Technik

Mit Drohne und AR-Brille So soll die Polizei der Zukunft arbeiten

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Vernetzte Polizisten sollen in Zukunft mit Drohne und AR-Brille ausgerüstet den Verkehr kontrollieren und Verbrecher jagen. Die Beamten könnten so viel effizienter und sicherer arbeiten - wenn erlaubt wäre, was möglich ist.

Deutsche Polizeibeamte wären angesichts knapper Budgets wahrscheinlich schon glücklich, wenn ihre aktuelle Technik einwandfrei funktionierte und sie die Ausrüstung erhielten, die ihnen eigentlich zur Verfügung stehen sollte. So klagte laut "RBB" die Berliner Polizei im vergangenen November immer noch über riesige Löcher im digitalen Funk, der ursprünglich bereits zur Fußball-WM 2006 funktionieren sollte. Im gleichen Monat berichtete die "WAZ", Elitekommandos müssten in NRW vor gefährlichen Einsätzen um sichere Schutzwesten losen. Trotzdem arbeitet Funk-Ausstatter Motorola Solutions bereits an der Polizei der Zukunft. In und vor seiner Berliner Fabrik zeigte das Unternehmen n-tv.de, wie vernetzte Beamte und Leitstellen in einigen Jahren mit modernster Technik arbeiten könnten.

Übertragung startet bei Alarm

Der Beamte trägt an der linken Brust ein Motorola-Funkgerät mit Kamera. Zieht man die Pistole, startet sie die Aufzeichnung und in der Leitstelle wird die Position des Polizisten angezeigt.

Der Beamte trägt an der linken Brust ein Motorola-Funkgerät mit Kamera. Zieht man die Pistole, startet sie die Aufzeichnung und in der Leitstelle wird die Position des Polizisten angezeigt.

(Foto: kwe)

Wenn es nach der US-Firma geht, tragen Polizisten künftig nicht nur Bodycams, die Einsätze für die nachträgliche Auswertung aufzeichnen. Die Kamera, die beispielsweise im Funkgerät an der Brust sitzt, soll über ein Smartphone oder ein anderes LTE-Gerät Bilder direkt in die Leitstelle übertragen. Der Beamte kann sie bei Bedarf aktivieren oder sie beginnt die Übertragung selbstständig, wenn Sensoren am Halfter erkennen, dass der Polizist die Waffe zieht.

Gleichzeitig wird in der Leitstelle auf einem Bildschirm die Position des Beamten angezeigt. Dort kann man so umgehend reagieren, beispielsweise Verstärkung anfordern oder dem Beamten über sein Funkgerät Handlungsanweisungen geben. Biometrische Sensoren können die Identität des Beamten feststellen und so unter anderem verhindern, dass Angreifer die Technik missbrauchen. Ebenso können Sensoren Puls und andere Körperwerte messen, um zum Beispiel das Stressniveau zu bestimmen.

AR-Brille vor Augen, Drohne im Kofferraum

In einer moderneren Variante trägt der Beamte eine Augmented-Reality-Brille, die Kamera und Display integriert hat. So kann die Leitstelle mit dem Polizisten lautlos kommunizieren und ihm Steckbriefe und andere Informationen anzeigen. Die Kamera der AR-Brille soll dem Beamten bei Verkehrskontrollen auch automatisch den Fahrzeughalter anzeigen und ermitteln, ob dieser oder das Auto gesucht werden. Bald soll es auch möglich sein, über die Gesichtserkennung Emotionen zu analysieren, um Einsatzkräfte beispielsweise vor bevorstehenden Attacken zu warnen. Cloud-Computing und maschinelles Lernen könnten der Polizei in Zukunft auch dabei helfen, Situationen vorausschauend zu bewerten - beispielsweise wo in einer Menschenmenge ein Gewaltausbruch droht.

In der Leitstelle können Beamte am Geschehen vor Ort via VR-Brille teilnehmen und Einsätze koordinieren.

In der Leitstelle können Beamte am Geschehen vor Ort via VR-Brille teilnehmen und Einsätze koordinieren.

(Foto: kwe)

Um den Überblick zu bewahren und gegebenenfalls ein eigenes LTE-Netz aufzuspannen, haben die Polizisten neben weiteren Kameras und schwerer Ausrüstung auch immer Drohnen im oder am Einsatzwagen. Sie sind mit einem Kabel mit dem Fahrzeug verbunden, über das sie mit Energie versorgt werden und Daten weitergeben. Die Drohnen können bei Verkehrskontrollen sogar durch Windschutzscheiben Insassen erkennen, während die Beamten im sicheren Auto bleiben.

Leitstelle koordiniert und analysiert

Motorola hat auch bereits die Leitstelle der Zukunft in petto. Statt auf verschiedene Monitore zu blicken, soll das Personal dort in Zukunft VR-Brillen tragen. Um verschiedene Informationen oder Kamerabilder abzurufen, genügt es im virtuellen Menü auf den entsprechenden Bereich zu blicken. Die Leitstelle koordiniert Einsätze, versorgt Beamte vor Ort mit Informationen und wertet Daten aus. Mit einer entsprechenden Computerausstattung und/oder Anbindung an Cloud-Computing-Systeme haben sie hier auch zahlreiche Analyseverfahren zur Verfügung. Sie können beispielsweise die Auswertung von sozialen Netzwerken mit Informationen von Vorort-Teams kombinieren, in Kamera-Aufzeichnungen Verdächtige nach Zeugenaussagen herausfiltern oder verschiedene Quellen zusammenführen, um mögliche Probleme vorherzusehen.

Viele rechtliche Hürden

In Deutschland schwer vorstellbar: Eine Drohne stellt bei einer Verkehrskontrolle die Insassen eines Fahrzeugs fest.

In Deutschland schwer vorstellbar: Eine Drohne stellt bei einer Verkehrskontrolle die Insassen eines Fahrzeugs fest.

(Foto: Motorola Solutions)

In rund zwei Jahren könnte Motorola Solutions erste Komplettsysteme für Leitstellen und Einsatzkräfte zur Verfügung stellen, schätzt der aus den USA angereiste Technik-Chef Paul Steinberg. In Deutschland muss man in solchen Angelegenheiten aber in viel längeren Zeiträumen denken. Der politische Wille dafür muss da sein, ausreichend Geld zur Verfügung gestellt und viele gesetzliche und andere Vorschriften eingehalten werden. Alleine schon der Datenschutz schränkt - aus guten Gründen - die Möglichkeiten ein.

Dabei geht es nicht nur um die Rechte von Überwachten oder Kontrollierten. Eine dauerhafte Echtzeit-Übertragung von Bodycams könne beispielsweise auch Persönlichkeitsrechte der Einsatzkräfte verletzen, sagte Michael Zielasko von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) n-tv.de. Grundsätzlich stelle man sich aber dem Wandel und stehe der Einführung neuer Technologien offen gegenüber. Es müsse aber gewährleistet sein, dass das Vertrauen der Bürger in die Polizei nicht gestört werde, alle Gesetze eingehalten werden und die Technik von den Kollegen akzeptiert wird, so Zielasko.

Drohnen bereits im Einsatz

Drohnen kommen bereits häufig zum Einsatz. Wie die "Berliner Morgenpost" berichtet, setzt beispielsweise die Polizei der Hauptstadt einen Multicopter ein, um Unfallszenen aus der Luft zu fotografieren. Allerdings werden dabei keine Personen überwacht und der Bereich, über den die Drohne fliegt, ist für die Dauer der Aufnahmen gesperrt. Der rechtliche Rahmen für Drohnen-Einsätze der Polizei ist noch lange nicht abgesteckt, außerdem kocht hier jedes Bundesland sein eigenes Süppchen.

Für die Einführung von AR-Brillen dürften die Hürden noch viel höher liegen und was die Analysemethoden betrifft, werden Datenschützer sicher ebenfalls sehr genau hinsehen. Das alles benötigt viel Zeit und die ist bei digitaler Technik ein kritischer Faktor. "Wenn man jetzt ausschreibt und in vier Jahren geliefert wird, ist natürlich alles längst veraltet", sagte GdP-Vize-Chef Jörg Radek "Heise Online".

Quelle: ntv.de

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