Wirtschaft

Anleger ziehen Reißleine GfK-Chef stolpert über Erfolglosigkeit

Matthias Hartmann kündigt gemeinsam mit Chefkontrolleur Arno Mahlert seinen Rücktritt an.

Matthias Hartmann kündigt gemeinsam mit Chefkontrolleur Arno Mahlert seinen Rücktritt an.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die von Matthias Hartmann angestoßenen Transformationsprozesse hat das Unternehmen stets mitgetragen. Doch die Erfolge bleiben bis zuletzt aus. Das Unternehmen rutscht tief in die roten Zahlen. Für den Marktforscher ist es Zeit zum Handeln.

Er bemühte sich bis zuletzt um Optimismus. Noch in einer Erklärung versprach GfK-Chef Matthias Hartmann deutlich bessere Zahlen für die zweite Jahreshälfte. Solange wollten sich viele Anleger aber wohl nicht mehr gedulden und zogen trotz solcher Durchhalteparolen noch am Vorabend die Reißleine - und damit einen endgültigen Schlussstrich unter das GfK-Kapitel "Hartmann".

Ganz offensichtlich auf Druck des Aufsichtsrats kündigte Hartmann zusammen mit Chefkontrolleur Arno Mahlert seinen Rücktritt an. Beide sorgten damit beim fünftgrößten Marktforschungsunternehmen der Welt für eine handfeste Führungskrise. Es könnte Monate dauern, bis das schlingernde Unternehmen einen neuen Steuermann bekommt. Dass es nicht schon früher zu der Zäsur kam, offenbaren einmal mehr die schwierigen Entscheidungsstrukturen bei den GfK-Anteilseignern. Anders als die globalen Konkurrenten der Nürnberger Markforscher hat bei der GfK ein Konglomerat aus 550 Firmen, Verbänden, Kammern und Privatpersonen das Sagen.

Digitalisierung ist längst überfällig

Das fünftgrößte Marktforschungsunternehmen der Welt steckt in einer Führungskrise.

Das fünftgrößte Marktforschungsunternehmen der Welt steckt in einer Führungskrise.

(Foto: picture alliance / dpa)

Im GfK-Verein zusammengeschlossen stellen sie mit 56,46 Prozent die Mehrheit der Eigentümer. Zudem schlugen am Ende bei manchem Aufsichtsratsrat dem Vernehmen nach in der Frage der personellen Neuausrichtung zwei Herzen in der Brust. "Das von Herrn Hartmann vorangetriebene Umstrukturierungskonzept ist vom Aufsichtsrat immer voll und ganz mitgetragen worden", hieß es sowohl beim Unternehmen selbst als auch in Anlegerkreisen.

Nur: Die Erfolge des schwierigen Transformationsprozesses blieben bis zuletzt aus. Und nachdem sich - auch wegen Problemen mit einem brasilianischen Millionenauftrag zur TV-Quotenmessung - die Probleme im Sektor "Consumer Experience" häuften, zog der Aufsichtsrat schließlich die Notbremse. Das ließ die GfK bei sinkendem Umsatz immer stärker in die roten Zahlen rutschen, bis schließlich Ende Juni ein Konzernverlust von 148,3 Millionen Euro aufgelaufen war. Dem früherem IBM-Mann, so sind manche überzeugt, wurde die eigene Erfolglosigkeit zum Verhängnis.

Hartmann hätte sich wohl mehr Geduld der Anleger für seine schwierige Aufgabe gewünscht. Ihm oblag es, wie es ein GfK-Sprecher formuliert, die weltweite Expansion der GfK durch Zukäufe kleinerer Marktforschungsunternehmen "zu konsolidieren" - sprich: die Abläufe der Auslandtöchter auf einen einheitlichen GfK-Standard zu heben. Nur so lasse sich die GfK schlagkräftiger machen, war Hartmann überzeugt. Der diplomierte Betriebswirt hält ferner eine stärkere Digitalisierung für längst überfällig.

Verbraucherbefragungen zu Dumpingpreisen

Statt in der Befragung von Verbrauchern in der Fußgängerzone oder am Telefon sieht Hartmann die Zukunft der Verbraucherforschung in Online-Befragungen. Mehr noch: Mit der GfK kooperierende Verbraucher sollen künftig mittels einer Spezialsoftware umfassenden Einblick darüber geben, wo, wie und wann sie im Internet surfen, was sie dort suchen und am Ende dort kaufen.

Das gesamte Paket war nach Hartmanns Überzeugung angesichts der wachsenden Konkurrenz auf dem Meinungsforschungsmarkt dringend notwendig. Denn dort tummeln sich inzwischen immer mehr kleinere, pfiffige Start-ups und Internet-Unternehmen, die in den Augen der GfK zu Dumpingpreisen Verbraucherbefragungen anbieten. Inzwischen können Firmen sich auf kostenlosen Webseiten ihre Fragebögen sogar selbst zusammenstellen und an ausgewählte Verbraucher versenden oder auf die eigene Internetseite stellen.

Quelle: ntv.de, Klaus Tscharnke, dpa

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