Apps machen's möglich Präsident der Stammkneipe
27.04.2010, 13:50 UhrStandort-bezogene Dienste sind schwer im Kommen. Startups wie Foursquare und Gowalla gelten in Amerika als das nächste große Ding nach Facebook und Twitter - weil sie auf das mobile Netz setzen. Auch in Deutschland werkeln junge Unternehmer an entsprechenden Angeboten. Kritiker wittern "Stasi 3.0".
Bevor er das Lokal betritt, zückt der junge Mann sein Handy. Er öffnet eine App, wartet einen Moment und drückt dann den Button "Check-in". Jetzt wissen alle seine virtuellen Freunde, wo er sich gerade aufhält - dank GPS bis auf ein paar Meter genau. Und: Der Technik-Jünger bekommt von der Plattform Punkte gutgeschrieben.
So oder so ähnlich funktioniert das sowohl bei den beiden US-Platzhirschen Foursquare und Gowalla - aber auch beim deutschen Friendticker, einem Startup, das eben die geschlossene Beta-Phase verlassen hat.
Freidrinks für Check-ins
"Der Unterschied ist allerdings", erklärt Gründer und Geschäftsführer Florian Resatsch, "dass man bei uns für die Check-ins nicht nur Punkte und virtuelle Orden bekommen kann, sondern reale Dinge. Das können Freidrinks sein, T-Shirts, Freiflüge oder Hotel-Upgrades".

Florian Resatsch, Gründer und Geschäftsführer von Friendticker
Er sieht in seiner Plattform nicht nur einen Freizeitspaß für technikaffine Großstädter, sondern ein Mittel der Kundenbindung für die Wirtschaft. Einige zahlende Kunden hat er nach eigenen Angaben schon im Boot, wenn er mit seinen Risikokapitalgebern über die nächste Finanzierungsrunde verhandelt.
Android-App vor dem Roll-out
Derzeit gibt es eine friendticker-App nur für das iPhone. Ein entsprechendes Programm für Smartphones mit Googles Android-Betrebssystem soll aber in Kürze veröffentlicht werden. Dann wird sich zeigen, ob der Dienst den Sprung in den Massenmarkt schafft.
Resatsch widerspricht nicht, wenn Friendticker als "Klon" der US-Plattform Foursquare bezeichnet wird - könnte doch dessen beachtlicher Erfolg womöglich auch auf sein Projekt abfärben. Nicht ohne Stolz weist er aber darauf hin, dass er bereits vor zwei Jahren - also lange vor Foursquare - ein System entwickelt hat, mit dem man per Handy und der Funk-Chip-Technologie NFC in der Lieblingskneipe "einchecken" konnte. Er war aber offenbar einfach etwas zu früh dran: "Wir haben das auf der CeBit vorgestellt. Das Interesse war aber bei Usern und Wirtschaft quasi Null."
Wollen Sie wirklich hier gesehen werden?
Das könnte nun - auch dank der deutlich stärkeren Verbreitung von Smartphones mit GPS-Modul - durchaus anders sein - auch wenn sich der Reiz des Mitmachens nicht sofort erschließt. Hat man es aber durch mehrmalige Check-ins erst einmal zum "Bürgermeister" (Foursquare) oder "Präsidenten" (Friendticker) eines Ortes gebracht (oder hat eine Belohnung für die Mühen erhalten), wird man vielleicht auch beim nächsten Besuch einer Kneipe, eines Ladens oder anderen Stätte wieder zum Mobiltelefon greifen.

Objekte der Begierde: Für Check-ins und Entdeckungen gibt es bei Foursquare.com "Badges" genannte Abzeichen. Bei Friedticker sollen es reale "Goodies" sein.
Wer mag, kann im gleichen Arbeitsgang auch seine Twitter-Follower oder Facebook-Freunde über seinen Aufenthaltsort informieren - also praktisch die halbe Welt. Und spätestens da erwacht, zumindest in Deutschland, zuverlässig die Angst vor "Big Brother" oder "Stasi 3.0". Dagegen hilft allenfalls, sich genau zu überlegen, ob man wirklich im Etablissement der Wahl gesehen werden möchte.
Florian Resatsch versichert, dass man sich gerade in punkto Datenschutz viele Gedanken gemacht habe und die Nutzer volle Kontrolle über ihre Informationen hätten. "Man kann seine Daten jederzeit ganz einfach wieder löschen." Aber man muss sie auch gar nicht erst eingeben. Nach wie vor besitzt ja jedes Handy - sogar die ganz einfachen - einen Knopf zum Ein- und Ausschalten.
Quelle: ntv.de