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Tempo und Technik der Superlative Porsche 959 wird 25

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959 hat Titel in Le Mans, bei der Pharaonen Rallye in Ägypten und bei der Rallye Paris-Dakar geholt. Mit Tempo 315 Kilometerstunde ist er auch in die Herzen der Porsche-Fans gerast.

Schnelle Supersportwagen sind das Salz in der Suppe des Automobilbaus. Ganz besonders galt dies für die 80er Jahre als die erste Energiekrise Vergangenheit war und Elektronik und Turbos die Antriebe schärften für immer neue Vmax-Rekorde auf Strecke und Straße. Extremster Supersportler und innovativster Technologieträger jener Jahre war der 315 km/h schnelle Porsche 959 mit Biturboaufladung und elektronischem Allradantrieb. Der Über-911 kostete die damals astronomische Summe von 420.000 Mark und war dennoch so begehrt wie kaum ein anderer Tempobolide. So soll der anfangs auf 200 Einheiten limitierte High-Tech-Racer schon vor der Weltpremiere der Serienversion auf der IAA 1985 restlos ausverkauft gewesen sein. Rekordverdächtig waren sogar die Gebrauchtwagennotierungen: Obwohl den handverlesenen 959-Fahrern auferlegt wurde, das Fahrzeug in den ersten sechs Monaten nicht weiter zu veräußern, sprengten 959 aus Vorbesitz schon bald die Eine-Million-Mark-Schallmauer.

959 setzt Startschuss für andere

Lamborghini zieht mit seinem Countach nach.

Lamborghini zieht mit seinem Countach nach.

Ausgeliefert wurden die Kundenfahrzeuge erst 1987, da waren seit dem umjubelten IAA-Debüt des ersten Prototyps bereits vier Jahre vergangen. Schon damals sollte der 959 "in einzigartiger Weise die Fähigkeiten des Weissach-Entwicklungsteams widerspiegeln" wie der Projektleiter Helmut Bott später konstatierte. Auf jeden Fall setzte der mit 331 kW/450 PS bis dahin stärkste Serien-Porsche aller Zeiten sofort den Startschuss für die Entwicklung einer ganzen Schar neuer Aspiranten auf den Titel des schnellsten Straßensportlers der Welt: Lamborghini Countach quattrovalvole und Diablo, Ferrari F40, Jaguar XJ 220, Bugatti EB 110 oder McLaren F1, sie alle folgten den Spuren des 959 und strebten nach immer neuen Rekorden bei Tempo, Technik und Kaufpreis. Dies jedoch mit höchst unterschiedlichem Erfolg, so mutierten etwa die millionenteuren Superautos von Bugatti und Jaguar zu Superflops. Vor allem fehlte es allen V-Max-Rivalen des 959 an der uneingeschränkten Alltagstauglichkeit des Porsche. Der Zuffenhausener Imageträger wurde zwar auf Abruf zur wilden Bestie, ansonsten ließ er sich aber dank seiner zahlreichen elektronischen Assistenzsysteme sogar noch problemloser als ein konventioneller 911 bewegen.

Ein Traum von einem Auto, den sich die Reichen und Schönen auch erfüllen.

Ein Traum von einem Auto, den sich die Reichen und Schönen auch erfüllen.

Entsprechend populär war der ultimative Porsche in der Welt der Reichen und Schönen. Stardirigent und Porsche-Enthusiast Herbert von Karajan zählte ebenso zu den 959-Enthusiasten wie Fürstin Gloria von Turn und Taxis, Dirigent Justus Frantz, Popsänger Falco, Microsoft-Gründer Bill Gates, der spanische König Juan Carlos, ein Scheich aus Dubai, der seinen 959 teilweise vergolden ließ, Rallyeweltmeister Walter Röhrl oder die Tennisstars Boris Becker und Martina Navrátilová. Dazu passend kursierten in der Welt der bunten Blätter schnell Anekdoten und Legenden über die Erlebnisse der Promis im 959 wie Martina Navrátilovás angeblichen Heiratsantrag an ihre Lebensgefährtin bei Tempo 300 auf einer deutschen Autobahn.

Porsche konzentriert sich auf Le Mans

Porsche nimmt an der legendären Pharaonen Rallye in Ägypten teil und gewinnt.

Porsche nimmt an der legendären Pharaonen Rallye in Ägypten teil und gewinnt.

Dabei sollte der 959 am Anfang seiner Laufbahn vor allem auf Rallyepisten und Rundstrecken die Konkurrenten in Grund und Boden fahren. Le-Mans-Seriensieger Porsche wollte auch auf Langstreckenrallyes triumphieren und entwickelte passend zum neuen "Gruppe-B-Reglement" ab 1982 den 959 auf Basis des bereits erfolgreichen 911 SC. Laut Regelwerk mussten mindestens 200 Fahrzeuge produziert werden, für Porsche Anlass, den 959 zum alltagstauglichen Technologieträger aufzurüsten und zum extraordinären Preis besonders gut situierten Stammkunden anzubieten. Mit dem Prototyp des neuen Supersportwagens ernteten die Stuttgarter auf der IAA 1983 Begeisterungsstürme, ein erster Hinweis auf den späteren Verteilungskampf um die auflagenlimitierten Serienfahrzeuge.

Porsche gibt auch auf der Rallye Paris-Dakar Gas und holt den Titel.

Porsche gibt auch auf der Rallye Paris-Dakar Gas und holt den Titel.

Nächster Entwicklungsschritt war die Rallye Paris-Dakar, bei der Porsche 1984 mit drei Fahrzeugen vom Typ 911 startete, die bereits über wesentliche Bestandteile des elektronisch geregelten Allradantriebssystems aus dem 959 verfügten. Ultimativer Härtetest bestanden, lautete das Fazit als die Versuchsträger auf den Ränge 1, 2 und 26 einliefen. Ganz anders das Ergebnis genau ein Jahr später: Diesmal gingen drei 959 an den Start, bis ins Ziel nach Dakar schaffte es allerdings keiner. Vielleicht lag es nur an den noch aus dem 911 stammenden Motoren. 1986 jedenfalls gewann die finale Version des 959 souverän die 13.800 Kilometer lange, härteste Rallye der Welt. Ein Triumph, der sich an den kurz zuvor erfolgten Sieg bei der ebenfalls legendären Pharaonen Rallye in Ägypten anschloss. Ein Schock für alle Motorsportfans war dann jedoch das von der FIA verhängte Aus für die überstarken Gruppe-B-Autos in der Rallye-WM. Porsche konzentrierte sich nun wieder auf Le Mans, und tatsächlich erzielte ein für die GTX-Klasse umgebauter 959 bereits im Juni 1986 den Klassensieg an der Sarthe.

959 wird fit für den Alltag

Porsche macht mit seinen Leistungen eine konkurrenzlose Ansage.

Porsche macht mit seinen Leistungen eine konkurrenzlose Ansage.

Wenige Monate später wurde die bis zu vier Jahre währende Geduldsprobe der wartenden Privatkunden endlich belohnt: Die Serienproduktion des Technologie-Trendsetters lief an. 331 kW/450 PS Leistung waren selbst in der Supercar-Klasse eine konkurrenzlose Ansage. Das neuartige Konzept der Registeraufladung erlaubte trotz relativ kleinen Hubraums ein ruckfreies Beschleunigen mit kleiner Abgasturbine und eine bis dahin unerreicht hohe Maximalleistung dank großer Abgasturbine. Vom allerfeinsten auch die Innovationen im Inneren des 16-V-Triebwerks: Voll polierte und geschmiedete Titan-Pleuel und eine gasnitrierte, siebenfach gelagerte Stahlkurbelwelle fanden sich sonst nirgends. Dies alles war allerdings noch nichts im Vergleich zu den revolutionären Weltneuheiten, die die Alltagstauglichkeit des reinrassigen Racers auch für ungeübte Fahrer sicherstellten. Neben dem elektronisch geregelten Allradantrieb wartete der 959 mit der weltweit ersten geschwindigkeitsabhängig arbeitenden Niveauregulierung auf, die den Wagen bei hohem Tempo automatisch absenkte. Zwei Techniken, die den Wagen auch bei Geschwindigkeiten jenseits der 300-km/h-Marke richtungsstabil und kontrollierbar machten. Damals eine noch außergewöhnliche Fahreigenschaft, galt Tempo 300 bei Straßensportwagen bis dahin doch eher als Papier- denn als Praxiswert.

Eine ebenso sichere Verzögerung sollten großzügig dimensionierte, innenbelüftete Scheibenbremsen in Verbindung mit dem in jenen Jahren noch alles andere als selbstverständlichen ABS gewährleisten. Erstmals warnte ein neuartiges Reifendruckkontrollsystem an den Magnesiumrädern vor plötzlichem Druckverlust - für Hochgeschwindigkeitsautos wie den 959 eine bedeutende Sicherheitsinnovation. Bei so viel nützlicher Elektronik sahen es die meisten 959-Piloten ihrem Innovationsträger denn auch eher bereitwillig nach, wenn die eine oder andere neue Technik schon einmal nach einem außerplanmäßigen Werkstattbesuch verlangte.

Ferrari ist keine Alternative

Der Ferrari F40 kann dem Porsche 959 nicht das Wasser reichen.

Der Ferrari F40 kann dem Porsche 959 nicht das Wasser reichen.

Weniger kompromissbereit waren die Porsche-Fahrer nur, wenn es um den Verzicht auf Komfortdetails ging. So entschieden sich nur 29 Kunden für die abgespeckte, 100 Kilogramm leichtere "Sport"-Version, die auf Klimaanlage, Rücksitze, elektrische Fensterheber und rechten Außenspiegel verzichtete. Einmal mehr stand eben der Praxisnutzen des Überfliegers im Vordergrund. Und so war in den Augen der Porsche-Jünger nicht einmal der 1987 lancierte, geringfügig schnellere, aber kompromisslos-sportliche Ferrari F40 eine Alternative. Genauso wenig konnten die einige Jahre später in Serie gehenden und bis zu 350 km/h schnellen Jaguar XJ 220 und Bugatti EB 110 am Nimbus des Porsche kratzen. Eher das Gegenteil war der Fall. Als die Zuffenhausener 1992 eine auf acht Einheiten limitierte Edition des 959 nachlegten und dafür jetzt fast schon dreiste 747.500 Mark verlangten, standen die potentiellen Kunden erneut Schlange. Eine Situation, von der man bei Jaguar und Bugatti nur träumen konnte, so zäh lief dort der Absatz. Der 959 gilt dagegen bei Vmax-Fans bis heute als ein Begründer des immer noch elitären Clubs der 300-km/h-Renner und als Synonym für Hochtechnologie-Sportwagen.
Wolfram Nickel/SP-X

Quelle: ntv.de, sp-x

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