardiola. Ein Bosz-befreiter BVB verdoppelt die Punktebilanz seines neuen Trainers und Bayer mausert sich beeindruckend.
Der FC Bayern langweilt sich durch die Liga
Die Fußball-Bundesliga kann manchmal - Pardon - ein grausames Monotonie-Monster sein. Da denkst du als 1. FC Köln, schlimmer als der 3:0-und-dann-doch-3:4-Horror gegen den SC Freiburg am Sonntag geht nicht und dann musst du drei Tage später beim FC Bayern antreten. Dass die Lage verzweifelt ernst ist, wurde schon am Montag deutlich: Nachdem die Verletztenliste auf unfassbare 13 Spieler angewachsen war, hatten die Kölner die Liga kurzerhand um eine Spielerlaubnis für Maskottchen Hannes ersucht.
Warum wir Ihnen das erzählen? Weil so ziemlich alles spannender ist als die immer mehr um sich greifende, zum Gähnen eintönige Liga-Langeweile des FC Bayern. Exemplarisch dargelegt gegen den Effzeh. Beispiele gefällig? 84 Prozent Ballbesitz hatten die Münchener in der ersten Hälfte gegen die Kölner Rumpf-Elf, das ist Saisonrekord und eine Hommage an guardiolaeske Fußballphilosophien. Den 25 Münchner Torschüssen standen sieben der Kölner gegenüber, heraus kam trotzdem nur ein lustloses 1:0. Oder, wie Thomas Müller erklärte: "Wir nehmen das einfach mal mit. Nach dem Führungstor hat man gemerkt, dass die Mannschaft weiß, dass noch zwei Spiele anstehen. Dann haben wir den Ball laufen lassen und das Ergebnis so genommen, wie es war." Wie gesagt, mehr Langeweile geht eigentlich nicht.
Schalke ist die Nummer eins im Pott
Vielleicht lockt den FC Bayern ja die Aussicht auf einen neuen Verfolger aus der Komfortzone Bundesliga? Nein? Einen Versuch war es wert. Zugegeben, mit neun Punkten Rückstand hält sich die vom FC Schalke 04 ausgehende Gefahr in Grenzen. Immerhin verfügt die Elf von Domenico Tedesco aber über einschlägige Erfahrung, vor viereinhalb Wochen stand man schon einmal auf dem zweiten Tabellenplatz. Dass es nun nicht nur einen Platz nach oben, sondern steil in Richtung Europapokal oder gar Champions League geht, verdanken die mittlerweile sich selbst von 0:4-Rückständen nicht beeindrucken lassenden "Unbesiegbaren" (zehn Bundesligaspiele ohne Niederlage) einem rasanten 3:2-Erfolg gegen den FC Augsburg. Eine "knifflige Aufgabe" (Schalke-Manager Heidel), bei der es viel Schlechtes, aber auch Grandioses zu bestaunen gab - wie den Hackentreffer von Franco di Santo in der 44. Minute. So also steht Platz zwei als eine "schöne Momentaufnahme" (Heidel) einer Mannschaft, auf die noch viel Arbeit zukommt (O-Ton Daniel Caligiuri). Denn ob es jetzt Platz zwei, drei oder dreizehn ist - das betont Trainer Tedesco seit Wochen - abgerechnet wird am Ende.
Plötzlich ist da Bayer Leverkusen
Wer dachte, der FC Schalke 04 hätte sich in den vergangenen Wochen still und heimlich in der Tabelle nach oben gearbeitet, der werfe mal einen Blick auf die Werkself aus Leverkusen. Die war katastrophal in die Saison gestartet (Platz 17 am dritten Spieltag), arbeitet seither aber emsig an der Wiedereingliederung in die Bundesliga-Spitze. Schön sieht das - wie beim 1:0-Erfolg gegen den Vorletzten Werder Bremen - zwar oftmals nicht aus, reicht aber meistens. Und weil (siehe Punkt eins) Ergebniseffizienz ja eine meisterliche Eigenschaft ist, steht Bayer inzwischen auf Platz vier, ist seit elf Spielen ungeschlagen und schielt bereits auf die um einen Platz und Punkt besser platzierten Leipziger. Da denk' nochmal einer, Leverkusen sei nur dann spannend, wenn das Völler'sche Videobeweis-Schiedsrichter-Donnerwetter über die Liga hereinbricht.
Peter Stöger konnte nicht verlieren - der BVB schon
Borussia Dortmund hat erstmals seit acht Spielen wieder drei Punkte in der Bundesliga geholt - und das trotz oder gerade weil der Trainer seit Sonntag nicht mehr Peter Bosz heißt. Der neue Peter, also der Herr Stöger, saß im Spiel gegen den FSV Mainz 05 erstmals auf der BVB-Bank - da war er gerade mal drei Tage im Amt und hatte erst eineinhalb Trainingseinheiten geleitet. Für den im Hauruck-Modus verpflichteten Stöger hieß die Ausgangslage so: Verlieren geht nicht. Eine Niederlage, was ja eigentlich verlieren wäre, wäre wohl seinem gescheiterten Vorgänger oder aber den Spielern angelastet worden. Gekommen ist es ohnehin ganz anders: Denn in gerade einmal 90 Minuten hat der Österreicher seine persönliche Punktebilanz verdoppelt. Klingt schön, ist in Wahrheit aber immer noch ziemlich trostlos. Denn aus drei Zählern (drei Remis mit dem 1. FC Köln) wurden sechs. An Spieltag 16, wohlgemerkt.
Erfreulich ist der Einstand für ihn allemal. Und natürlich auch für den BVB, denn so kaschiert der vielbeschriebene Turnaround in der Punktebilanz der Aki-Allianz ("SZ") die Tatsache, dass beim BVB noch immer vieles im Argen liegt. Gegen Mainz wackelte die Abwehr phasenweise wie ein Lämmerschwanz - dass sie anders als in den Spielen zuvor hielt, zählt vermutlich zu den wichtigsten Erkenntnissen der kurzfristig verordneten Stöger'schen Drei-Punkte-Therapie.
Der SC Freiburg jettet durch die Bundesliga
52 Stunden nach dem Abpfiff des bizarren Sonntagsdramas von Köln (4:3 nach 0:3-Rückstand) stand der SC Freiburg am Dienstag wieder auf dem Platz, diesmal daheim gegen Mönchengladbach. Dass Christian "Ich wackele nur leicht mit dem Kopf" Streich und seiner Elf beim hart erkämpften 1:0-Sieg gegen die Borussia nichts von der Extrembelastung anzumerken war, zeugt von einer prächtigen Ihr-könnt-uns-nix-liebe-DFL-Einstellung (denn die DFL ist für den Breisgauer Jetset-Rausch verantwortlich). Ohnehin scheint die, Verzeihung, "größte Scheiße gefressen zu sein" – so Keeper Alexander Schwolow. Denn der SC bewegt sich auf Bayern-Niveau. Zehn Punkte haben die Breisgauer aus den vergangenen vier Spielen geholt – die gleiche Ausbeute wie der Meister aus München.
Verfrühte Klassenerhalts-Euphorie ist allerdings nach wie vor kein Thema: "Wir sehen Licht am Horizont", sagte Trainer Streich, mahnte aber gleichzeitig: "Ball flach halten. Wir haben jetzt 18 Punkte und sind weiter voll im Abstiegskampf."
Uwe Seeler sorgt sich um den HSV
Der Hamburger SV ist da gelandet, wo er sich seit Jahren am heimischsten fühlt (er grüßt weiß-blau vom Relegationsrang) und Klublegende Uwe Seeler ist in großer Sorge ("So schaffen sie das nicht, da muss mehr kommen."). Same procedure as every year? Nein, nein, findet Coach Markus Gisdol: "Wir spielen gefühlt besser als letztes Jahr, aber wir fahren nicht die Punkte ein." Ergo wäre punkte- und tabellenpositionstechnisch das Gegenteil - schlecht spielen, aber Punkte holen - vorteilhafter. Vermutlich hatte Gisdol zu diesem Zeitpunkt schon verdrängt, dass der HSV bei der 1:2-Niederlage gegen die Frankfurter Eintracht eine über weite Strecken desolate erste Halbzeit gezeigt hatte, in der vor allem die nach drei Spielen ohne Gegentor hochgelobte Abwehr ein Schatten ihrer selbst war.
In Durchgang zwei liefen die Dinge dann, da hatte Gisdol durchaus recht, besser - wer allerdings aus einem derart massiven Chancenplus so wenig macht wie die Norddeutschen, steht zu Recht im Tabellenkeller. Nun könnten wir jetzt wohlgemeinte Tipps für den Turnaround geben, so im Stile von a) neues Personal kaufen (Seeler) b) Torchancen nutzen (Sportchef Jens Todt) oder c) einfach aufs same procedure as every year zurückkommen. Denn wenn uns der HSV in den vergangenen Spielzeiten eines gelehrt hat, dann ist das, wie man schlecht spielt und trotzdem nicht absteigt. Da braucht sich Uwe Seeler also keine Sorgen zu machen.
Quelle: ntv.de