Wahl als Denkzettel für Brüssel Die EU muss die Wirtschaft aus ihrem Würgegriff entlassen
10.06.2024, 13:57 Uhr
Eine zunehmende Zahl von Insolvenzen, Verlagerungen von Produktionsstätten ins Ausland und Arbeitsplatzabbauprogramme großer Unternehmen verheißen nichts Gutes.
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Mit immer neuen Vorschriften und teils kaum noch zu erfüllenden bürokratischen Anforderungen hat die EU-Kommission die Wirtschaft belastet. Das Ergebnis der Europawahl ist auch ein Denkzettel für den Wirtschaftskurs. Die neue Kommission muss grundlegend umsteuern.
Sicher: Die deutschen Ergebnisse der Europawahl waren wohl auch, vielleicht sogar vor allem, ein Stimmungstest dafür, wie zufrieden die hiesigen Wählerinnen und Wähler mit der Ampel-Regierung sind. Vor diesem Hintergrund werden die Ergebnisse analysiert werden.
Aber bei all den parteipolitischen Analysen darf nicht vergessen werden, dass die EU-Wahl auch eine Abstimmung darüber war, wie zufrieden die Bürgerinnen und Bürger mit der Arbeit der Europäischen Kommission sind – gerade in wirtschaftspolitischer Hinsicht. Viele Menschen fühlen sich von Brüssel wegen immer neuer Vorschriften und Bürokratiehemmnissen gegängelt. Sie spüren, dass die Wirtschaft unter Druck steht - vor allem in Deutschland. Sie sorgen sich wegen steigender Lebenshaltungskosten um ihr Erspartes. Und um ihre Arbeitsplätze. Die könnten im Feuer stehen, wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland nicht schnell und nachhaltig bessert. Eine zunehmende Zahl von Insolvenzen, Verlagerungen von Produktionsstätten ins Ausland und Arbeitsplatzabbauprogramme großer Unternehmen verheißen nichts Gutes - Arbeitskräftemangel hin oder her.
Unternehmer und Manager gehören zu den besonders engagierten Verfechtern eines freien und starken Europas. Doch inzwischen beklagen sie sich längst nicht mehr nur über den Ampel-Zoff in Berlin, sondern auch über die immer strengeren und an bürokratischen Aufwendungen kaum mehr zu erfüllenden Vorgaben aus Brüssel. Frust bricht sich Bahn, wo lange Optimismus herrschte.
Ein Beispiel: das Verbrenner-Aus. Ab dem Jahr 2035 sollen in der EU keine Verbrenner-Autos mehr neu zugelassen werden. Deutsche Autohersteller, deren Produkte bislang weltweit Maßstäbe setzten, kamen in die missliche Lage, ihre Entwicklungseinheiten von Benzin- und Dieselmotoren auf Elektroantriebe umzustellen.
Zurück zu einer menschenfreundlichen Politik
Dass energieintensive Industriezweige wie beispielsweise Stahlhersteller und Chemieunternehmen durch die Energiewende in Deutschland im europäischen und weltweiten Vergleich hierzulande die höchsten Energiepreise schultern müssen und damit im globalen Wettbewerb zurückfallen, verschärft die Lage. Unternehmen, die noch wachsen, tun das vermehrt ausschließlich im Ausland. Wer kann, verlagert Produktionseinheiten. Verständnis für die immer neuen Beschlüsse aus Brüssel schürt das alles nicht. Im Gegenteil.
Die Bürgerinnen und Bürger spüren den Druck. Brüssel muss deshalb handeln. Und die Ergebnisse der Europawahl zum Anlass nehmen, einen Neustart zu wagen. Die Kommission muss zurück zu einer realistischen, menschenfreundlichen Politik finden. Eine, die Arbeitsplätze und Wohlstand sichert. Der Rechtsruck in gleich mehreren Ländern wird sich sonst verstärken. Weil Menschen mit Kreuz auf ihrem Wahlzettel auf ihre Art demonstrieren.
Das gilt auch für Deutschland. Bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr werden die Menschen auch darüber abstimmen, wem sie am ehesten zutrauen, die wirtschaftliche Lage des Landes und ihrer selbst zu verbessern. Im Moment sind die Zweifel an den politisch Verantwortlichen groß. Das zeigt das Ergebnis der EU-Wahl deutlich.
Quelle: ntv.de