Übersetzen am Computer Neue Software beflügelt
22.05.2002, 14:36 UhrDer Traum von der weltweiten Verständigung ist so alt wie der Turmbau von Babel. Die Überwindung der Sprachgrenzen mit Hilfe der Computerlinguistik kommt dennoch nur langsam voran. Hoffnung macht da eine neue Software des Münchener Unternehmens linguatec Sprachtechnologien: der "Power Translator 2002".
Programm erkennt inhaltlichen Kontext
Einfache Übersetzungsdienste im Internet wie der "Babelfish" von Altavista haben die Technik der Übersetzung am Computer oft genug zur Lachnummer gemacht. Die Wort-für-Wort-Übersetzung ist meist wenig hilfreich, da sich der Sinn einer Aussage erst im Zusammenhang erschließt. Diesen inhaltlichen Kontext berücksichtigt der Power Translator mit neuen Algorithmen (Befehlsabfolgen), die das syntaktische und semantische Umfeld von Begriffen berücksichtigen. Wenn also bei "Babelfish" ein Regisseur einen neuen Film dreht, wird als Übersetzung vorgeschlagen: "The director turns a new film." Klar, "drehen" übersetzt das Wörterbuch mit "to turn". Der Power Translator hingegen erweist sich als treffsicherer: "The director shoots a new film."
Begriffskopplung macht's möglich
Solche "Homographen" - das sind Begriffe mit identischer Schreibweise und unterschiedlicher Bedeutung - haben der maschinellen Übersetzung bisher scheinbar unüberwindbare Probleme bereitet. Um sie zu lösen, müssen die Begriffe des Wörterbuchs mit weiteren Begriffen gekoppelt werden, die in ähnlichen Zusammenhängen auftauchen und dann darüber entscheiden, welche Übersetzungsvariante die Software wählt.
Solange solche Wortkombinationen nicht fest verdrahtet sind, kommt auch der Power Translator ins Schwitzen: Wenn sich etwa der Solist an den Flügel setzt, greift die Software zunächst zum "wing", weil sie in diesem Satz nicht den Unterschied zum Flügel des Vogels erfasst. Dabei kennt das integrierte Wörterbuch sehr wohl den Begriff des `grand piano", der dem Sachgebiet Musik zugeordnet ist. Wenn es von vorn herein um eine Übersetzung aus diesem Themenbereich geht, kann dies in den Optionen des Programms gezielt ausgewählt werden - dann findet der Power Translator auf Anhieb das richtige Piano.
Die Software lernt vom Anwender
Dieses Beispiel zeigt, dass es bei der maschinellen Übersetzung auch um einen Lernprozess zwischen Anwender und Software geht. Je intensiver das Programm genutzt wird, desto besser die Ergebnisse. Unterstützt wird dies vom Satzarchiv des Programms, in dem Satzpaare - jeweils Quell- und Zieltext einer Übersetzung - gespeichert und bei ähnlichen Aufgaben dann herangezogen werden.
Damit sich da keine Fehler einschleichen, sollten natürlich nur korrekte Übersetzungen in das Satzarchiv eingehen. Die Basis der Software ist ein Wörterbuch mit 620.000 Wörtern, das im Vergleich zur Vorgängerversion vor allem um Begriffe aus Wirtschaft und Technik erweitert wurde. Außerdem steht ein Idiomatikwörterbuch mit 35.000 Redewendungen zur Verfügung.
Neue Software bald auch von Langenscheidt
Der Konkurrent Langenscheidt will seine Übersetzungssoftware T1 zur Frankfurter Buchmesse im Oktober erneuern. Nachdem der bisherige Software-Partner Sail Labs unter dem Dach der belgischen Firma Lernout & Hauspie in Konkurs gegangen ist, musste sich Langenscheidt für die Version 5.0 seines Programms einen neuen technischen Partner suchen. Um wen es sich dabei handelt, ist noch nicht bekannt. Fest steht aber bereits, dass nach Englisch (159 Euro in der Standard- und 299 Euro in der Professionalausgabe), Französisch und Russisch jetzt auch Spanisch hinzu kommt.
Der Power Translator 2002 kostet für Englisch und Französisch in der leistungsfähigsten Version "Office Plus" jeweils 249 Euro. Die "Home"- und "Office"-Versionen zu Preisen von 49 und 99 Euro haben einen reduzierten Wörterbuch- und Funktionsumfang. Als Arbeitsumgebung wünscht sich der elektronische Übersetzungsknecht einen PC mit Windows (von 95 bis XP), Pentium-Prozessor und mindestens 32 MB Arbeitsspeicher.
Quelle: ntv.de