Wirtschaft

Schwellenland in Schwierigkeiten Türkische Wirtschaft schrumpft

Land am Scheideweg: Wie wird die Türkei den US-Leitzins-Schock überstehen?

Land am Scheideweg: Wie wird die Türkei den US-Leitzins-Schock überstehen?

(Foto: REUTERS)

Die Daten sehen nicht gut aus: Im Herbst nach dem gescheiterten Putschversuch rutscht die türkische Wirtschaftsleistung zum ersten Mal seit Jahren ins Minus. Der harte Kurs von Präsident Erdogan lässt Analysten zweifeln. Ist der Türkei-Boom am Ende?

Die türkische Wirtschaft ist im dritten Quartal erstmals seit dem Krisenjahr 2009 geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt verringerte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,8 Prozent, wie das türkische Statistikamt mitteilte.

Der Konjunktureinbruch fällt stärker aus als erwartet: Im Vorfeld befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Minus von 0,5 Prozent gerechnet. Nach dem Putschversuch im Juli hatten sich das Verbrauchervertrauen und das Geschäftsklima bereits massiv eingetrübt. Außerdem mieden viele Touristen das Land. Damit brachen vielen türkischen Unternehmen wichtige Einnahmequellen weg.

Wohin steuert die Türkei?

In den Wochen und Monaten nach dem Putschversuch reagierte die türkische Regierung mit Massenverhaftungen von Oppositionellen, Minderheitenvertretern und zahlreichen Kritikern. Unabhängige Beobachter sprechen von einer Säuberungswelle, bei der die tatsächliche oder vermeintliche Nähe zur oppositionellen Gülen-Bewegung als Vorwand diene, unliebsame Personen aus verantwortlichen Positionen im Staatsdienst zu entfernen.

Der Ruck in Richtung einer autoritär geführten Türkei unter einem mächtigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan bleibt nicht ohne Folgen für die türkische Wirtschaft. Die Investitionsbereitschaft lässt spürbar nach. Die Landeswährung Lira rutschte zuletzt auf ein Rekordtief zum Dollar.

Ankara beschwört die Potenziale

In der Hauptstadt Ankara bemühen sich offizielle Stellen um Schadensbegrenzung: Die türkische Wirtschaft werde künftig wieder wachsen, beteuerte der Berater von Präsident Erdogan, Bulent Gedikli. Der Rückgang des Bruttoinlandsproduktes spiegele nicht das Potenzial der Wirtschaft wider, heißt es aus Ankara.

Unabhängig davon droht dem Schwellenland zwischen Asien und Europa weiteres Ungemach: Noch in diesem Jahr wird die US-Notenbank Fed nach Erwartung vieler Ökonomen den US-Leitzins anheben. Die Weichenstellung in Washington dürfte den Dollar-Raum für viele Investoren wieder interessanter machen. Die Gefahr besteht, dass dadurch Kapital in größerem Umfang aus Schwellenländern abgezogen wird, um es zu den mageren, aber vergleichsweise stabilen Konditionen in den USA anzulegen.

Bei einer ersten Zinserhöhung im Dezember 2015 hatte dieser Effekt kurzzeitig heftige Turbulenzen an den Märkten ausgelöst. Fed-Chefin Janet Yellen hatte daraufhin von einer weiteren Straffung der US-Geldpolitik vorerst Abstand genommen. Im Dezember 2015 hatte die Fed den Leitzins um 25 Basispunkte erhöht und damit die sieben Jahre währende Nullzinspolitik beendet.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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