Schluss mit dem BER-Gejammer Mehdorn muss bleiben
12.12.2014, 06:58 Uhr
Hartmut Mehdorn: Kommt er oder geht er?
(Foto: picture alliance / dpa)
Vor der letzten Aufsichtsratssitzung des Jahres wird heftig am Stuhl von BER-Chef Mehdorn gesägt. Es kursieren schon Namen von möglichen Nachfolgern. Doch ihn rauszuwerfen, wäre falsch. Ein Neustart ist auch so möglich.
An der Börse gilt: Ein Hype ist vorbei, wenn alle auf den Zug aufgesprungen sind. Das gilt auch für das Bashing von Mehdorn. Es reicht! In den Medien laufen sich durchaus vorzeigbare Nachfolger warm, aber Mehdorn zum Sündenbock zu machen und abzusägen, wäre falsch. Es würde dem Pannenprojekt nur schaden. Niemand kann ernsthaft annehmen, dass ein Mensch allein so viel verbocken kann, wie am BER schiefgelaufen ist.
In den anderthalb Jahren im Amt hat er vielleicht nicht das erreicht, was man sich von ihm versprochen hatte. Sein "Sprint"-Programm, das den stockenden Bau vorantreiben sollte, war eine lahme Ente. Aber drei Eröffnungstermine waren bereits geplatzt, bevor Mehdorn kam. Zwei Untersuchungsausschüsse versuchen seit Jahren aufzuarbeiten, wer was in den märkischen Sand gesetzt hat. Seit dem ersten Spatenstich 2006 ist fast alles schiefgelaufen, was nur schieflaufen konnte. Das ist nicht Mehdorns Schuld.
Zu viele Altlasten
Mehdorn kämpft mit zu vielen Altlasten. Den vieldiskutierten mangelhaften Brandschutz und die Fehlplanung beim Rauchabzug hat er geerbt, nicht verursacht. Jahrelang waren hier Dilettanten am Werk. Der Chefplaner der hochsensiblen Brandschutzanlage, Alfredo di Mauro, der bereits seit 2006 für das Flughafenprojekt arbeitete, entpuppte sich als Hochstapler. Mehdorn konnte ihn nur feuern. Der gefeierte Technikchef Horst Amann, der dann völlig überfordert war, war ebenfalls schon im Amt, als Mehdorn kam. Wieder war der BER-Chef in der Rolle desjenigen, der die Konsequenzen ziehen musste.
Auch in der Korruptionsaffäre um den damaligen Technikchef Jochen Großmann, den Mehdorn im vergangenen Jahr selbst auf die Baustelle geholt hatte, reagierte er schnell. Nachdem er den Hinweis erhalten hatte, schaltete er die Staatsanwaltschaft ein. Später feuerte er ihn. Niemand kann Mehdorn nachsagen, dass es an klaren Ansagen fehlte.
Mehdorn hält den Kopf hin
An Mehdorn festzuhalten, wäre richtig. Er mag eitel und cholerisch sein, möglicherweise auch einen Hang zur Selbstüberschätzung haben, aber er hält für dieses verkorkste Projekt den Kopf hin. Es gibt niemanden, der das Projekt schneller auf die Zielgerade bringen könnte. Mehdorn durch den Flughafenchef von Köln-Bonn, Michael Garvens, oder Thomas Weyer vom Münchener Flughafen zu ersetzen, ist keine Lösung.
Der neue Mann an der Spitze müsste sich wieder einarbeiten. Bisher hat auch keiner darüber nachgedacht, dass ein neuer Chef die Flughafengesellschaft umbauen müsste. Mehdorn hat sie nach seinen Vorstellungen umorganisiert. Wieder würde wertvolle Zeit verloren gehen. Und damit ein Eröffnungstermin in noch weitere Ferne rücken.
Neustart bietet sich an
Ohnehin bietet sich jetzt durch den anstehenden Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats ein Neustart an, ohne dass Mehdorn gehen muss. Ohne den Politiker Klaus Wowereit an der Spitze des Kontrollgremiums kann es nur leichter werden. Mehdorn hat immer mehr "unternehmerischen Sachverstand" gefordert. Es sollte zumindest abgewartet werden, was passiert, wenn der Ex-Daimler-Manager Axel Arendt oder ein anderer Kandidat als Chefkontrolleur nachrücken. Dafür müssten sie allerdings auch schnell inthronisiert werden. Vorerst blockiert Wowereits Nachfolger, Berlins neuer Bürgermeisters, Michael Müller, diesen Posten.
Keiner muss auf Mehdorn fliegen. Er selbst hat einmal von sich gesagt, er sei kein Diplomat. Wenn er unterm Teppich durchlaufe, hinterlasse er Dellen. Das beweist er ständig. Aber alle wussten, worauf sie sich mit ihm einließen. Mehdorns Vertrag läuft bis 2016, spätestens im Frühjahr ist die Verlängerung fällig. So viel Zeit muss sein. Das sollten die Aufsichtsratsmitglieder auf ihrer letzten Sitzung des Jahres beherzigen.
Quelle: ntv.de