Chipfabrik in Magdeburg Habeck rechtfertigt hohe Subventionen für Intel
20.06.2023, 20:27 Uhr Artikel anhören
Die Staatshilfen für Intels geplantes Werk in Magdeburg stoßen mitunter auf scharfe Kritik.
(Foto: REUTERS)
Mit fast zehn Milliarden Euro bezuschusst der Bund den Bau einer Chipfabrik in Magdeburg. Bei Ökonomen und Wirtschaftsverbänden stößt das auf scharfe Kritik. Wirtschaftsminister Habeck jedoch verteidigt den Deal mit Intel - während es Berichte über weitere Zugeständnisse an das Unternehmen gibt.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die hohen Subventionen für den Chip-Hersteller Intel gegen Kritik verteidigt. Zunächst seien Investitionen des US-Konzerns in Deutschland in Höhe von 17 Milliarden Euro vorgesehen gewesen, für die Subventionen von knapp 7 Milliarden geplant gewesen wären. Nun habe Intel seine Investitionen fast verdoppelt und der Staat sei auf 10 Milliarden Euro gegangen, obwohl Intel eine noch modernere Technik hier fertigen wolle, sagte der Grünen-Politiker beim Tag der Industrie in Berlin.
Dies sei kein schlechter Deal, sondern gut verhandelt, sagte Habeck. Solch hohe Investitionen dürften nicht an drei Milliarden Euro scheitern. Deutschland stehe in einem harten internationalen Wettbewerb, könne nicht alles mit der Gießkanne fördern, aber zielgenau strategisch wichtige Bereiche wie aktuell Batterien und Halbleiter schon.
Intel investiert mehr als 30 Milliarden Euro in Magdeburg. Dabei werden langfristig etwa 3000 Arbeitsplätze geschaffen. Laut Bundeskanzler Olaf Scholz ist es die höchste Direktinvestition eines ausländischen Unternehmens in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Höhe der Subventionen war einer der Knackpunkte bei den Verhandlungen.
Gespräche über niedrige Stromkosten
Laut einem Medienbericht hat die Bundesregierung Intel weitere Zugeständnisse zugesichert. Ministerpräsident Reiner Haseloff nannte in Magdeburg unter anderem Absprachen über möglichst niedrige Stromkosten für die Chipfabrik in Magdeburg. Dazu zähle auch die Entwicklung eines Konzeptes für wettbewerbsfähigen Industriestrom. Dies sei zuvor auch mit Unternehmen und einer Arbeitsgruppe im Kanzleramt besprochen worden. Intel ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Verhandlungen mit einem örtlichen Energieversorger über einen durchschnittlichen Strompreis von zehn Cent je Kilowattstunde für 20 Jahre. Sollten die Marktpreise im Laufe dieser Zeit über Gebühr steigen, wollen Bundesregierung und Intel verhandeln, wie Mehrbelastungen für Intel aufgefangen werden können.
Auch beim Planungsverfahren kündigte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Beschleunigungen an. Hier müsse an vielen Stellen bundesrechtlich nachjustiert werden. Es brauche eine Beschleunigung, um den von Intel vorgegebenen Zeittakt zu schaffen. Das US-Unternehmen will im ersten Halbjahr 2024 mit dem Bau der Fabriken bei Magdeburg beginnen.
"Kaum noch zu rechtfertigen"
Wirtschaftsforscher und Mittelstandsverbände kritisieren die hohen Subventionen für das US-Unternehmen. "Die astronomische Summe, die Intel als Subventionen von der Bundesregierung zugesagt bekommen hat, ist kaum noch zu rechtfertigen", sagte der Vorsitzende des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Markus Jerger. Es sei eine bedenkliche Entwicklung, dass sich Großinvestoren scheinbar nur noch bei erheblicher öffentlicher Kofinanzierung für den Standort Deutschland entscheiden.
Die Ansiedlung des US-Chipherstellers in Magdeburg sei "extrem teuer erkauft" worden, betonte der geschäftsführende Vorstand des Deutschen Mittelstands-Bundes (DMB), Marc Tenbieg. Der Mittelstand in Deutschland kämpfe selbst ums Überleben. "Maßlose Subventionierungen US-amerikanischer Unternehmen helfen nicht der deutschen Wirtschaft und brüskieren den innovativen Mittelstand."
Auch führende Wirtschaftsforschungsinstitute sehen die Staatshilfe kritisch. Mit Aussagen zu Intel habe man das Unternehmen eingeladen, die Forderungen hochzutreiben, sagte der stellvertretende Leiter des Ifo-Instituts Dresden, Joachim Ragnitz. "Die Politik hat sich über den Tisch ziehen lassen, weil sie gesagt haben, wir wollen Euch unbedingt." Grundsätzlich handele es sich um eine ungeheuer große Subvention, sagte der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, Reint Gropp. Im internationalen Vergleich sei dies jedoch immer noch klein. Weltweit würden derzeit in der Halbleiter-Industrie rund 700 Milliarden Euro als Subventionen gezahlt.
Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa