Technik

Erst knipsen, dann scharf stellen Lytro bringt Lichtfeld für alle

Es klingt wie Science-Fiction oder ein billiger Trick: eine Kamera, deren Bilder man erst im Nachhinein scharf stellt. Doch die junge US-Firma Lytro verspricht tatsächlich eine der größten Innovationen in der Geschichte der Fotografie.

Sieht nicht wie eine übliche Knipse aus - und ist auch keine: Lichtfeld-Fotoapparat von Lytro.

Sieht nicht wie eine übliche Knipse aus - und ist auch keine: Lichtfeld-Fotoapparat von Lytro.

Die US-amerikanische Firma Lytro hat für Anfang 2012 den Marktstart einer Digitalkamera angekündigt, deren Bilder man nachträglich auf verschiedene Objekte fokussieren kann. Das heißt, man könnte später entscheiden, ob der Vorder- oder Hintergrund klar sichtbar ist - und hätte auch keine unscharfen Bilder mehr.

Lytro will diesen Effekt mit einem technologischen Durchbruch erreichen. Die Idee hinter der sogenannten Lichtfeld-Fotografie ist, dass mit Hilfe eines speziellen Objektivs mit sehr vielen Mikro-Linsen möglichst viele Lichtstrahlen eingefangen werden.

Das Innenleben der Kamera ähnelt dem eines herkömmlichen Objektivs.

Das Innenleben der Kamera ähnelt dem eines herkömmlichen Objektivs.

Es ist, als würde man viele einzelne Kameras in ein Gerät pressen. Eine extra dafür entworfene Software erlaubt es dann, aus der Masse an Bildinformationen verschiedene Fotos mit unterschiedlichen Schärfeebenen zu komponieren. Zumindest in einer Demo-Galerie auf der Lytro-Website funktioniert das reibungslos. (Am Ende des Artikels finden Sie ein Beispielbild.)

"Megarays" für den Massenmarkt

Bei der Auflösung spricht Lytro statt klassischer Megapixel von elf Millionen eingefangenen Lichtstrahlen, oder "11 Megarays". Die Lichtfeld-Fotografie ist schon lange bekannt. Niemand brachte sie aber bisher in den Verbrauchermarkt, obwohl dem Vernehmen nach zum Teil auch etablierte Kamera-Hersteller in diese Richtung forschten. Foto-Experten wiesen bisher darauf hin, dass die neue Funktionalität auf Kosten der Auflösung gehen kann.

Promovierte in Stanford über Lichtfeld-Fotografie und gründete anschließend Lytro: Ren Ng.

Promovierte in Stanford über Lichtfeld-Fotografie und gründete anschließend Lytro: Ren Ng.

(Foto: Eric Cheng | http://echeng.com)

Die Lytro-Kameras sehen anders aus, als man Fotoapparate kennt, eher wie langgezogene kantige Taschenlampen mit dem Objektiv auf einer und einem kleinen Touchscreen-Bildschirm auf der anderen Seite. Lytro betont als Vorteil die Geschwindigkeit: Da sich die Kamera nicht erst scharfstellen müsse, sei sie sofort einsatzbereit. Auch die Zahl der Knöpfe wurde radikal reduziert: Die Lytro-Kameras brauchen nur einen Auslöser und einen Regler für den Zoom.

Lytro-Gründer Ren Ng hatte über Jahre an der Technologie gearbeitet und dabei auch eine Doktoarbeit an der Stanford-Universität geschrieben. "Einst war Lichtfeld-Fotografie nur im Labor möglich, mit 100 Kameras und einem Supercomputer", sagte er zur Ankündigung der ersten Kameras. Jetzt werde sie für jeden zugänglich. "Unser Ziel ist es, die Art, wie Menschen Bilder aufnehmen und erleben, für immer zu verändern." Mit dieser Devise konnte sich Lytro eine Finanzierung von 50 Millionen Dollar von renommierten Investoren wie Andreessen Horowitz sichern.

Zunächst werden drei Farb- und zwei Ausstattungsvarianten angeboten - zu Preisen von 399 und 499 US-Dollar.

Zunächst werden drei Farb- und zwei Ausstattungsvarianten angeboten - zu Preisen von 399 und 499 US-Dollar.

Das kalifornische Start-Up hatte die Technologie im Sommer vorgestellt und zeigte nun die ersten Kameras. Das günstigste Modell, das 350 Bilder auf 8 Gigabyte Speicherplatz aufnehmen kann, soll in den USA 399 Dollar kosten. Die größere Version fasst 750 Bilder auf 16 Gigabyte für 499 Dollar.

Software erstmal für den Mac

Die Bildbearbeitungs-Software werde es zunächst nur für Apples Mac-Computer geben und erst im Jahresverlauf auch für Windows-Rechner. Wenn jemand das Foto einer Lytro-Kamera zum Beispiel auf seine Website hochlädt, enthält es gleich die Bildbearbeitungsfunktion, mit der man es verändern kann. Zudem verspricht Lytro für 2012 ein Programm, mit dem man auf 3D-tauglichen Bildschirmen auch dreidimensionale Bilder mit veränderbaren Schärfe-Einstellungen anzeigen kann.

Quelle: ntv.de, Andrej Sokolow, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen