
Es fällt auf, wenn sich eine Frau aus einer Vorstandsetage zurückzieht - denn noch immer sind deutsche Unternehmensspitzen männlich dominiert.
(Foto: Annette Riedl/dpa)
Erst SAP, dann Bosch: In dieser Woche strauchelten gleich zwei Top-Managerinnen. Der Trend, dass oberste Führungsposten für Frauen zum Schleudersitz werden, verfestigt sich. Das liegt auch daran, dass die oft männlich dominierten Aufsichtsräte wenig Rückendeckung gewähren.
Ja! Deutsche Vorstände sind weiblich wie nie. Auch wenn noch immer Männer die Top-Positionen in den größten deutschen Unternehmen und Organisationen bekleiden: Immer häufiger kommen auch Damen zum Zug. Das ist gut. Aber: Häufig scheitern sie auch. Nicht offenkundig, nein. In von Arbeitsrechtlern fein säuberlich formulierten Erklärungen stehen sie dann für eine weitere Amtszeit nicht zur Verfügung. Oder treten "aus persönlichen Gründen" und im "besten gegenseitigen Einvernehmen" vorzeitig ab.
Von wegen! Kann sein, dass die Top-Managerinnen sich, anders als Männer, den Stress, sich in den Boygroups der Konzerne immer wieder aufs Neue behaupten zu müssen, einfach nicht länger antun wollen - und andere Prioritäten setzen. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt dennoch. Niemand scheitert gern. Auch Frauen nicht. Der Fluch, unter dem Frauen in den obersten Führungsetagen leiden, erwischte diese Woche gleich zwei ausgewiesene Expertinnen: Der Vertrag von SAP-Vorständin Sabine Bendiek wird nicht verlängert. Und Bosch-Managerin Filiz Albrecht verlässt den Konzern sogar "mit sofortiger Wirkung". Rums!
Keine Einzelfälle: Vielleicht fällt es stärker auf, wenn sich Frauen von ihren Top-Jobs zurückziehen, weil die Vorstandsetagen nach wie vor männlich dominiert sind. Gut ist das Signal trotzdem nicht. Gerade jetzt, wo Frauennetzwerke beliebter werden - und sich Frauen anschicken, mehr Selbstbewusstsein zu gewinnen und das auch zu kommunizieren.
Die Liste ist lang: Bettina Volkens (Lufthansa), Valerie Holsboer (Bundesagentur für Arbeit), Sabine Eckardt (Pro Sieben) und Janina Kugel (Siemens) gehörten dem obersten Führungszirkel jeweils nur kurze Zeit an. Tina Müller (Douglas) saß zwar länger am Ruder - am Ende ging auch sie. Und selbst Telekom-Vorständin Claudia Nemat, seit Jahren im Amt, gerät durch immer wieder aufs Neue genährte Spekulationen, sie mache sich Hoffnung auf die Nachfolge von Konzernchef Tim Höttges, medial unter Druck.
Wenig Vorbereitung, kaum Rückendeckung
Das Signal für die kommenden Generationen von Top-Managerinnen, die auch öffentlich in den Startlöchern stehen und bei Initiativen wie "Mission Female" oder "Generation CEO" organisiert sind, ist verheerend. Denn: Oft scheitern sie in der ersten Vertragslaufzeit.
Ist es die Eignung? Die Expertise? Das missgünstige Umfeld? Fehlende Netzwerke? Oder eine vorherrschende diversitätsfeindliche Unternehmenskultur? Weibliche Top-Führungskräfte würden es offiziell nie zugeben. Hinter vorgehaltener Hand hört man: Die häufig männlich dominierten Aufsichtsgremien tun sich schwer damit, ausreichend Vorbereitung und Rückendeckung zu bieten. Häufig geht es bei den Personalien um Symbolik. Man(n) schmückt sich damit, Frauen ins oberste Führungsgremium zu holen. Das war es dann mit dem On-Boarding. Die Frauen sind fortan auf sich allein gestellt.
Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist diese Entwicklung schlecht - vor allem jetzt, wo der Fachkräftemangel zu einem immer relevanteren Wettbewerbsfaktor wird.
Quelle: ntv.de