So ähnlich wie eine Kokain-Analyse Aufenthaltsorte im Haar zu finden
21.08.2009, 15:19 Uhr
Durch den ehemaligen Fußball-Trainer Christoph Daum ist die Verfahrensweise des Kokain-Nachweises im Haar bekannt geworden.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Ein neuer Haartest zeigt, ob ein Mensch seine angestammte Umgebung längere Zeit verlassen hat oder nicht. Das berichtet eine Gruppe spanischer und britischer Forscher im Journal "Analytical and Bioanalytical Chemistry". Das Verfahren erinnert an eine Kokain-Analyse: Haare speichern geringe Mengen von Drogen oder deren Abbauprodukten, so dass mit dem Wachstum ein chemisches Archiv entsteht. Empfindlichen Analysegeräten reichen geringste Mengen einer Probe, um die illegale Einnahme von Substanzen nachzuweisen – und dank der Haarlänge auch noch den Zeitpunkt einzugrenzen.
Varianten des Schwefels
Ähnlich gehen die Forscher um Rebeca Santamaría-Fernández vom Chemical Metrology Laboratory im britischen Teddington und von der Universität im spanischen Oviedo vor. Sie konzentrieren sich dabei auf das Element Schwefel, das im Haarprotein Keratin vorkommt. Wie bei anderen Elementen gibt es auch beim Schwefel Isotope: Diese haben dieselbe Zahl von Protonen, aber unterschiedlich viele Neutronen im Atomkern – alle diese Varianten sind aber Schwefel. Die Forscher nehmen eine Haarprobe, feuern mit einem Laser darauf und lösen so winzige Mengen der Probe heraus. Diese werden anschließend in einem Massenspektrometer auf ihren Gehalt an verschiedenen Schwefel-Isotopen analysiert. Im Haar sind die Isotope Schwefel-32 (95 Prozent) und Schwefel-34 (etwa 4 Prozent) besonders häufig.
1,25 Zentimeter im Monat
Dieses Verhältnis spiegelt unter anderem die Ernährung wider: Wer viel Schwefel-32 mit der Nahrung aufnimmt, hat auch viel davon im Haar – und umgekehrt. "Wir sind, was wir essen, und kleine Variationen im Verhältnis von S34 zu S32 deuten auf Änderungen der Ernährung hin, was wiederum mit Reisen von einem zum anderen Land in Verbindung gebracht werden kann", erklärte Co-Autor Justo Giner. Ein Haar legt monatlich im Durchschnitt etwa 1,25 Zentimeter zu.
Die "LA-MC-ICP"-Massenspektroskopie zeigt selbst feinste Variationen – die auch auf geographische Variationen zurückgehen können. Selbst innerhalb Deutschlands gibt es Unterschiede in der Verteilung der Isotope, was sich etwa bei der Analyse von Spargel nutzen lässt ("Kommt er aus dem niedersächsischen Braunschweig oder dem baden-württembergischen Schwetzingen?").
Santamaría-Fernández und ihre Kollegen sammelten vier Zentimeter lange Haarproben von drei Freiwilligen. Zwei von ihnen wohnen ständig in Großbritannien, ein dritter reiste sechs Monate vor der Probennahme durch Kroatien, Österreich, Großbritannien und Australien. Die Resultate zeigten deutliche Unterschiede zwischen der Isotopen-Verteilung des Reisenden und den beiden ständig in Großbritannien wohnenden Probanden. Damit, so betont die Gruppe in dem Journal, ist aber nur ein erster Schritt getan. Mittlerweile stellen sie eine Art globale Isotopen-Verteilung für Schwefel auf: 150 Spender aus verschiedenen Ländern haben dafür einige Haare gelassen. Irgendwann könnte eine Analyse dann zeigen, wann und ob sich jemand in einer bestimmten Region aufgehalten hat – etwa in Afghanistan oder Pakistan, wo viele Terroristen ausgebildet werden.
Quelle: ntv.de, dpa