Trump empfängt May "Mehr als warme Worte gibt es nicht"
26.01.2017, 14:26 Uhr
Theresa May hofft auf mehr als eine Einladung zum Tee im Weißen Haus.
(Foto: REUTERS)
Theresa May ist das erste Staatsoberhaupt, das Trump als Präsident empfängt. "Meine Maggie", soll sie der neue US-Präsident bereits nennen - eine Anspielung auf die politische Freundschaft zwischen Margaret Thatcher und Ronald Reagan in den 1980er Jahren. Bahnt sich hier etwas ähnlich Großes an? May hofft auf einen bilateralen Handelsdeal mit den USA. Doch ein solcher dürfte mit heißer Nadel gestrickt sein, sagt Chefökonom Holger Schmieding von der Berenberg Bank n-tv.de.
n-tv.de: Premierministerin May trifft sich an diesem Freitag mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump, mit dem sie unter anderem über ein bilaterales Handelsabkommen reden will. Wird sie erfolgreich sein?
Holger Schmieding: Nein. Mehr als warme Worte wird sie nicht im Gepäck haben, wenn sie nach London zurückkommt. Die Absicht, bald ein Handelsabkommem zu schließen, ist ja gut und schön. Aber das dauert. Und Trump ist nicht dafür bekannt, gegenüber Handelspartnern besonders großzügig zu sein.
Was bringt es, wenn sich zwei Länder, die sich gerade von der Welt abschotten, zusammentun?
Die USA sind die mit Abstand größte Wirtschaftsmacht der Welt, die Briten haben immerhin die zweitgrößte Wirtschaft Europas. Der Austausch zwischen den beiden Ländern ist beträchtlich. Auch unter Trump werden die USA sich ja nicht abschotten. Selbst wenn Trump den US-Kongress überreden könnte, einige Handelshemmnisse gegenüber Mexiko und China aufzubauen, wird das den Handel mit Europa kaum treffen. Ein gewisses Potenzial gibt es also schon. Aber ein Ersatz dafür, dass die Briten den privilegierten Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren könnten, ist ein etwas intensiverer Austausch mit den fernen USA nicht.
Der Deal ist also für May wichtiger als für Trump. Wieso will er ihr überhaupt helfen?
Trump ist kein großer Freund der Europäischen Union, er war für den Brexit. Außerdem kostet es ihn ja gar nichts, Frau May zum Tee einzuladen. Damit setzt er ein Zeichen. Große Zugeständnisse wird er aber auch wohl ihr nicht machen.
Trump fordert, dass Amerikaner amerikanische Produkte kaufen. Haben die Briten etwas zu bieten, was die Amerikaner nicht schon selber haben - oder tendenziell selbst herstellen können?
Die Briten haben gerade im Bereich der Hochtechnologie und der Finanzdienstleistungen einiges anzubieten. Darin sind allerdings auch die USA sehr stark. Das begrenzt das Potenzial für den Austausch tatsächlich etwas.
Viele US-Banken sind in London angesiedelt, weil sie von dort Geschäfte mit der EU machen können. Wird Trump nicht das Interesse verlieren, wenn Großbritannien die EU verlässt? Oder glaubt er, dass es letzten Endes doch keinen Brexit geben wird?
Trump glaubt an den Brexit, auch unabhängig von rein wirtschaftlichen Interessen. Für viele US-Unternehmen wäre es allerdings tatsächlich besser, wenn sie London weiter als ihr europäisches Hauptquartier nutzen könnten, statt mit dem Brexit einige Tätigkeiten auf den europäischen Kontinent verlegen zu müssen. Das kostet doch etwas.
May hat die 27 EU-Partner gewarnt: "Kein Deal ist besser als ein schlechter Deal". Ist es mit Amerika umgekehrt: Ein schlechter Deal ist besser als keiner?
Politisch gesehen dürfte das für May so sein. Ein Deal mit den USA, auch ein schlechter, könnte es ihr politisch erleichtern, ihre Vorstellungen vom Brexit im heimischen Parlament durchzusetzen.
May kündigte in einem BBC-Interview an, in den USA kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Sollte Trump etwas Inakzeptables sagen, werde sie ihn direkt konfrontieren. Kann sie es sich leisten, Trump auf diese Art zu kommen?
Trump kann im persönlichen Umgang ja offenbar durchaus charmant sein. Selbst nach seinem Gespräch mit Barack Obama im Weißen Haus haben er und Obama ja freundliche Worte übereinander gefunden. Da dürfte es für Frau May auch kein Problem sein, sich mit ihm gut zu unterhalten und dabei Kritik höchstens ganz leise anklingen zu lassen. Ob es dann konkrete Ergebnisse gibt, ist natürlich eine andere Frage.
Die formellen Hindernisse für ein bilaterales Bündnis sind erheblich. London darf eigentlich keine eigenen Bündnisse schließen, solange der Brexit nicht vollzogen ist. Auf der US-Seite ist es auch kompliziert. Bis zur Ratifizierung selbst des schnellsten Deals, den Amerika jemals geschlossen hat - den mit Südkorea - vergingen vier Jahre. Werden Washington und London hier neue Maßstäbe setzen?
Ich kann mir vorstellen, dass die USA und Großbritannien in den kommenden beiden Jahren einen Deal vorbereiten, der dann nach dem britischen EU-Austritt im April 2019 schnell formal abgeschlossen wird. Allerdings dürfte ein derart schneller Deal, der tatsächlich möglich ist, dann auch den beiden Seiten nur begrenzte Vorteile bringen.
Was wollen Trump und May der Welt beweisen?
Sie wollen der Welt wohl tatsächlich zeigen, dass sie schnell einen Handelsvertrag abschließen können. Deshalb mag die Substanz eines solchen Abkommens etwas begrenzt bleiben. Aber gerade für die Briten ist politisch und vermutlich auch wirtschaftlich ein mit heißer Nadel gestricktes Abkommen wohl besser als kein Abkommen mit den USA.
Amerika allein zu Haus', Großbritannien allein zu Haus' - wie muss man sich die Zukunft vorstellen?
Als Supermacht sind die USA nie wirklich allein zu Haus. Andere Länder haben ein großes Interesse daran, sich mit den USA zu arrangieren, und zwar auch unter einem Präsidenten Trump, der ja vermutlich wie andere US-Präsidenten vor ihm durch einen eher konservativen Kongress eingehegt wird. Und auch die Briten werden nach dem Brexit versuchen, es sich mit ihren europäischen Nachbarn nicht völlig zu verderben. Ganz so schwarz-weiß, wie der Ausdruck "allein zu Haus'" es nahelegen könnte, würde ich das nicht sehen.
Mit Holger Schmieding sprach Diana Dittmer
Quelle: ntv.de