Strahlend grün So "sauber" ist Strom
22.10.2007, 09:39 UhrHaben Atomkraftgegner überhaupt eine Wahl? Lässt sich durch einen Stromanbieter-Wechsel verhindern, dass Atomstrom aus der heimischen Steckdose kommt? Nein, denn im Stromnetz fließen Strom aus Kohle, Atom und regenerativen Energiequellen zusammen.
Grüner Strom aus der Steckdose
Das Aktionsbündnis "Atomausstieg selber machen" erklärt anhand eines Bildes, wie die Einspeisung von "sauberer" Energie ins Netz funktioniert: "Man kann sich das Stromnetz als einen großen See vorstellen. Dieser See muss immer den gleichen Wasserstand haben. Als Stromkunde zapfen Sie an der einen Stelle Ihren Strom aus dem See, und dafür muss Ihr Stromversorger an einer anderen Stelle die gleiche Menge Strom einspeisen." Je größer die Nachfrage nach Ökostrom, desto mehr müssen Anbieter "sauberer" Energie in den "Energiesee" einspeisen.
Die Betreiber von regenerativen Stromquellen wie Photovoltaik, Geothermie, Biomasse oder Abfällen, Wasserkraft und Windenergieparks nutzen das allgemeine Stromnetz gegen eine Gebühr, die durch die Bundesnetzagentur festgelegt wird. Die Einspeisung und Vergütung des "grünen" Stroms wird durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) garantiert. So fungiert das EEG als politisches Marktanreizprogramm - es unterstützt die Wirtschaftlichkeit innovativer, regenerativer Anlagen und erleichtert ihnen den Zugang zum Energiemarkt, der trotz politischer Liberalisierungsbestrebungen noch immer von den etablierten, konventionellen Stromerzeugern dominiert wird.
So "sauber" ist der Strompool
Bisher tragen besonders Wasser- und Windkraft zum "sauberen" Strom im Energiesee bei. Nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) für 2006 steuerten Wasserkraftwerke 3,5 Prozent und Windkraftanlagen 5 Prozent bei, um den Endstromverbrauch in Deutschland zu decken.
Dabei kletterte der Gesamtanteil regenerativer Energiequellen am Endstromverbrauch 2006 auf 12 Prozent im Gegensatz zu 10,4 Prozent im Vorjahr und 3,4 Prozent im Jahr 1990.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) stellt in einer Publikation die Möglichkeit in Aussicht, "bis 2020 mit erneuerbaren Energien 25 bis 30 Prozent an der Stromversorgung abzudecken."
Weit deutlicher als zur Stromversorgung trägt grüner Strom zum Klimaschutz bei. Über 68 Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) konnten laut BMU bei der Stromversorgung im Jahr 2006 durch die Nutzung regenerativer Energiequellen vermieden werden. Berücksicht man auch Wärme und Treibstoffe aus Regenerativen steigt die Summe auf rund 100 Millionen Tonnen vermiedenes CO2 - bei einer Gesamtemission von rund 796 Millionen Tonnen. Die Klimabelastung durch CO2 hätte ohne saubere Energiequellen somit um rund 13 Prozent höher ausfallen können.
Preis und Leistung
Die so verhinderten Umweltkosten und die positiven volkswirtschaftlichen Effekte in Bereichen wie Export und Arbeitsmarkt wiegen die Förder- und Forschungskosten im Bereich der regenerativen Energien aus Sicht der Politik längst wieder auf. Im Übrigen werden die Kosten der Anreizmodelle auf den gesamten Strommarkt umgelegt. Wer hier eine unfaire Verzerrung des Wettbewerbs zugunsten der regenerativen Energien wittert, der sei beruhigt: Noch überwiegen die Kosten, die für Kernkraft und ihre Beseitigung, für Kohle oder Kernfusionsforschung aufgewendet werden, die staatlichen Investitionen in regenerative Energien um mehr als das Doppelte.
Die monatlichen Stromkosten eines durchschnittlichen Haushalts steigen durch die Umlage der EEG-Förderungen derzeit um etwas mehr als zwei Euro. Gleichzeitig sind die Preisunterschiede zwischen den Angeboten der konventionellen und Ökostromanbietern oft vernachlässigbar gering. Allerdings, so erinnert die Ökostromlobby von "Atomausstieg selber machen", sei der Ökostrompreis abhängig von der Höhe neuer, politischer Fördermaßnahmen und von den Qualitätsanforderungen der Anbieter.
Standards und politische Zeichen setzen
Stromanbieter wie Lichtblick, Naturstrom, Greenpeace Energy oder die Elektrizitätswerke Schönau erfüllen strenge Qualitätsanforderungen: Sie stehen eigentumsrechtlich in keiner Verbindung zu Atom- oder Kohlekraftwerken und ihr Strommix setzt sich zu mindestens 50 Prozent aus erneuerbaren Energien zusammen - die andere Hälfte des erzeugten Stroms darf in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen gewonnen werden.
Endverbraucher haben also durchaus eine Wahl: Indem sie sich für einen Naturstromanbieter entscheiden, der Energie aus regenerativen Anlagen bezieht, stellen sie ihr Geld für Investitionen in erneuerbare Energiequellen zur Verfügung und bestätigen die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundespolitik an der Basis.
Quelle: ntv.de