Wirtschaft

Wie geht es der Wirtschaft? IFO-Ökonom: "Weltkonjunktur ist stärker als erwartet"

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Müssen wir uns Sorgen um Europas größte Volkswirtschaft machen? In einem Punkt sind sich die Ökonomen einig: In Deutschland tun Reformen not.

Müssen wir uns Sorgen um Europas größte Volkswirtschaft machen? In einem Punkt sind sich die Ökonomen einig: In Deutschland tun Reformen not.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Konjunktur in Deutschland gibt Rätsel auf: In ihrem Jahresgutachten warnen die Wirtschaftsweisen vor einer dauerhaften Wachstumsflaute . IFO-Ökonom Timo Wollmershäuser dagegen hält Rezessionszenarien für übertrieben. In einigen Punkten stimmt er dem Sachverständigenrat aber zu.

Deutschland steuert nach Einschätzung der sogenannten Wirtschaftsweisen in eine Rezession und bleibt 2024 konjunkturell schwach auf der Brust. Der Sachverständigenrat Wirtschaft erwartet in dem am Mittwoch vorgelegten Jahresgutachten für die Bundesregierung, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 um 0,4 Prozent sinkt. Damit deckt sich die Prognose mit der Vorhersage der Regierung. "Die konjunkturelle Erholung in Deutschland verzögert sich", so die Top-Ökonomen.

Timo Wollmershäuser, Leiter der "Konjunkturforschung und -prognosen" am Münchner IFO Institut sieht das etwas anders: "Für das nächste Jahr bin ich derzeit noch deutlich optimistischer." Die Begründung des Sachverständigenrates mit einer schwachen globalen Wirtschaft teile er nicht.

"Zwar hat sich die Weltkonjunktur in diesem Jahr abgeschwächt, aber überraschend weniger stark als erwartet." In den USA zum Beispiel rechnete man lange mit einer ausgewachsenen Rezession. Dies sei nicht eingetroffen. "Ich denke, diese Gefahr ist vom Tisch. Die Inflationsraten gehen weltweit ziemlich stark und schnell zurück. Vermutlich wird es im Frühjahr des nächsten Jahres schon wieder die ersten Zinssenkungen geben."

Habeck erwartet höheres Wachstum als der Rat

Für das kommende Jahr ist auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck optimistischer als die Wirtschaftsweisen: Der Grünen-Politiker geht von 1,3 Prozent BIP-Wachstum aus, der Rat erwartet nur ein Plus von 0,7 Prozent.

2024 dürften die Lebenshaltungskosten in Deutschland laut Prognose des Rats noch um 2,6 Prozent nach oben gehen, nach einer Inflationsrate von geschätzt 6,1 Prozent im laufenden Jahr. Bis Ende 2024 werden sich die privaten Konsumausgaben demnach angesichts der wieder steigenden realen Einkommen erholen, heißt es in dem Jahresgutachten: "Die unerwartet schleppende Erholung der Weltwirtschaft, insbesondere Chinas, dürfte sich aber fortsetzen und auch im Jahr 2024 die deutschen Exporte bremsen."

Mittel- und langfristig rechnet der Sachverständigenrat mit "deutlichen Wachstumshemmnissen". Diese Hemmnisse zeichneten sich bereits seit vielen Jahren ab und seien bisher nicht ausreichend adressiert worden. "Erstens ist absehbar, dass durch die demografische Alterung der Anteil der 20- bis 64-Jährigen an der Gesamtbevölkerung sinken wird und das inländische Arbeitsvolumen zurückgeht", heißt es im Bericht.

Zuwanderung als Lösung

"Das dürfte sich bereits in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts bemerkbar machen", stimmt IFO-Experte Wollmershäuser zu. "Ich erwarte Wachstumsraten von etwa einem halben Prozent. Dann wird der demografische Wandel voll zuschlagen." Grund sei eben, dass die Erwerbsbevölkerung massiv schrumpfen werde. "Ein Prozent Wachstum wäre dann schon ein ordentlicher Boom." Lösung hierfür könnte eine höhere Zuwanderung sein. Bei normaler Migration sei die Prognose der Wirtschaftsweisen durchaus realistisch.

Die Ökonomen dringen außerdem auf eine langfristig orientierte Reform der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Den Experten schwebt eine Dynamisierung des Renteneintrittsalters vor, die an der absehbar steigenden Lebenserwartung ansetzt. Kernelemente der Reform sollten die "Kopplung des gesetzlichen Renteneintrittsalters an die fernere Lebenserwartung, kombiniert mit einer neuen Form der ergänzenden, kapitalgedeckten Altersvorsorge sein". Eine konkrete Zahl nannten die Fachleute im Gutachten nicht.

Die Altersgrenze für die Regelaltersrente ohne Abschläge wird nach den geltenden Regeln bis 2031 bereits schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat sich gegen eine weitere Erhöhung ausgesprochen. Das würde aus seiner Sicht zu Lasten der jüngeren Generation gehen, die nach den Babyboomern in Rente geht.

Quelle: ntv.de, mit rts

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