Millionen-Werbekampagne Das Digitalradio darf nicht sterben!
10.05.2001, 14:43 UhrMit einer 2,4 Millionen Mark teuren Werbekampagne soll gezeigt werden, dass das Digitalradio keine "Zukunftsmusik" ist. Ein Bündnis von Sendeanlagenbetreibern, Hörfunkanbietern und Geräteherstellern verbreitete in München zum Start ihrer auf drei Jahre angelegten Marketing-Offensive Aufbruchstimmung, nachdem die seit Jahren erprobte Hörfunktechnologie "DAB" (Digital Audio Broadcasting) wiederholt negativ in die Schlagzeilen geraten war.
Die vorgestellte Marketingkampagne soll in der ersten Stufe Politiker, Journalisten und Handel von der neuen Technologie überzeugen. In Zeitschriftenanzeigen soll dabei sogar Druck auf Bundesländer ausgeübt werden, die sich noch nicht der DAB-Ausstrahlung angeschlossen haben. Vor allem soll jedoch beim Verbraucher das Kaufinteresse für die neuen Geräte geweckt werden - in der zweiten Stufe. Dabei blicken die Werber vor allem auf die Internationale Funkausstellung 2003 in Berlin. Am Erfolg auf der Messe wird abzusehen sein, ob Digitalradio in Deutschland Zukunftsmusik bleibt.
Bis zum Jahr 2005 kein UKW mehr?
Die Werber stürzen sich auch auf Pläne der Bundesregierung, wonach das Digitalradio komplett den bisherigen, technisch und qualitativ weit unterlegenen analogen Empfang ersetzen soll. Die Anfang April vom Bundesrat abgesegnete Regierungsverordnung sieht vor, dass spätestens im Jahr 2015 alle heutigen UKW-Radiosender abgeschaltet werden sollen.
Dies würde bedeuten, dass die deutschen Verbraucher alle alten Radiogeräte auf den Müll werfen könnten, da diese kein Digitalfunk empfangen können. Danach müssten die Deutschen - zur Freude der Unterhaltungsindustrie - Millionen neuer Geräte kaufen.
Dass es zu diesem Szenario kommt, bezweifeln selbst Anhänger der aus den achtziger Jahren stammenden DAB-Technik. Der Entwicklungsleiter von Grundig, Ulrich Schmidt, kündigte auf der Münchner Veranstaltung an, sein Unternehmen werde auf Geräte setzen, die gleichermaßen analog und digital empfangen können, damit sowohl die hohe Qualität des neuen Mediums als auch das breite Angebot an analogen Programmen genützt werden könne.
DAB bereits von UMTS-Technik überholt?
Andere fürchten, dass der DAB-Hörfunkstand nicht nur durch die neue UMTS-Mobilfunktechnik bereits technisch überholt sein könnte. So forderte erst vor vier Wochen die Bundestagsfraktion der Grünen, keine weiteren Forschungsgelder in das teure DAB-Projekt zu stecken. Allein die öffentlich-rechtlichen Sender investierten nach eigenen Angaben von 1997 bis 2001 rund 167 Millionen Mark in den Aufbau eines Sendernetzes, das derzeit 76 Prozent der Bevölkerung abdeckt und bis zum Jahr 2004 flächendeckend sein soll.
Die Grünen-Abgeordnete Grietje Bettin betonte bei der Vorstellung einer Studie ihrer Partei zum Thema Digitalrundfunk, dass bislang lediglich 10.000 DAB-Empfänger in Deutschland in Betrieb seien. Ausgegangen wäre man von 470.000 Endgeräten, sagte Bettin.
Der Sprecher der Marketing-Initiative Volker Steiner, der gleichzeitig bei der Telekom für die Rundfunk-Sendeanlagen zuständig ist, wehrte sich gleich zum Beginn der Werbekampagne gegen pessimistische Kritik: DAB biete einen störungsfreien Empfang, wesentlich mehr Programme und Zusatzdienste bis zum Abruf von Internetseiten über das Autoradio.
Quelle: ntv.de