Wissen

Mit Duft die Feinde der Feinde angelockt Tabakpflanzen wehren sich

Zwei Raupen des Tabakschwämers.

Zwei Raupen des Tabakschwämers.

(Foto: Tozeuma, wikipedia)

Es scheint ein Eigentor für die Tabakschwärmerraupen zu sein. Sowie sie mit dem Fressen beginnen, beginnt die Tabakpflanze, angeregt durch den Speichel der Schädlinge, einen Duftstoff auszusenden, der wiederum Raubwanzen, die Feinde der Raupen, anlockt.

Wenn Schädlinge an Tabakpflanzen nagen, setzen sie einen Geruch frei, der ihre eigenen Feinde heranlockt. Auf diese Weise wehrt sich die Pflanze mit Erfolg gegen die Raupen des Tabakschwärmers. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena sprechen von einem "tödlichen Eigentor" der Raupen. Das Team um Silke Allmann und Ian Baldwin berichtet in Journal "Science" über die Resultate.

In den Freilandstudien zeigte sich, dass Tabakschwärmerraupen beim Annagen der Blätter eine Substanz abgeben, die in der attackierten Pflanze einen vorhandenen Blattduftstoff schlagartig in das duftende Locksignal umwandelt. Das sogenannte (E)-2-Hexenal lockt dann Feinde der Raupen herbei, insektenfressende Raubwanzen. Diese attackieren zielgenau nicht nur die frisch geschlüpften Raupenbabys, sondern vertilgen gleichzeitig die vom Muttertier abgelegten Eier, berichten die Jenaer Forscher.

Wie erkennen Pflanzen die Schädlinge?

Eine Larve des Tabakschwärmers.

Eine Larve des Tabakschwärmers.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ökologen interessieren sich seit der Entdeckung der indirekten Verteidigungsstrategien für deren molekularen Mechanismen. Wie aber erkennt das Grünzeug den Schädling?, fragt sich nicht allein das Jenaer Team. "Erkennen kann sie ihre Angreifer nicht, aber diese könnten sich durch verdauungsfördernde Substanzen verraten, die üblicherweise in ihren Mundsekreten enthalten sind und die beim Fressen mit den Blättern in Berührung kommen", erklärte Allmann.

Ihr Kollege Baldwin ergänzte: "Wir vermuteten, dass das vermehrte Auftreten von (E)-2-Hexenal einen Lockstoff für Raubwanzen darstellen könnte. Wir entdecken diese Wanzen nämlich immer dann, wenn auf Tabakblättern Tabakschwärmerraupen aus den Motteneiern schlüpfen und zu fressen beginnen." Die flüchtigen Verbindungen aus den verletzten grünen Blättern verleihen auch frisch gemähtem Rasen dessen typische frische Duftnote.

Schutz und Verhängnis zugleich

Bildung und Abgabe des (E)-2-Hexenal-Duftsignals erfolgten derart schnell, dass suchend umherfliegende Wanzen ausreichende chemische Information über den genauen Aufenthaltsort ihrer Beute bekommen, heißt es in Jena. Eine Frage bleibt jedoch noch unbeantwortet, erklärt das Team: Warum enthält das Mundsekret der Tabakschwärmerraupen eine Substanz, die ihnen zum Verhängnis wird?

Ein Tabakfeld in Hessen.

Ein Tabakfeld in Hessen.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Allmann und Baldwin vermuten, dass (E)-2-Hexenal die Raupen vielleicht vor anderen Angreifern schützt, etwa vor bakteriellen Infektionen. Schädliche Mikroorganismen, zahlreich und jeden Tag mit der Blattnahrung aufgenommen, könnten durch das (E)-2-Hexenal schnell und effektiv getötet werden, denn dieser Stoff ist als ein stark antibiotisches Mittel bekannt. Damit wäre der Fraß am Tabak eine "existenzielle Gratwanderung" für die Raupen.

"Der eigentliche Gewinner dieser Nahrungskette ist jedoch die Raubwanze, weil sie unbeschadet und satt aus dem Rennen hervorgeht – dank ihrer sensiblen Antennen, mit denen sie das (E)-2-Hexenal schon in kleinsten Mengen riechen kann."

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen