"Modellfeuerwerk" aus Ingolstadt Audi kündigt hartes Geschäftsjahr an
15.03.2018, 15:33 Uhr
Große Bilanzpressekonferenz in Ingolstadt: Audi-Chef Rupert Stadler (l. u. r.) spricht.
(Foto: dpa)
Das erste Elektroauto, viele Modellwechsel und enorme Investitionen: Die VW-Tochter Audi muss im laufenden Jahr viel Geld in die Hand nehmen. Bis sich die Anstrengungen auszahlen, wird es dauern. Trumps Strafzölle könnten Audi besonders hart treffen.
Der Ingolstädter Autobauer Audi erwartet 2018 "erneut ein herausforderndes Geschäftsjahr" mit stagnierenden Verkaufszahlen und nur leicht steigendendem Umsatz. Audi-Chef Rupert Stadler kündigt für dieses Jahr 20 neue und überarbeitete Modelle an - darunter den ersten vollelektrischen Audi, den SUV "e-tron", der ab Jahresende in Brüssel vom Band laufen soll.
Doch dieses "Modellfeuerwerk", wie Stadler es nannte, werde sich erst ab 2019 auszahlen, warnte er. Damit bleibe 2018 ein Jahr des Übergangs, wie der Chef der VW-Tochter betonte.
Schon im vergangenen Jahr konnte Audi Absatz, Umsatz und Betriebsgewinn nur leicht steigern - die Konkurrenten Mercedes-Benz und BMW waren deutlich erfolgreicher. Sie konnten ihren Abstand zu Audi vergrößern. Belastet wurde Audi durch einen Streit mit Händlern in China, der die Verkäufe vorübergehend einbrechen ließ - und durch weitere Rückstellung von 387 Millionen Euro für Rückkauf und Nachrüstung manipulierter Dieselautos in den USA.
Dazu kommen mehrere Wechsel in der Vorstandsetage: Bei Audi wurden im vergangenen Jahr insgesamt vier Vorstände ausgetauscht. Daneben wirken im Hintergrund weitere Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal und den drohenden Fahrverboten für Diesel-Fahrzeuge in deutschen Innenstädten. "Die Dieselkrise ist für uns noch längst nicht abgeschlossen", gestand Stadler ein. Sie binde enorme Kapazitäten. Software-Updates für mindestens 156.000 deutsche Diesel-Kunden stehen aus, sollen aber ohne weitere Rückstellungen abgewickelt werden.
Mit der Einführung neuer Modelle teilt Audi die Produktion in den Werken neu auf: Nach Erneuerung der Oberklasse-Modelle stehen im Herbst die Modellwechsel bei A1 und Q3 an und zum Jahresende die Einführung des SUV-Flaggschiffs Q8 und des Audi "e-tron". Dafür wird der Bau des A1 von Brüssel ins spanische Seat-Werk Martorell verlagert, des Q3 von Martorell ins ungarische Györ und ein Teil der A3-Produktion von Györ ins Stammwerk Ingolstadt. Dort entsteht außerdem ein Campus für autonomes Fahren.
Finanzieller "Kraftakt für Audi"
Finanzvorstand Alexander Seitz sagte, 2018 sei ein "Ausnahmejahr und Kraftakt für Audi". Die Forschungs- und Entwicklungskosten sowie Sachinvestitionen stiegen dieses Jahr über die üblichen Zielwerte. Trotzdem werde 2018 mindestens 8 Prozent vom Umsatz als Gewinn verbleiben, wie auch in Zukunft, "ohne Abstriche", betonte Seitz.
Bis 2022 plant Audi Ausgaben in Höhe von mehr als 40 Milliarden Euro für Entwicklung und Investitionen ein, 2025 soll jeder dritte verkaufte Audi elektrifiziert sein. Durch gemeinsame E-Plattformen mit Porsche und mit Volkswagen, das Streichen von Motor- und Getriebevarianten und mehr Modellvarianten will Audi dabei zugleich deutlich effizienter werden.
Trump-Drohung belastet Ingolstadt
Im wichtigsten Auslandsmarkt China will Audi als Marktführer in der Oberklasse mit seinem chinesischen Partner FAW statt heute sechs lokal gebauten Modellen bis 2022 mindestens 13 Modelle produzieren. Über zusätzliche konkrete Projekte mit dem neuen, zweiten chinesischen Partner Saic verhandelt Audi gerade. Damit wolle Audi seine Führungsrolle behaupten, erklärte Stadler.
Nicht äußern wollte der Audi-Chef sich zu möglichen Zollerhöhungen in den USA. Anders als BMW und Mercedes hat Audi kein Werk in den Vereinigten Staaten und muss alle dort verkauften Autos importieren. Strafzölle auf den Import deutscher Autos träfen Audi daher besonders hart. US-Präsident Donald Trump hat wiederholt spezielle Abgaben auf die Einfuhr deutscher Autos angedroht. Die Rede war von möglichen Strafzöllen in Höhe von 25 Prozent.
Im vergangenen Jahr hatte Audi seine Verkäufe um 0,6 Prozent auf 1,9 Millionen Autos gesteigert und den Umsatz um 1,4 Prozent ausgebaut auf gut 60 Milliarden Euro. Der Gewinn kletterte dank deutlich geringerer Diesel-Lasten um 68 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. "Wir werden im nächsten Jahrzehnt ein agileres Unternehmen sein", sagte Stadler - "mindestens auf Augenhöhe" mit der Konkurrenz.
3,1 Millionen für den Chef
Fragen zu seiner Zukunft als Audi-Chef beantwortete Stadler routiniert und gut gelaunt. Zu seinen persönlichen Zukunftsplänen befragt, sagte der 54-Jährige auf der Jahrespressekonferenz in Ingolstadt lachend: "Normalerweise bespreche ich die zuerst mit meiner Frau." Stadlers Vertrag als Mitglied des Volkswagen-Konzernvorstandes läuft noch bis Ende 2019, sein Vertrag als Audi-Chef bis 2022.
Laut Geschäftsbericht bezog er im vergangenen Jahr 810.000 Euro Grundvergütung, mit Leistungszulagen kam er auf 3,1 Millionen Euro. Eine Erfolgsbeteiligung erhalten auch die rund 60.000 Audi-Mitarbeiter in Ingolstadt und Neckarsulm, "für ihren großen Einsatz im herausfordernden Geschäftsjahr 2017". Ein Facharbeiter erhält 4770 Euro. Außerdem garantierte Audi den Mitarbeitern in Deutschland Beschäftigungssicherung bis ins Jahr 2025.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa