Beschäftigung als Gefälligkeit Billiglohn kann in Ordnung sein
09.04.2014, 16:24 UhrStundenlöhne von 1,60 Euro sind zwar sittenwidrig. Als Integrationshilfe in den Arbeitsmarkt können sie aber legal sein - wenn der Arbeitgeber damit nicht eigennützig handelt, entscheidet das Arbeitsgericht Cottbus.

Wer zu wenig verdient, kann Aufstockerleistungen vom Jobcenter beziehen.
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Wenn Arbeitnehmer so wenig verdienen, dass der Lohn nicht zum Leben reicht, muss das Jobcenter einspringen. Beim Verdacht auf Lohndumping wird die Behörde allerdings versuchen, sich den Betrag vom Arbeitgeber zurückzuholen – nicht immer mit Erfolg, wie ein Fall aus Brandenburg zeigt. Das Arbeitsgericht Cottbus hat jetzt die Klage des Jobcenters Oberspreewald-Lausitz gegen einen Rechtsanwalt wegen angeblicher Ausbeutung von Mitarbeitern zurückgewiesen.
Der Jurist hatte in seiner Kanzlei in Großräschen zwei Bürokräfte für eher symbolische Stundenlöhne von 1,54 beziehungsweise 1,65 Euro beschäftigt. Diese Löhne seien zwar sittenwidrig, auch in strukturschwachen Regionen wie der Niederlausitz, stellte das Gericht klar. Der Anwalt habe aber nicht ausbeuterisch gehandelt.
Kein Zusatznutzen für die Kanzlei
Die Beschäftigten hatten auf eigenen Wunsch zu diesen Konditionen angefangen, um erst einmal wieder Fuß auf dem Arbeitsmarkt zu fassen. Über die Runden kamen die Bürokräfte aber nur mit zusätzlichen Aufstockerleistungen auf Staatskosten. Das Jobcenter verlangte daraufhin von dem Anwalt 4100 Euro für die gezahlten Leistungen zurück.
Vergeblich: Der Anwalt habe durch die Einstellung nämlich keinen wirtschaftlichen Vorteil erzielt, so das Gericht. Mit sechs ausgelasteten Vollzeitbeschäftigten habe er es nicht nötig gehabt, zwei weitere Beschäftigte einzustellen. Es sei eher eine "Gefälligkeit", eine "gut gemeinte Leistung" gewesen, meinte der Vorsitzende Richter des Arbeitsgerichts in Senftenberg. Unterm Strich hätten sich für die Kanzlei eher Mehrkosten ergeben. Deshalb müsse der Anwalt auch kein Geld erstatten.
Entscheidung ohne Allgemeingültigkeit
Vertreter des Jobcenters zeigten sich nach dem Urteil überrascht und kündigten an, Rechtsmittel zu prüfen. Andere Arbeitgeber könnten das Urteil nun möglicherweise als "Schutzbehauptung" anwenden, um Beschäftigte generell mit Billiglöhnen abzuspeisen, so ihre Berfürchtung. Sie müssten bloß angeben, die Mitarbeiter gar nicht unbedingt im Betrieb zu brauchen.
Das Gericht hob dagegen hervor, bei dem Urteil handele es sich um eine Einzelfallentscheidung "ohne jegliche Präzedenzwirkung". Im Oktober hatte das gleiche Gericht zwei Unternehmer aus Lübbenau verurteilt, weil sie einen Verkäufer für 2,84 Euro die Stunde beschäftigten. Das Jobcenter Uckermark wiederum klagte erfolgreich gegen einen Pizza-Lieferservice, der seinen Mitarbeitern zwischen 1,59 und 2,72 Euro die Stunden zahlte.
In Zukunft könnte die Zahl der Klagen wegen Lohndumpings sinken, sagte eine Gerichtssprecherin. Grund sei der von der Bundesregierung geplante gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro. Allerdings sind dabei Ausnahmen vorgesehen, unter anderem für Langzeitarbeitslose.
Quelle: ntv.de, ino/dpa