
Atlético Madrid möchte Real mal wieder überholen - das soll auch Toni Kroos verhindern.
(Foto: dpa)
Es ist soweit, auch in Spanien wird wieder Fußball gespielt. Droht wieder das ewige Gigantenduell zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona? Ja, natürlich. Aber diesmal hat die zweite Reihe groß aufgerüstet und bläst zum Angriff.
Wenn heute Abend die Kicker des FC Sevilla unter Flutlicht ins Estadio La Rosaleda von Malaga laufen, ist das mehr als ein Fußballspiel. Dann hebt sich der Vorhang der ganz großen Bühne, es ist der Startschuss für die stärkste Liga der Welt, für die besten Spieler und auch für das Gigantenduell Real gegen Barça. Klingt glamourös und das ist es auch. Nur leider ist das Duell an der Spitze der Primera Division in den vergangenen Jahren doch ein wenig langweilig geworden. Die Königlichen und die Katalanen machen die Meisterschaft unter sich aus - in den vergangenen zehn Spielzeiten gelang es lediglich ein einziges Mal einem anderen Team, Atlético Madrid, die Meisterschaft zu gewinnen. In den anderen Jahren kämpften die üblichen Verdächtigen Valencia, Sevilla und eben Atlético um Platz drei.
Doch etwas in diesem Jahr ist anders in Spanien: Das Zwei-plus-Drei-System an der Tabellenspitze könnte in diesem Jahr endlich einmal aufgebrochen werden. Aus dem Zweikampf um die Meisterschaft könnte ein Fünfkampf werden. Atlético Madrid und der FC Valencia haben mächtig aufgerüstet, der Euroleague-Gewinner FC Sevilla hofft auf den großen Coup und die beiden Großen haben sich auffallend am Transfermarkt zurückgehalten.
So hat der kleinere Hauptstadtklub in dieser Saison mehr Geld für neue Spieler ausgegeben als Real, insgesamt 125 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der deutsche Krösus Bayern München investierte in diesem Jahr 79 Millionen Euro. Top-Transfer des spanischen Meisters von 2014 ist der kolumbianische Stürmer Jackson Martínez, der vom FC Porto kommt und 35 Millionen Euro kostete. Luciano Vietto wechselt von Villareal (20 Millionen), Yannick Ferreira Carrasco stößt für fünf Millionen weniger vom AS Monaco zur Mannschaft. Diese Durchschlagskraft soll auch wieder Erfolge in der Champions League bringen. Immerhin stand man ja 2014 im Finale, wo die Rot-Weißen dann aber dem Stadtrivalen Real unterlagen.
Valencia ist jetzt reich
Goldgräberstimmung herrscht auch beim FC Valencia. Dank Milliardär und neuem Klubbesitzer Peter Lim sehen sich Fans und Funktionäre endlich dort, wo sie nach eigener Ansicht sowieso hingehören: Auf Augenhöhe mit Real und Barça. In der vergangenen Saison hat das nur so mittel geklappt - Valencia wurde Vierter. Das soll sich ändern. Der Investor aus Singapur hat die Mannschaft bisher mit Spielern für 107 Millionen Euro aufgehübscht.
Neben Alvaro Negredo, der bereits von Manchester City ausgeliehen war und nun für 28 Millionen Euro gekauft wurde, ist Rodrigo von Benfica Lissabon der Hoffnungsträger. Der gebürtige Brasilianer mit spanischem Pass kostete 30 Millionen Euro und soll vor allem eines: Tore schießen. Auch Andre Gomes und Joao Cancelo kommen vom portugiesischen Hauptstadtklub nach Valencia - für je 15 Millionen Euro. Gerade hat die Mannschaft von Weltmeister Shkodran Mustafi den AS Monaco in der Qualifikation zur Champions League besiegt - läuft auch das Rückspiel erfolgreich, gibt es kommende Saison neben Real, Barça, Atlético und Sevilla den fünften spanischen Teilnehmer im Meisterwettbewerb. "Wir setzen uns kein Limit", sagt Mustafi.
Aber reicht das, um die gnadenlose Dominanz der beiden übergroßen Vereine zu brechen? Vielleicht ja: Interessanterweise scheinen die beiden Giganten dieses Jahr keine Lust auf Sensationstransfers zu haben. Real-Boss Florentino Pérez steckte gerade einmal 89 Millionen Euro in die Mannschaft, also rund 10 Millionen Euro weniger als er vor einem Jahr allein für Gareth Bale ausgegeben hat. Barcelona verpflichtete Aleix Vidal von Sevilla und Arda Turan von Atlético Madrid für zusammen 51 Millionen Euro, darf diese aber wegen eines Transferverbotes für das laufende Jahr erst ab Januar einsetzen. Klar ist aber auch: Die beiden Teams haben auch nicht gerade die ganz großen Baustellen im Kader. Mit einem Ronaldo, Bale, Benzema auf der einen, Messi, Neymar, Suárez auf der anderen Seite hat man sowieso schon die besten Spieler der Liga auf dem Platz.
Toni Kroos will Meister werden
Druck hat der neue Real-Trainer Rafa Benítez aber auch so genug - die Anforderungen an ihn sind die gleichen wie bei seinen Vorgängern: idealerweise alle Titel holen, die es gibt und bitte nicht gegen Barcelona verlieren. Luis Enrique lebt da mit dem Triple-Sieg der vergangenen Saison etwas entspannter. Allerdings hat sein Ensemble den Saisonstart bereits vergeigt - gegen Athletic Bilbao verlor es das spanische Supercupfinale. Das europäische Supercupfinale gegen Sevilla gewann Barça auch erst im Elfmeterschießen.
Fans in Deutschland fragen sich natürlich dabei: Wie machen sich unsere Jungs? Reals Toni Kroos überstrahlt dabei alle anderen. "Ich möchte in Spanien Meister werden", sagt er. In Barcelona kämpft derweil Marc-André ter Steegen um die Nummer 1 im Tor - die Frage ist immer noch nicht entschieden. Spannend wird auch die Frage wie Heiko Westermann sich neben Rafael van der Vaart bei Betis Sevilla schlägt und ob Patrick Ebert bei Rayo Vallecano nochmal groß aufspielt - er kam von Spartak Moskau.
Aber so schön die Starpower und die Titelflut für die spanischen Fans auch ist - in einem Punkt sind sie doch bemitleidenswert. Denn sie müssen mit völlig zerstückelten Spieltagen leben - das Bezahlfernsehen will es so. So gibt es für die zehn Spiele am ersten Spieltag an diesem Wochenende satte neun Termine. Sie erstrecken sich von Freitag bis Montagabend. Das ist der Preis der Transferausgaben von bislang 494 Millionen Euro (Bundesliga: 315 Millionen Euro). Wenn sie auch keinen Messi und keinen Ronaldo sehen können, müssen die Bundesliga-Fans wenigstens nicht gänzlich auf das geliebte samstägliche Fünfzehnuhrdreißig-Gefühl verzichten.
Quelle: ntv.de