Praxistest

AS6-R: 600 PS für Audis Lifestyle-Laster Abt lässt den weißen Tiger brüllen

Mit 600 PS ist der AS 6-R von Abt ein Leistungsexot.

Mit 600 PS ist der AS 6-R von Abt ein Leistungsexot.

(Foto: Holger Preiss)

Aufgebretzelte Alltagsrenner gibt es einige, aber nur wenige kratzen an der 600 PS-Marke. Die Edel-Tuner von Abt haben sich jetzt erneut einen Audi S6 Avant vorgenommen. Aus dem mit 420 PS nicht untermotorisierten Sportler haben sie eine Raubkatze erschaffen, die übermütige Porsche-Fahrer das Fürchten lehrt.

An den vorderen Kotflügeln gibt es die Haifischkiemen.

An den vorderen Kotflügeln gibt es die Haifischkiemen.

(Foto: Holger Preiss)

Wenn ein S6 bei Audi vom Band rollt, ist er für eine sportliche Kundschaft gebaut. Satte 420 PS leistet der 4.0-Liter V8 und wirft 550 Newtonmeter auf die Achsen. Ganze 4,7 Sekunden benötigt der Sportler für den Lauf an die 100 km/h-Marke. Beachtlich, aber gemessen an einem AS6-R von Abt fast lächerlich. Die Tuner aus Kempten haben hier so etwas wie den weißen Tiger gezüchtet. Allein die Optik lässt beim Freund schneller Autos einen Schauer des Wohlbefindens über den Rücken laufen.

Am Heck prangt ein Spoiler in Sichtcarbon, der die Dachlinie durch seinen leichten Schwung deutlich verlängert und den sportlichen Auftritt noch einmal verstärkt. Etwas weiter unten sind die Hoheitszeichen. Da steht AS6 in schwarz, gekoppelt mit einem roten R, das für nichts anderes als "Real Sport" steht. Unter der Heckschürze vier Endrohre mit einem Durchmesser von je 89 Millimetern und 21-Zoll große Sportfelgen in "Gun-Metal"-Optik mit 265er Reifen sorgen für einen breiten Stand. An den Seitenschwellern gibt es für einen scharfen Kontrast zum Lack, der sich da Ibisweiß nennt, ebenfalls Aufsätze aus Sichtcarbon. Um eine bessere Entlüftung des Motors zu gewährleisten, hat Abt Luftauslässe in der Optik von Haifischkiemen in die vorderen Kotflügel eingelassen.

Brachiales Leistungsplus für den AS6

Der 4.0-Liter V8 leistet nach der Kur in Kempten nicht mehr 420 PS sondern 600 PS.

Der 4.0-Liter V8 leistet nach der Kur in Kempten nicht mehr 420 PS sondern 600 PS.

(Foto: Holger Preiss)

Und das macht Sinn. Denn wer von außen nur an die visuelle Aufwertung des weißen Tigers glaubt, der wird sich eines Besseren belehren lassen, wenn er, in die Sportpolster gepresst, den Startknopf des AS6-R drückt: Kurz peitscht der Zeiger des Drehzahlmessers über die 7000er- Marke und ein Aufschrei, gefolgt von dumpfem Grollen verkündet: Ich bin die Bestie. Dank hauseigenem Turbolader und der sogenannten Power-S-Technologie, haben die Kemptener den V8 auf 600 PS aufgebretzelt. Das ist ordentlich, denn normalerweise entweicht dem geneigten Autofan schon ein "Ah" und "Oh", wenn die Rede auf Serienfahrzeugen mit mehr als 500 PS kommt. Da wird dann schnell ein BMW M5 mit 575 PS ins Feld geführt oder ein Mercedes E63 AMG S (585 PS). Selbst bei den Supersportlern wie einem Lamborghini Gallardo LP560-4 stehen nur 560 PS im Fahrzeugbrief und auch der im Dezember aus der Produktion verschwindende Lexus LFA muss sich mit der nämlichen Anzahl an Pferdestärken begnügen.

Die Hoheitszeichen am Heck belegen, wer hier Hand angelegt hat.

Die Hoheitszeichen am Heck belegen, wer hier Hand angelegt hat.

(Foto: Holger Preiss)

Was bedeuten diese 600 PS beim Audi jetzt aber für den Fahrer? Ganz einfach: In Kombination mit 750 Newtonmeter Drehmoment eine brachiale Leistungsentfaltung. In 3,9 Sekunden schießt der Bolide mit Transporter-Attitüde bei einem Kickdown aus dem Stand an die 100 km/h-Marke. Nach 12,9 Sekunden sind 200 km/h erreicht und der Lauf soll erst bei abgeregelten 310 km/h enden. Fragen nach der Glaubwürdigkeit dieser Angabe bleiben nicht, denn bei 290 km/h auf freier Strecke war immer noch ordentlich Druck auf dem Kessel. Mit diesen Parametern ist man dann auch in der Lage, übermütige Porsche-Cayenne-Turbo-S-Fahrer sehr traurig zu machen. Wenn die angesichts ihrer 521 PS den Wettstreit suchen, kann der AS6-R-Pilot nur mit den Schultern zucken, das Gaspedal durchtreten und beobachten, wie der Bolide aus Zuffenhausen im Rückspiegel immer kleiner wird, und mutmaßen, wie eine Träne des Entsetzens über die Wange des Porsche-Fahrers rollt.

Eco-Modus sperrt die Raubkatze ein

Erreicht werden diese Werte am Besten im Dynamic-Modus. Die sportlichste der von Audi vorkonfigurierten Fahrstufen, die durch die Abt-Elektronik neu abgestimmt ist, sorgt dafür, dass die Schaltpunkte des siebenstufigen Automatikgetriebes so gesetzt werden, dass knapp an der 5000er-Marke der nächst höhere Gang eingeworfen wird. Flankiert wird der Spurt von einem unglaublich röhrenden Sound aus den Endrohren und denen  der Trägheit folgenden Körpern der Insassen des AS6-R. Wer unwissende Fahrgäste derart beschleunigt, muss damit rechnen, dass sie binnen kürzester Zeit über Übelkeit klagen.

Am Lenkrad sind sechs Leuchtdioden, die über die Schaltpunkte Auskunft geben.

Am Lenkrad sind sechs Leuchtdioden, die über die Schaltpunkte Auskunft geben.

(Foto: Foto: ABT)

Für den sportlichen Fahrer, der lieber die Paddels benutzt, als die Elektronik über Schaltpunkte entscheiden zu lassen, hat Abt ein Volant im Testwagen verbaut, das am oberen Ende mit sechs Leuchtdioden von grün über gelb bis rot, die optimalen Schaltpunkte angibt. Die Idee ist dem Rennsport entlehnt und befindet sich laut Abt noch in der Erprobung. Allerdings darf konstatiert werden, dass sie sich im Test als eine echte Hilfe erwiesen hat, den Extremsportler sauber in der Bahn zu halten. Nicht minder imposant wirkt der Sound, wenn der Weg der Gänge nach unten geht. Heiser hustet es aus den Diffusoren, bis die Bestie, auch dank der serienmäßigen Keramikbremsanlage, wieder leise knurrend zur "Normalgeschwindigkeit" zurückgefunden hat. Natürlich bleiben diese Ausflüge in den Extrembereich nicht ungesühnt. Wer das Raubtier öfter an seine elektronisch vorbestimmte Grenze treibt, der muss mit bis zu 24 Liter Super Plus auf 100 Kilometer rechnen. Bei einem 75 Liter fassenden Tank bedeutet das, dass im Schnitt 110 Euro im Kraftstoffschlund verschwinden. Aber angesichts des Fahrspaßes, den man hier erleben kann, ist es das ab und an mal wert.

Laster, statt Sportler

Selbst wenn die Türen im Dunkeln öffnen, wird per Lichtprojektion der Autoveredler am Boden sichtbar.

Selbst wenn die Türen im Dunkeln öffnen, wird per Lichtprojektion der Autoveredler am Boden sichtbar.

(Foto: Holger Preiss)

N atürlich kann der Avant auch als Alltagsauto benutzt werden, schlicht und ergreifend, um seine Sachen von A nach B zu bringen. Allerdings sollte sich der sportive Fahrer schon darüber im Klaren sein, dass ein so potentes Triebwerk den Stadtverkehr nicht wirklich mag. Seinem Unmut macht er vor allem dann akustisch Luft, wenn man glaubt, im Modus Efficiency richtig Sprit sparen zu können. Zum einen ist das nicht der Fall, auch hier werden noch mindestens 14 Liter durch den V8 verbrannt. Und zum anderen führt die Drosselung der Drehzahlen für die Schaltpunkte zu einem Grollen, als hätte man das wilde Tier in einen Käfig gesperrt und es müsse die ganze Zeit seinem Unmut Luft machen. Akustisch angenehmer und auch spritsparender fährt man hier im Comfort-Modus. Der Sound wird gedrosselt und Dank Start-Stopp-Automatik kann, wenn es in der Stadt halbwegs läuft, der Verbrauch auf unter 13 Liter gesenkt werden. Das ist dann aber auch die magische Grenze.

Magisch ist auch die Grenze beim Preis für den AS6-R. Der im Test gefahrene Kombi wird von Abt für 106.900 Euro angeboten. Die Grundlage bildet der AS 6 Avant, mit den oben schon erwähnten 420 PS, der in der Basisversion 76.200 Euro bei den Ingolstädtern kostet. Für den potenteren RS6 Avant ruft Audi 107.900 Euro auf. Dafür schöpft der vom Mutterhaus aufgemotzte Kombi aus dem 4.0 Liter-TFSI-Triebwerk aber nur 560 PS und 700 Newtonmeter Drehmoment. Die Beschleunigung von null auf Tempo 100 bleibt mit 3,9 Sekunden gleich. Allerdings fliegt der RS nur auf 305 km/h.

Fazit: Wer auf einen ausgesprochen sportlichen Familientransporter Wert legt, der sich auch auf dem Lausitzring oder der Nordschleife vor keinem verstecken muss, der kann mit dem AS6-R von Abt nichts verkehrt machen. Er fährt auf Augenhöhe mit dem RS6, den Audi als sportliches Highlight in diesem Segment anbietet. Und er offeriert sogar noch 40 PS mehr. Auch die Abt- und Audi-Fans, die wehmütig an den V10 Biturbo zurückdenken, der seinerzeit von den Kemptenern von 580 PS auf 700 PS aufgeblasen wurde, müssen sich nicht grämen. Denn der RS 6 Avant (C6) benötigt für den Spurt auf Tempo 100 zwar auch nur 3,9 Sekunden, kostet aber weit über 120.000 Euro. Dagegen wirkt der weiße Tiger geradezu preiswert.

DATENBLATTABT AS6-R 4.0 TFSI
Abmessungen4,93/ 1,87/ 1,45 m
Radstand2,91 m
Leergewicht (DIN)2025 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen565 l
EmissionsklasseEU 5
Motor/HubraumV8-Biturbo mit 3993 ccm Hubraum
Getriebe7-stufige S tronic mit dynamischer Gangwahl
Leistung600 PS (441 kW) (Serie: 420 PS/309 kW)
KraftstoffartSuper Plus
AntriebPermanenter Allradantrieb quattro
Höchstgeschwindigkeit310 km/h (abgeregelt)
max. Drehmoment750 Nm
Tankinhalt75 l
Beschleunigung 0-100 km/h3,9 s
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert)7,5/13,4/9,7
Testverbrauch16,4 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
226 g/km
Grundpreis76.200 Euro
Preis des Testwagens106.900 Euro

Quelle: ntv.de

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