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Nach Tennisball-Protesten Stuttgart-Boss fordert neue Abstimmung über DFL-Investor

Game, Set & Match, Fußball-Fans?

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(Foto: picture alliance / HMB Media)

Der bevorstehende Investoren-Deal im deutschen Profifußball erhitzt weiter die Gemüter. Die Fans protestieren seit Wochen in den Stadien und einige Vereine, unter ihnen die Überflieger des VfB Stuttgart, fordern eine neue Abstimmung. "Ja, das ist notwendig", sagt der VfB-Präsident. Er ist damit nicht allein.

Im deutschen Profifußball wächst der Rückhalt für eine Wiederholung der Investoren-Abstimmung der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Claus Vogt, Präsident des Bundesligisten VfB Stuttgart, zeigte sich offen für diese Idee.

"Unser Verständnis von Demokratie - auch im Fußball - sollte sein: Die Mehrheit entscheidet", schrieb Vogt im Netzwerk X: "Kann aber nicht sichergestellt werden, dass ein demokratisch zustande gekommenes Abstimmungsergebnis korrekt ist, sollte man im Sinne der Demokratie und im Sinne unseres Fußballs miteinander diskutieren, ob eine erneute, transparente Abstimmung aller 36 Vereine in der DFL notwendig ist. Ich meine: ja, es ist notwendig!"

Nach Angaben der Sportschau soll mindestens ein weiterer Erstligist eine Wiederholung befürworten und diesen Vorschlag in einem offenen Brief an die anderen Klubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga gerichtet haben. Laut "Sport Bild" hat Union-Präsident Dirk Zingler in einem Schreiben an das DFL-Präsidium angekündigt, die 36 Klubs über das Verhandlungsergebnis abstimmen zu lassen. Allerdings entscheidet allein das DFL-Präsidium über den künftigen Investor. Die Entscheidung fällt zwischen CVC und Blackstone.

Auch Osnabrück fordert mehr Transparenz

Der Investoren-Einstieg war von der Mitgliederversammlung im Dezember in einer geheimen Wahl mit der exakten Zweidrittel-Mehrheit von 24 Stimmen durchgewunken worden. Mutmaßlich soll Hannover-Boss Martin Kind dabei entgegen der Anweisung seines Vereins ebenfalls zugestimmt haben. Ohne diese Stimme wäre das Ergebnis gekippt. Kind war vom Verein angewiesen worden, gegen den Einstieg von Investoren zu stimmen. Nach der Abstimmung weigerte sich der Mehrheitsgesellschafter der Niedersachsen zu verraten, ob er mit Ja oder Nein gestimmt hatte. Kind verwies auf die geheime Abstimmung.

Der Zweitligist VfL Osnabrück fordert daher den deutschen Fußball auf, Lehren aus der Abstimmung im Dezember zu ziehen und in Zukunft auf transparente Wahlen zu setzen. "Einen entsprechenden Antrag bereiten wir als VfL Osnabrück aktuell vor. Nur so können wir auch formal garantieren, dass die Klubvertreter bei DFL-Abstimmungen den Vereins- und Mitgliederwillen umsetzen und gemäß der Idee von 50+1 agieren", sagte Osnabrücks Geschäftsführer Michael Welling in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Kritik rufe ja vor allem das "Zustandekommen in einem als intransparent wahrgenommenen Prozess, vor allem in der geheim erfolgten Abstimmung" hervor, sagte Welling. "Die ist, so muss man auch im Nachgang selbstkritisch konstatieren, in Verbindung mit dem knappen Abstimmungsergebnis nicht hilfreich für die Akzeptanz gewesen", sagte Welling.

"Diese wegweisende Entscheidung hätte innerhalb der DFL niemals per geheimer Abstimmung erfolgen dürfen, weil diese Intransparenz die Entscheidung an sich delegitimiert und weitere weitreichende Folgen hat", sagte der Boss des Zweitligisten.

Massive Proteste in den vergangenen Wochen

Der umstrittene Investoren-Plan sieht vor, sechs bis neun Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in welche die kompletten Medienrechte ausgelagert werden, für 20 Jahre zu verkaufen. Dafür soll es zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro geben. Das Fanbündnis Unsere Kurve hatte bereits im Dezember eine Wiederholung der Abstimmung gefordert.

Zuletzt hatte es in zahlreichen Stadien Proteste der Fanszene gegeben. Die Zweitliga-Partie zwischen Hertha BSC und dem Hamburger SV stand am vergangenen Samstag wegen anhaltender Proteste sogar kurz vor dem Abbruch, viele andere Begegnungen waren zeitweise ebenfalls unterbrochen worden.

In Berlin wurden Tennisbälle auf das Feld geworfen, in anderen Arenen Geldmünzen-Imitate, in Elversberg Zitronen. Zudem werden immer wieder Spruchbänder ausgerollt. Zum einen beschäftigt die Fans die Kommerzialisierung, zum anderen befürchten sie die Einflussnahme eines Investors. Zudem ruft auch der Ablauf der Abstimmung im Dezember des vergangenen Jahres Unmut hervor.

Martin Kind und Axel Hellmann warnen

Nicht alle Vereinsvertreter können mit den Positionen der Fans etwas anfangen. Aus einer Reihe von Wortmeldungen dieser Woche stechen besonders zwei hervor: die des umstrittenen Hannover-Mehrheitsgesellschafters Kind und die von Axel Hellmann, dem Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt.

Der Frankfurt-Boss sprach am Montag auf der Mitgliederversammlung seines Klubs und warnte davor, dass der deutsche Fußball sonst gegenüber seinen europäischen Rivalen den Anschluss verlieren könnte. "Man kann gegen diesen Prozess und inhaltlich dagegen sein. Man kann diesen Protest auch äußern", sagte Hellmann. Aber man müsse es auch zu Ende denken und sagen: "Dann bin ich bereit, im deutschen Fußball Schritt für Schritt zu akzeptieren, dass, was wir leisten können, zurückgeht und wir den Anschluss im europäischen Wettbewerb verlieren."

Kind, der sich weiter über sein Abstimmungsverhalten ausschweigt, sprach den Protesten zwei Tage später die Relevanz ab. "Ich glaube, man kann Probleme nicht lösen, wenn man Tennisbälle wirft. Das übersteigt meine Vorstellungskraft bei weitem", sagte der 79 Jahre alte Unternehmer der "Hamburger Morgenpost". "Wenn man etwas möchte, dann muss man kritisieren, aber auch alternative Lösungsvorschläge unterbreiten." Nur zu kritisieren, sei eine typisch deutsche Eigenschaft, sagte Kind weiter. Aber Lösungsvorschläge zu unterbreiten, "das fehlt vollständig und erschwert den Dialog".

Dieser Dialog scheint nun jedoch auch aufgrund der Tennisball-Proteste der Fans wieder aufgenommen zu werden.

Quelle: ntv.de, sue/dpa/sid

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