Vorstellung Lexus RX 450h Gewissensberuhigung
09.06.2009, 08:03 Uhr
Nicht zu übersehen: Der Lexus RX 450h zeigt sich selbstbewußt.
(Foto: Markus Mechnich)
Ein umweltfreundliches SUV? Lexus versucht diese beiden Widersprüche in einem Auto zu vereinen. Und das schon in zweiter Generation. Dazu bringt der neue RX 450h viel Hybrid und eine Menge Technik mit. Gelingt der Spagat zwischen Umweltferkel und Ökomobil?
SUVs haben ein fragwürdiges Image. Und das nicht erst seit der Diskussion um die massiven CO2-Emissionen der höchst potenten Geländegänger. Der martialische Auftritt, die pure automobile Verschwendungssucht und Pflege des Selbstbewusstseins. Nein, diese Autos polarisieren. Entweder man liebt sie oder man hasst sie. Dazwischen gibt es nur wenig Raum.

Dank des Hybrid-Antriebs lässt er sich nicht in die Klimasünderecke stellen.
(Foto: Markus Mechnich)
Mit diesem Problem kämpft auch Lexus, das sich zumindest rühmen darf, die umweltverträglichsten Arten dieser Spezies zu bauen. Beim RX 400 waren bis zu 90 Prozent der ausgelieferten Modelle mit Hybridantrieb ausgestattet. Ein zugkräftiges Verkaufsargument also. Der Nachfolger RX 450 will an diese Erfolgsgeschichte anknüpfen und wartet dafür mit reichlich neuer Elektrotechnik auf.
Es sei die zweite Generation des hybriden Antriebs lässt Lexus bei der Vorstellung des Fahrzeugs verlauten. Deshalb wird der RX 450 auch im idyllischen Allgäu präsentiert. Da wo die Wiesen grün, die Kühe schwarz-weiß gefleckt sind und Welt noch in Ordnung ist. Und dann noch auf dem Gelände der Firma Baufritz, die Bio-Fertighäuser herstellt. Genau der richtige Ort um sich davon zu überzeugen, wie ein umweltfreundlich ein SUV sein kann. Umwelt und Fahrzeug in seltener Harmonie.
Der Lexus ist tatsächlich von seiner Natur aus ein Vollhybride. Das bedeutet, dass die Elektromotoren nicht nur den Verbrennungsantrieb des Auto wohlwollend unterstützen, wie es mildhybride Antriebe tun, sonder der RX 450h auch voll elektrisch fahren kann. Das demonstriert das SUV denn auch sofort nach dem Einstieg. Mit gespenstischer Ruhe geht es nach dem Druck auf den "Power"-Knopf zunächst mal rein mit Stromkraft im "EV“-Modus von dannen. Das funktioniert ein paar Meter, bis die vom Gasfuß abverlangte Kraft dann doch die Kapazität der Elektromotoren überfordern und diese den 3.5-Liter-Benziner mit seinen 249 PS als Unterstützung hinzurufen. Der V6 mit einem Drehmoment von 317 Newtonmeter verleiht dem wuchtigen Gefährt denn auch schnell Flügel.
Sensationelle Werte
Da liegt genau der Spagat, den Lexus nicht unerfolgreich versucht. Ein Auto mit einem Kampfgewicht von rund 2,2 Tonnen umweltfreundlich und benzinsparend zu bewegen. Die Japaner geben den Verbrauch des Fahrzeugs im EU-Zyklus mit 6,3 Litern an. Die CO2-Emissionen sollen bei 148 Gramm pro Kilometer liegen. Das hat die Konkurrenz auf dem Genfer Automobilsalon schon mal in Wallung gebracht. Gerüchten zufolge soll VW-Chef Winterkorn gar nicht "amused" über diese Kampfansage von Lexus gewesen sein. Diese durchaus belegten Werte erreicht man mit zwei Elektromotoren, die das Fahrzeug bis zu einem gewissen Punkt ohne Hilfe des Benziners antreiben. Der vordere Elektromotor wirft 167 PS in die Waagschale und bringt mit 335 Newtonmeter recht viel Drehmoment mit. Hinten arbeitet ebenso wie vorne Drehstromsynchronmotor, dort allerdings nur mit 68 PS Leistung und 139 Newtonmeter.

Wenn der Benzinantrieb aktiv ist, dann wird die Batterie des Hybridantriebs aufgeladen. Ein Schaubild gibt stets über den Systemstatus Auskunft.
(Foto: Markus Mechnich)
Bei Bremsvorgängen und wenn der Benzinmotor alleine läuft, wird Energie zurück gewonnen. Diese speichert man in einer Nickel-Metallhydrid-Batterie. Jetzt fragen sich aufmerksame Beobachter, warum die Japaner nicht auf die Lithium-Ionen-Technik zurückgreifen. Das sei doch der neueste Stand der Technik und die Zukunft des Elektroantriebs. Auf Nachfrage werden Kostengründe und die Langlebigkeit der Nickelmetall-Hydrid-Lösung als Gründe angegeben. Zudem muss ein Lithium-Ionen-Speicher auf deutlich niedrigeren Temperaturen gehalten werden, was nachvollziehbar einen deutlich erhöhten Kühlaufwand nach sich zieht. Dennoch verwundert zumindest das Kostenargument bei einem Premium-Automobil mit einem Basispreis weit jenseits der 50.000 Euro doch etwas.
Elektro- und Benzinantrieb harmonieren gut
In der Praxis dürfte die Wahl der Speichertechnik allerdings relativ egal sein. Bei den ersten Ausfahrten mit dem Lexus RX 450h wurde der Akku nie gänzlich leer gezogen. Nicht mal im längeren Stadtverkehr, wo der Hybride seine ganze Stärke ausspielen kann. An nahezu jeder Ampel geht es erst mal vollelektrisch zur Sache. Allerdings schaltet sich der Benziner doch recht bald zu. Je sanfter der Druck auf das Gaspedal erfolgt desto später. Überhaupt ist die Fahrweise den Besonderheiten des Hybrid-Antriebs anzupassen. Dann kann dieser seine Stärke ausspielen. Nicht das langsame Hochbeschleunigen und sanfte Gasgeben bringt den maximalen Sparerfolg. Nein, der RX 450h will zügig hochbeschleunigt werden und dann mit ganz wenig Gas auf Geschwindigkeit gehalten werden. Dann sind zwischenzeitlich Verbräuche um die drei bis vier Liter machbar. Während der Beschleunigung steigt der Durst allerdings gewaltig. Das Zusammenspiel zwischen Benzin- und Elektroantrieb funktioniert völlig reibungslos.
Was uns zu der Frage bringt, warum ausgerechnet ein so schweres und klobiges Fahrzeug mit Hybrid-Antrieb ausgestattet wird. Das begründet sich zum einen schlicht darin, dass Lexus nun mal Premium-Automobile baut. In diesem Markt darf ein großes SUV auf keinen Fall fehlen. Dann ist der RX 450h eher auf den amerikanischen Markt ausgerichtet. Das zeigt schon die Innenausstattung mit weichen Sitzen, Becherhaltern und großem Lenkrad. Und schließlich ist es eigentlich fairer zu sagen: Wenn schon ein SUV, dann eines mit Hybrid-Antrieb. Und bei dieser Kombination ist Lexus nun mal in der Pole Position.
Auf der Autobahn schluckfreudig

Die detaillierte Verbrauchsanzeige ist manchmal auch entlarvend. Dort wo ein "E" steht, wurde rein elektrisch gefahren.
(Foto: Markus Mechnich)
Die Physik des 4,77 Meter langen und 1,69 Meter hohen Lexus gereicht ihm denn auch auf der Autobahn zum Nachteil. Die detaillierte Verbrauchsanzeige offenbart bei zügiger Fahrt schnell mal 20 Liter und mehr an Kraftstoffkonsum. Der Elektroantrieb ist auf der Autobahn völlig abgemeldet. Das macht in der Praxis den schönen Norm-Verbrauch dann schnell mal zur Makulatur. Allerdings darf man sich andererseits nicht beschweren, denn bei angepasster Fahrweise auf der Landstraße, unterbrochen von Ortschaften, kann der RX 450h durchaus sparsam sein und Verbräuche deutlich unter acht Litern erreichen. Auf solchen Strecken spielt der zweispurig fahrende Motor die Vorteile der Elektrohilfe voll aus.
Was kann der RX 450h noch außer Hybrid? Schon vom Äußeren her lässt er keine Zweifel an seiner Zugehörigkeit zum Premiumsegment. Die Linienführung in der oberen Hälfte des Autos ist sehr coupéhaft, während der untere Teil massiver wirkt. Das führt zu einer gewissen Eleganz im Gesamteindruck. Neu sind die Voll-LED-Scheinwerfer in der Front des Fahrzeugs. Laut Hersteller weltweit die ersten serienmäßigen.
Informatives Headup-Display
Im Innern wartet der RX 450h mit einer Vielzahl von Bedienknöpfen auf. Das spricht zwar einerseits für die Funktionsvielfalt, aber die vielfältigen Bedienelemente wirken etwas verstreut um den Fahrer herum platziert. Hat man sich mal zurecht gefunden, wird eigentlich auch nichts vermisst. Innovativ ist das neue Bediensystem "Remote-Touch", das mit einer Art Mauszeiger bedient. Die Idee ist gut, aber die Bedienung ist ein Tick zu leichtgängig, sodass es gerade während der Fahrt die treffsichere Bedienung nicht ganz einfach ist. Es hat dennoch durch die Bedienung über ein einziges Element klare Vorteile gegenüber den meisten herkömmlichen Systemen. Das System samt Navi ist bereits in der kleinsten Ausstattungsvariante Executive Line serienmäßig.
Interessant ist auch das Headup-Display, dass die Geschwindigkeit und Anweisungen aus dem Navigationssystem in die Frontscheibe projiziert. Ein nützliches Accessoire, an das man sich schnell gewöhnt. Das gibt es allerdings nur in der höchsten Ausstattung serienmäßig oder in Kombination mit Tempomat und elektrischem Schiebedach gegen 2800 Euro Aufpreis. Lexus setzt bei Navigation und Audio übrigens vernünftigerweise auf die Festplatte im Auto, die für Information und Unterhaltung zahlreiche Optionen eröffnet.
Stabiles Fahrwerk durch aktive Stabilisatoren
Auch am Fahrwerk haben die Lexus-Ingenieure Hand angelegt. Mit neuer Konfiguration der Federung ist der Auftritt des Autos komfortabler geworden. Auch die Luftfederung ist weiterhin erhältlich. Auf Wunsch wird sie ergänzt durch aktive Stabilisatoren. Mit diesen ist das Fahren dieses wuchtigen Autos sogar eine Freude, denn der RX 450h fährt sich auch in engen Kurven ausgesprochen stabil und neigt kaum zum SUV-typischen Aufschaukeln oder einem instabilem Fahrverhalten auf der Hinterachse.
Für das SUV unter den Lexus-Automobilen werden mindestens 52.000 Euro fällig. Dann aber ohne Hybrid-Technik. Der RX 450h in der gängigsten Ausstattung "Executive" kostet 65.500 Euro. Mit Sonderaustattungen und der "Impression" sind dann auch schnell mal Preise jenseits der 75.000 Euro machbar. Dafür ist die Serienausstattung bereits recht üppig. Lexus gibt drei Jahre Garantie auf das Auto und fünf Jahre Garantie auf die Hybridtechnik. Die Batterie soll mindestens ein Autoleben lang halten. Da gab es auch beim Vorgänger nach Angaben von Lexus bisher keine Probleme.
Der Lexus RX 450h zeigt sich beim ersten Zusammentreffen als ein ausgereiftes Automobil. Mit der Hybrid-Technik hat der Edel-Japaner ein grünes Mäntelchen an, das dem geneigten SUV-Fahrer zu einem verbesserten Image verhilft. Wie sinnvoll die Kombination von Geländewagen und Hybridtechnik in der Praxis wirklich ist, liegt an der individuellen Fahrweise. Ganz nach dem Motto der Mutterfirma ist kaum etwas unmöglich, auch nicht das Erreichen des angegebenen Verbrauchs. Aber mit einem nervösen Gasfuß ist eben auch nach oben alles offen.
Quelle: ntv.de