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Fragwürdiger Steuerbescheid Wann lohnt sich der Einspruch?

Der Steuerbescheid ist unerfreulich? Manchmal hilft ein Einspruch weiter.

Der Steuerbescheid ist unerfreulich? Manchmal hilft ein Einspruch weiter.

(Foto: imago/McPHOTO)

Das Steuerprogramm errechnet eine Rückerstattung von 1200 Euro, das Finanzamt will aber nur 800 Euro überweisen. Irgendwas ist da also schiefgelaufen. Nun muss man den Steuerbescheid nicht einfach hinnehmen. In vielen Fällen holt man mit einem Einspruch mehr heraus.

Manchmal ist der Steuerbescheid schon nach zwei Wochen da, manchmal muss man sich drei Monate oder länger gedulden. Wer ein Steuerprogramm oder das Elster-Verfahren nutzt, bekommt schon vorher eine Ahnung, was am Ende herauskommt oder nachzuzahlen ist. Groß ist der Schock, wenn der Betrag auf dem Steuerbescheid deutlich davon abweicht. Dafür kann es verschiedene Gründe geben und man sollte überlegen, ob man gegen den Steuerbescheid Einspruch einlegt.

Die Regeln dafür sind einfach: Innerhalb eines Monats muss das Schreiben beim Finanzamt eingehen, gerechnet wird ab dem Ausstellungsdatum. Eine besondere Form muss man nicht beachten, der Einspruch sollte aber schriftlich erfolgen, wobei es nicht unbedingt ein Brief sein muss. E-Mail und Fax werden auch akzeptiert. Und wenn es nicht anders geht, kann man den Einspruch den Finanzbeamten auch per Telefon diktieren. Wer auf die Schnelle keine Begründung formulieren kann, etwa weil wichtige Unterlagen fehlen, kann diese Informationen auch nachliefern. Der Einspruch wird trotzdem rechtswirksam. Falls man später feststellt, dass das Finanzamt doch im Recht ist, sollte man den Einspruch zurücknehmen.

Als Ausnahme gedacht, wird der Einspruch gegen den Steuerbescheid nach Auffassung der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (VLH) immer mehr zum Standard. Allein zwischen 2011 und 2014 sei die Zahl der Einsprüche, die der VLH für seine Mitglieder eingelegt hat, um ein Drittel gestiegen, erklärt Christina Georgiadis. Die VLH-Sprecherin führt das auf die ständigen Änderungen im Steuerrecht zurück: "Da sind Fehler und Meinungsverschiedenheiten an der Tagesordnung". Dabei muss die Schuld auch gar nicht beim Finanzamt liegen. Auch eigene Irrtümer können dazu führen, dass man eine Korrektur des Steuerbescheids wünscht.

Offensichtliche Fehler korrigieren

Relativ einfach ist die Sache, wenn auf der Hand liegt, was falsch gelaufen ist. Wenn man die Steuererklärung nicht elektronisch abgibt, kommt es beispielsweise leicht Übertragungsfehlern. Sowohl der Verfasser als auch der Bearbeiter der Steuererklärung können Zeilen vergessen, Kreuzchen falsch setzen, Zahlen verdrehen oder sich verrechnen. Solche Fehler lassen sich mehr oder weniger leicht ausfindig machen und werden normalerweise auch unkompliziert korrigiert.

Wichtig: Bei sogenannten "offenbaren Unrichtigkeiten" kann man auch dann noch Änderungen verlangen, wenn die Einspruchsfrist schon abgelaufen ist. "Offenbar unrichtig" ist ein Fehler dann, wenn er für jeden unvoreingenommenen Dritten klar zu erkennen ist, wie der Bundesfinanzhof erklärt hat. Hat der Steuerpflichtige den Irrtum aber selbst grob fahrlässig zu verantworten, muss er in den ersten vier Wochen handeln.

Manchmal will man die Steuer neu berechnen lassen, weil man im Nachhinein noch Sparmöglichkeiten entdeckt. Etwa dann, wenn man feststellt, dass man eine Anlage gar nicht ausgefüllt hat oder wenn im Nachhinein noch Quittungen oder Belege auftauchen. Auch hier gibt es normalerweise keine Probleme, allerdings muss man hier unbedingt rechtzeitig Einspruch einlegen.

Zur Not muss man klagen

Schwieriger wird es, wenn das Finanzamt bestimmte Posten absichtlich nicht anerkannt hat. Das kommt besonders oft bei Werbungskosten und bei außergewöhnlichen Belastungen vor. Ein Klassiker ist beispielsweise das häusliche Arbeitszimmer, von dessen Notwendigkeit das Finanzamt nicht überzeugt ist. Auch bei doppelter Haushaltsführung sehen die Beamten genauer hin, insbesondere wenn die Ausgaben zum ersten Mal geltend gemacht werden. Legt man in solchen Fällen Einspruch ein, prüft das Finanzamt den Fall erneut. Will es die Ausgaben dann immer noch nicht anerkennen, muss man sich entweder damit abfinden, oder vorm zuständigen Finanzgericht klagen.

Das Steuerrecht ist bekanntlich kompliziert und manchmal sind sich Steuerzahler und Finanzamt einfach uneinig darüber, was anerkannt werden muss und was nicht. Ein Beispiel sind die Scheidungskosten. Bis 2013 konnten die Ex-Partner die Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend machen, ab 2014 ist das nicht mehr möglich. Das neue Gesetz werde aber strenger ausgelegt, als es vom Gesetzgeber vorgesehen sei, fand das Finanzgericht Münster. Nun muss der Bundesfinanzhof entscheiden. In den betreffenden Fällen kann man vorsorglich Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen.

Von fremden Klagen profitieren

Das empfiehlt sich auch in diversen anderen Fällen, in denen noch höchstrichterliche Entscheidungen ausstehen. So verhandelt der Bundesfinanzhof im laufenden Jahr über Burnout als Berufskrankheit, über Zuzahlungen zur Firmenwagennutzung oder über vererbte Steuerschulden. "Auch wenn man vorher nicht wissen kann, wie Gerichte oder der Gesetzgeber entscheiden, geht man mit einem Einspruch auf Nummer sicher", so VLH-Sprecherin Georgiadis. Wer die Steuererklärung im ersten Anlauf selbst gemacht hat, könnte zudem die Gelegenheit nutzen, sich professionelle Unterstützung zu holen. Manchmal lenkten die Finanzämter ein, weil sie ein bestimmtes Gerichtsurteil oder neue Gesetze bislang einfach noch nicht beachtet hätten, weiß Georgiadis.

In einem Fall kann man sich den Einspruch übrigens sparen: Dann wenn der Steuerbescheid erfreulicher ausfällt, als erwartet. Einen Finanzamtsirrtum zu den eigenen Gunsten muss man nicht melden, auch wenn der Bescheid offensichtlich falsch ist. Die einzige Gefahr: Das Amt bemerkt den Fehler später selbst und fordert das Geld samt üppiger Zinsen zurück. Das ist aber nur vier Jahre lang rückwirkend möglich, danach ist der Fall verjährt.

Quelle: ntv.de

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