Netzneutralität in Gefahr Kabelanbieter wollen Geld
12.08.2010, 12:31 UhrDie Debatte über die sogenannte Netzneutralität wird hitziger. Während die deutschen Kabelbetreiber eine Kostenbeteiligung von Youtube & Co. will, fordert eine Initiative die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität in Deutschland. In den USA geraten unterdessen Google und Facebook aneinander.

Wenn Youtube sich an den Netzkosten beteiligen muss, wird die Rechnung vermutlich der Nutzer zahlen.
Unternehmen, die massiv vom Internet profitieren, sollten sich auch an den Netzkosten beteiligen, sagt der Geschäftsführer des Verbands Deutscher Kabelnetzbetreiber, Peter Charissé. "Das sind vor allem die Videoanbieter wie Youtube." Der Verband forciert damit die Debatte über die Netzneutralität - dieses Prinzip sieht einen gleichberechtigten Transport aller Daten im Internet vor. Diese Diskussion komme zum richtigen Zeitpunkt, sagte Charissé. "Wir sind in der gleichen Situation wie die Telekom und viele andere Anbieter, dass wir immer mehr investieren in die Netze."
700 Millionen Euro pro Jahr
Die klassischen Netze fürs Kabelfernsehen seien von der Einbahnstraße weggekommen und ermöglichten nun die Kommunikation in zwei Richtungen. Für diese Erweiterung und für den Ausbau der Kapazitäten seien "beständig mehr als 20 Prozent unserer Umsätze investiert" worden, sagte der Verbandsgeschäftsführer. Im Schnitt seien das jährlich etwa 700 Millionen Euro. Vor allem Glasfaserverbindungen seien massiv installiert worden - "und das wird natürlich weitergehen".
"Es ist absehbar, dass sich der Datenverkehr weiter rasant entwickelt", sagte Charissé. Eine Kostenbeteiligung der Inhalte-Anbieter sei im Kabelnetz nichts Neues: "Auch beim Transport von Fernsehprogrammen in Kabelnetzen gibt es eine Kostenbeteiligung." Der Verband mit Sitz in Köln hat dabei nach Darstellung seines Geschäftsführers "keine Startups im Auge, sondern nur die großen Konzerne, die Milliardenumsätze erzielen". Die Deutsche Telekom hat kürzlich ähnlich argumentiert.
Die Gesellschaft wacht auf
Im Internet hat unterdessen eine Gruppe von Politikern, Bloggern und anderen die "Initiative Pro Netzneutralität" gegründet. Sie fordern eine gesetzliche Verankerung der Gleichbehandlung im Daten-Verkehr. "Netzneutralität ist elementar für unsere Demokratie", heißt es in dem Aufruf. "Ein freies Internet ohne staatliche oder wirtschaftliche Eingriffe ist Garant für freien Meinungsaustausch weltweit und damit die direkte Ableitung des Rechts auf Meinungsfreiheit."
Google will mobiles Netz ausklammern
Nach Medienberichten über Gespräche zwischen Google und dem Netzbetreiber Verizon in den USA war kürzlich der Eindruck entstanden, dass große Internet-Unternehmen über eine bevorzugte Behandlung von Datendiensten verhandeln könnten - das wäre das Ende der Netzneutralität. Dies wurde von beiden Unternehmen dementiert, doch dies betrifft nur das klassische Internet. Mobile Datennetze möchten sie aus der Netzneutralität ausklammern.
Facebook stellt sich gegen Google
Ein anderer großer Internet-Spieler stellt sich aber Google und Verizon entgegen: Facebook lehnt eine Ausnahme für das mobile Internet entschieden ab. "Facebook wird weiterhin die Prinzipien der Netzneutralität für kabelloses und kabelgebundenes Internet unterstützen", teilte der Sprecher des sozialen Netzwerkes, Andrew Noyes, dem Online-Magazin CNET mit. Ein offenes Internet garantiere einen gesunden Wettbewerb, bei dem die Nutzer entscheiden, welche Inhalte und Dienste sie wünschen.
Der Netzexperte Jürgen Kuri sagte in einem Interview von MDR Info, er hoffe zwar auf eine Erhaltung der Netzneutralität, fürchte aber, dass dieses Prinzip keinen Bestand haben werde. Das große Geld werde im Internet nicht mit dem Datentransport gemacht, sondern mit den Diensten, sagte der stellvertretende Chefredakteur des Computermagazins "c't". "Und davon wollen die Telekoms einfach ein bisschen ein Stück abhaben."
Quelle: ntv.de, kwe/dpa