Im Auftrag einer Regierung Hacker schnüffeln IWF aus
12.06.2011, 07:40 Uhr
Das Hauptquartier des International Monetary Fund (Internationaler Währungsfonds) steht in Washington.
(Foto: Reuters)
Monatelang haben Hacker den Internationalen Währungsfonds ausspioniert, offenbar im Auftrag einer bestimmten Regierung. Erst nach Medienberichten sieht sich der IWF gezwungen, öffentlich zu reagieren. Über das Ausmaß des Schadens wird Stillschweigen gewahrt. Die Weltbank kappt vorsichtshalber ihre Netzwerk-Verbindungen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist Ziel eines Hacker-Angriffs geworden. Der Fonds habe Ermittlungen eingeleitet, wie es zu der Cyber-Attacke kommen konnte, erklärte ein IWF-Sprecher. Die Arbeit der Organisation sei durch den Hacker-Angriff aber nicht beeinträchtigt. Über das Ausmaß des Schadens machte der Sprecher keine Angaben. Ein Sprecher der Weltbank sagte, man habe alle Netzwerk-Verbindungen zur Schwester-Organisation gekappt. Es handle sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Die Sitze beider Institutionen liegen gegenüber voneinander an derselben Straße in Washington.
FBI ermittelt
Das FBI leitete eine Untersuchung ein. Die Bundespolizei arbeite eng mit dem IWF zusammen, erklärte eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums. Das FBI selbst lehnte eine Stellungnahme ab. Nach Angaben des Internet-Sicherheitsexperten Tom Kellermann, der auch für den IWF und die Weltbank gearbeitet hat, zielte der Hackerangriff darauf, heimlich eine Software zu installieren, um einem bestimmten Staat Zugang zu Insider-Informationen des IWF über andere Länder zu verschaffen.
Aktion lief über Monate
Die "New York Times" berichtete, der IWF sei das Ziel einer "ausgeklügelten" Cyberattacke gewesen, die vor der Festnahme des inzwischen wegen Vergewaltigungsvorwürfen zurückgetretenen IWF-Chefs Dominique Strauss-Kahn begonnen habe. "Das war ein sehr bedeutender Eingriff", sagte ein Mitarbeiter der "New York Times". Dem Beitrag zufolge zog sich die Attacke auf das Computer-System des IWF über mehrere Monate hin. Es habe sich um großangelegte und äußerst komplexe Cyber-Angriffe gehandelt. Nach einem Bericht von "Bloomberg News" hätten die Hacker im Auftrag einer bestimmten Regierung gehandelt, wobei E-Mails und weitere Dokumente verloren gegangen seien. Um welche Regierung es sich handle, sei noch unklar.
Der IWF ist eine Art globale Finanzfeuerwehr und unterstützt hochverschuldete Staaten mit Krediten, wobei das Empfängerland im Gegenzug meist unpopuläre Reformen umsetzen muss. Die Mitarbeiter des IWF erhalten dabei in der Regel Zugang zu sensiblen Wirtschaftsdaten des jeweiligen Landes, mit deren Kenntnis Bewegungen auf den Finanzmärkten beeinflusst werden können. In der Organisation sind 187 Mitgliedsstaaten vertreten.
Laut "New York Times" wurden die IWF-Mitarbeiter am vergangenen Mittwoch von dem Angriff informiert, eine öffentliche Stellungnahme gab der Währungsfonds jedoch nicht aus. Die von der Zeitung zitierten Mitarbeiter wollten keine Angaben zum Ursprung der Cyberattacke machen. Laut "New York Times" könnte es sich um ein sogenanntes Spear Phishing gehandelt haben, bei dem ein Nutzer dazu verleitet wird, einen schädigenden Weblink oder ein Programm anzuklicken, mit dessen Hilfe sich Kriminelle Zugang zu Daten des fremden Rechners verschaffen können.
Beim IWF steht nach dem Rücktritt Strauss-Kahns die Wahl eines neuen Direktors an. Um den einflussreichen Posten bewerben sich die französische Finanzministerin Christine Lagarde, der mexikanische Zentralbankchef Agustín Carstens und nun auch der israelische Zentralbankchef Stanley Fischer.
Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa