Varoufakis und die "Fortschritte" "Griechenland käme ohne neuen Kredit aus"
04.05.2015, 04:40 Uhr
Verhandlungen mit den Geldgebern gehen weiter. Aber Griechenland könnte auch ohne neue finanzielle Hilfen überleben, wie Finanzminister Varoufakis sagt.
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Es fallen Worte wie "konstruktiv", "ermutigend", "Übereinstimmung" - eine Einigung zwischen den Geldgebern und Griechenland über Finanzhilfen gibt es aber noch nicht. Finanzminister Varoufakis ist das egal. Er ist der Meinung, es ginge auch ohne.
Bei den Gesprächen Griechenlands mit seinen internationalen Geldgebern über Finanzhilfen hat es Regierungskreisen zufolge Fortschritte gegeben - aber auch ein erneutes Störfeuer aus Athen. Alle Seiten strebten eine Einigung im Mai an, hieß es. Die Beratungen mit den Vertretern von EU, IWF und EZB sollten im Lauf des Tages fortgesetzt werden und "möglicherweise bis Mittwoch" andauern. "Das ist ein gutes Zeichen", hieß es. Die Verhandlungen seien "konstruktiv", sogar "ermutigend". "Bei einigen Fragen sehen wir eine Übereinstimmung, bei anderen müssen noch Fortschritte gemacht werden", sagte die EU-Quelle. "Die Diskussionen mit dem veränderten griechischen Team haben das Verfahren eindeutig verbessert, es gibt einen klaren Gesprächskalender, mehr Experten und mehr Details."
Griechenland ringt seit Monaten mit der Eurozone und dem IWF um die Auflagen für dringend benötigte neue Hilfen. Es geht dabei um weitere 7,2 Milliarden Euro. Insgesamt wird das Land seit 2010 mit 240 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt. Die Geldgeber verlangen von der griechischen Regierung "belastbare Vorschläge für Reformen und Einsparungen". Die Regierung lehnt Rentenkürzungen und Arbeitsmarktreformen bisher ab.
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte am Montag dem Vize-Außenminister Efklidis Tsakalotos die Leitung der Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern übertragen. Unter der Führung von Finanzminister Yanis Varoufakis waren Fortschritte ausgeblieben.
Auch bei Einigung erst Geld im Juni
Die "Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung" berichtete unter Berufung auf Verhandlungskreise von Annäherungen in Brüssel. So solle der Markt für Erdgas geöffnet und ein unabhängiger Rechnungshof geschaffen werden. Der Zeitung zufolge wurde auch über eine Mehrwertsteuerreform gesprochen. Demnach sollen die verschiedenen Steuersätze vereinheitlicht und Ausnahmen begrenzt werden. Die Koalitionsregierung aus Tsipras' Syriza-Partei und den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (Anel) hatte sich lange gegen Maßnahmen bei der Mehrwertsteuer gewehrt, weil sie zu Lasten sozial benachteiligter Griechen ginge.
Selbst bei einem erfolgreichen Abschluss der Gespräche ist eine Auszahlung von Hilfsgeldern noch im Mai unwahrscheinlich, wie die "Welt am Sonntag" und das "Handelsblatt" berichteten. Auch nach einer Einigung werde es noch Wochen dauern, bis die nächste Hilfstranche freigegeben werden könne, schrieb das "Handelsblatt" unter Berufung auf Regierungskreise in Berlin. Dass bis Mitte Mai Geld ausgezahlt werde, sei "völlig abwegig".
Ginge es auch ohne Hilfen?
Die griechische Regierung hatte gehofft, bei einer am 12. Mai anstehenden Rückzahlung an den Internationalen Währungsfonds (IWF) über rund 750 Millionen Euro auf Hilfsgelder zurückgreifen zu können. Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Verhandlungskreise in Brüssel berichtete, könnte frühestens im Juni Geld fließen. Erst müssten die vereinbarten Reformen in Gesetzesform gebracht, vom Parlament in Athen verabschiedet und dann auch tatsächlich umgesetzt werden.
Viele Experten rechnen damit, dass Griechenland auch bei Auszahlung der 7,2 Milliarden Euro noch einen dritten Hilfskredit benötigen wird. Die Athener Regierung will dagegen möglichst ohne weitere Unterstützung auskommen. "Selbstverständlich" sei sein Land auch ohne neuen Milliardenkredit überlebensfähig, sagte Varoufakis der Zeitung "Efimerida ton syndakton". Eine der Voraussetzungen dafür sei allerdings eine "bedeutende Umstrukturierung der Schulden".
Quelle: ntv.de, bad/AFP/rts