So läuft das Südkorea-Finale Löw zieht siegeslustig in die Hitzeschlacht
27.06.2018, 11:03 Uhr
Es geht ums WM-Achtelfinale, es geht um alles, und das DFB-Team muss sich immer noch finden. Was sagt da ein Weltmeistertrainer vorm Endspiel gegen Südkorea? Geht's raus und spielt Fußball? Eher nicht. Noch immer winkt der WM-#zsmmnbrch. Und die Todeshälfte.
Worum geht's?
Um die schönste Weltmeisterschaft aller Zeiten. Was soll ein Turnier mit gleich sechs gewonnenen deutschen Endspielen denn bitte sonst sein? Ganz ernsthaft: Das Wunderbare am "Fiasko Mexicana" zum Start in Russland ist ganz nüchtern betrachtet, dass dieses Turnier der Fußball-Nation jetzt das Potenzial auf größtmögliche Verklärung bietet, auf die Auferstehung aus WM-Ruinen. Wie 1982 in Spanien, nur diesmal in schön. Dazu wäre ein Sieg im finalen Gruppenspiel gegen Südkorea ab 16 Uhr (ZDF und im Liveticker bei n-tv.de) ganz hilfreich. Einerseits, weil es sonst doch noch das finale WM-Spiel und damit die kürzeste DFB-WM aller Zeiten werden könnte, #zsmmnbrch halt.
Andererseits, weil Bundestrainer Joachim Löw sein Team, das in den grünen Auswärtstrikots auflaufen wird, gegen Südkorea mit Löw-Klon (und Fan) Tae Young Shin an der Seitenlinie heute in der Kasan-Arena, mit einer klaren Aufgabe ins Spiel gegen die südkoreanischen Konterfreunde schickt: ein klares Ergebnis, der Klarheit wegen. "Wir sollten gewinnen, wenn möglich mit zwei Toren Unterschied." Das klingt nach Bitte, ist aber eigentlich eine unerbittliche Anweisung, Sie kennen das von ihrem Boss. Aber: Dann hätte die DFB-Elf das Achtelfinale sicher, egal was sich im Parallelspiel zwischen Mexiko und Schweden in Jekaterinburg zuträgt. Denn rechnen mag der Bundestrainer gar nicht: "Ich bin jetzt nicht derjenige, der unterschiedliche Szenarien vorm Spiel durchspielt." Für ihn zählt nur: ein Sieg.
Wie ist die Ausgangslage?
Wir schreiben nur: Todeshälfte. Sagt Ihnen nix? Dann klicken Sie mal hier, dort können Sie sie der Löw-Elf grinsend zuwinken sehen. Kollege Tobias Nordmann war so freundlich, den Fußball-Hitchcock zu geben. Aber, bitte Atmen nicht vergessen: Es kann nämlich auch noch ganz anders kommen für das DFB-Team in der K.-o.-Runde, scho au högdschd erfreulich. Die Rosamunde-Pilcher-WM-Variante ist in Russland auch noch drin, sie geht ungefähr so: Erst gibt es doch noch den Gruppensieg für den Weltmeister, und dann zur Belohnung nach dem ganzen Drama statt Todeshälfte den WM-Dusel 2002 reloaded. Seinerzeit bekam Rudi Völlers vom Rumpelfußball-Verdacht nicht völlig freie DFB-Elf in der K.-o.-Runde nacheinander die Fußballgrößen Paraguay, USA und Südkorea serviert, die jeweils mit krampfigen 1:0-Zittersiegen abserviert wurden, ungefähr so galant wie beim Dinner for One. In Russland könnte die DFB-Elf in der ersten K.-o.-Runde auf die Schweiz als Zweiten der Brasilien-Gruppe treffen. Im Viertelfinale wäre dann theoretisch ein Duell mit Japan möglich, im Halbfinale - wie 2002 - ein Rendezvous mit dem WM-Gastgeber. Der heißt diesmal bekanntlich Russland und müsste im Achtelfinale gegen Spanien natürlich ein wenig Schiedsrichterhilfe bekommen - halt genau wie 2002. Noch Fragen?
Wie ist das deutsche Team drauf?
Trotz der Schweden-Euphorie, die unter anderem Timo Werner sprachlos und mit Tränen in den Augen auf dem Rasen in Sotschi zurückgelassen hatte, "nicht völlig überdreht oder überhitzt". Das hat der Bundestrainer in Kasan gesagt und er wirkte sehr zufrieden damit, dass seine Mannschaft vor der möglichen Hitzeschlacht auf ein angenehmes Level runtergekühlt ist. "Euphorie darf nicht allzu lange da sein. Und ob wir das mitnehmen können, wird sich zeigen." Niemand solle den Last-Minute-Sieg gegen Schweden überbewerten. Der sei schließlich nur ein kleiner Schritt in Richtung Achtelfinale gewesen. "Wichtig ist es, die Konzentration wieder hochzufahren - vor jedem Spiel." Mit welchem Personal er seine Mannschaft ins Rennen schickt, das sagte Löw nicht. Aber das macht er ja auch sehr selten. Nur so viel: "Wir haben 18 Spieler zur Verfügung." Innenverteidiger Mats Hummels ist nach seinen Problemen mit dem Halswirbel "wieder voll einsatzfähig", dafür fehlt Jérôme Boateng, weil er gegen die Schweden die Gelb-Rote Karte sah. Sebastian Rudy ist, nachdem er sich mehrfach die Nase gebrochen hat, erst einmal außer Gefecht. Für ihn muss Löw einen anderen an die Seite von Toni Kroos auf die Doppelsechs im defensiven Mittelfeld beordern. Um den Job bewerben sich Sami Khedira, İlkay Gündoğan und Leon Goretzka. Noch ungewisser ist die Besetzung der Offensivabteilung, als gesetzt gelten nur Marco Reus und Timo Werner. Den Rest erfahren wir kurz vor dem Anpfiff.
Die gute Nachricht aber ist: Der DFB scheint gemeinsam mit dem Weltverband das Hooligan-Problem in den eigenen Reihen in den Griff zu bekommen. Die Fifa verurteilte Georg Behlau und Ulrich Voigt aus der Medienabteilung der Deutschen wegen "unsportlichen Verhaltens" dazu, jeweils 5000 Schweizer Franken zu zahlen. Das sind 4340 Euro. Sie hatten sich beim Sieg gegen Schweden ebenso albern wie unfair benommen und aufreizend triumphierend vor der Bank des Gegners gejubelt. Noch wichtiger aber nach diesem Eklat ist: Der DFB lässt die beiden Radau-Brüder nicht mehr auf die Bank.
Und wie ist Südkorea drauf?
Deren WM-Formkurve zeigt klar nach oben, findet der Kollege Ki-Hwal Lim vom Fußball-Magazin "Best Eleven", dem südkoreanischen "Kicker". Seine Note fürs Mexiko-Spiel: 60/100. Seine Note fürs Schweden-Spiel: 80/100. Klingt eindeutig, als wäre der WM-Trend Südkoreas Friend. An eine 100/100 gegen Deutschland, an die Sensation und den noch möglichen Einzug ins Achtelfinale, glaubt Lim aber trotzdem nicht: "Es ist unglücklich für uns, aber ich denke Deutschland wird gewinnen." Vor allem die Abwehr macht ihm Sorgen, im Angriff sei Ex-Bundesliga-Profi Heung-min Son weitgehend auf sich allein gestellt. Und: Auch Südkoreas Trainer Tae Young Shin bezifferte die Chancen auf einen Sieg gegen den Weltmeister nur auf ein bescheidenes Prozent. Klingt pessimistisch? Sollte es gar nicht, denn Shin fügte an: "Wir hoffen, dass wir diese Chance nutzen und der WM ein Highlight geben können." Selbstredend sei Deutschland natürlich "viel stärker als wir", meinte der glühenden Löw-Fan Shin, "aber der Ball ist rund. Es gibt kein Gesetz, das besagt, dass wir es nicht schaffen können." Womit geklärt wäre: Ein Fan von Sepp Herberger ist Herr Shin also auch.
Was gibt es sonst noch?
Apropos Fan: Wenn Südkoreas Trainer Shin auf seinen Kollegen Löw angesprochen wird, dann gerät er regelrecht ins Schwärmen. So geschehen am Dienstagnachmittag auf der Pressekonferenz in der Kasan-Arena. Löw sei nämlich "der beste Trainer der Welt". Aber nicht nur das: "Er zieht sich sehr modisch an und ist ein wunderbarer Mensch." Dazu muss man wissen, dass Shin sehr oft mit Löw verglichen wird, was ihm offenbar schmeichelt. Mächtig schmeichelt. Allerdings vergleichen sie Shin in Südkorea auch mit einem anderen europäischen Trainer, der modisch ebenfalls meist auf der Höhe ist. José Mourinho heißt der Mann. Den Erzählungen zufolge verfügt Shin über ein ähnlich großes Selbstbewusstsein wie der Portugiese. Die "Süddeutsche Zeitung" hat ein Zitat ausgegraben, das tatsächlich auch von Mourinho stammen könnte, aber Shin zugeschrieben wird: "Ich war schon als Spieler schrecklich arrogant, aber jetzt muss ich sagen, dass ich einfach großartig bin."
Quelle: ntv.de