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"M" kitzelt aus BMW-Diesel 381 PS Das Wettrüsten geht weiter

BMW setzt mit dem Dreifach-Turbo neue Bestmarken in der Dieseltechnologie.

BMW setzt mit dem Dreifach-Turbo neue Bestmarken in der Dieseltechnologie.

(Foto: Max Kirchbauer)

Bei BMW stand der Buchstabe "M" seit 1978 für hochgezüchtete Sportwagen mit Benzinmotor. Jetzt ergänzt die M Performance TwinPower Turbo Technologie das Angebot um einen Selbstzünder. Geheimnis der schieren Kraft: drei Turbolader.

Das englische Wort "performance" kann je nach Kontext mit "Leistung" oder "Darbietung" übersetzt werden. Wenn ein Autohersteller wie BMW die Vokabel benutzt, steht sicher die Leistung im Vordergrund. Doch auch die Inszenierung der Präsentation des neuen Dieselmotors ließ an Doppeldeutigkeit nichts zu wünschen übrig.

"Wir brauchen keine Nachhilfe" war wohl die Botschaft in Richtung Ingolstadt, als zu der Textzeile "we do need no education" aus den Pink-Floyd-Hit "The Wall" rasant geschnittene Bilder vom neuen BMW M 550d über die Leinwand flimmerten. Audi hatte vergangenen Sommer einen Dreiliter-Dieselmotor mit Doppel-Aufladung und 313 PS vorgestellt. Das neue Spitzentriebwerk aus München übertrifft dieses Aggregat bei gleichem Hubraum um 68 PS. Das Wettrüsten geht also weiter.

Das Modell M 550d xDrive wird als Limousine und als Touring zu Preisen ab 80.800 Euro auf den Markt kommen. BMW sieht rund 85 Prozent der potenziellen Kunden in Europa. Hier sind sportlich-druckvolles Fahren und mäßiger Kraftstoffverbrauch schon lange keine Gegensätze mehr. In den USA oder China, wo Dieselantriebe noch keine so große Rolle spielen, wird der fast 22.000 Euro teurere und 180 PS stärkere M5 wohl mehr Interesse erzeugen.

Zwei kleine, ein großer Turbolader

Mobiles Kraftwerk: Der neue Sechszylinder holt aus drei Litern Hubraum 381 PS.

Mobiles Kraftwerk: Der neue Sechszylinder holt aus drei Litern Hubraum 381 PS.

(Foto: Max Kirchbauer)

Obwohl beide Fahrzeuge preis- und leistungsmäßig weit auseinanderliegen, lohnt ein Vergleich. Der Dieselmotor ist mit 217 Kilogramm rund 20 Kilogramm leichter als der Achtzylinder im M5. Rennsportinspirierter Leichtbau lässt den Gewichtsunterschied der Limousinen um rund 25 Kilogramm zugunsten des M5 ausschlagen. Was das subjektive Fahrerlebnis angeht, liegen die beiden aber eng beieinander. Dass der Unterschied nicht so gravierend ausfällt, wie die PS-Zahlen es nahelegen, ist in dem enormen Drehmoment des Selbstzünders begründet. Stolze 740 Newtonmeter wuchtet der Sechszylinder an die Kurbelwelle und der Allradantrieb verteilt sie auf beide Achsen.

Das koordinierte Zusammenwirken von Turboladern unterschiedlicher Größe ermöglicht spontanes Ansprechverhalten bei niedrigen Drehzahlen und eine bedarfsgerechte Steigerung des Ladedrucks in höheren Lastbereichen. Mit bis zu 3,5 bar Ladedruck wird der weltweit erste Dreifach-Turbo gefahren. In ihm arbeiten zwei vergleichsweise kleine Hochdrucklader mit einem größeren Niederdrucksystem zusammen. Im niedertourigen Bereich knapp oberhalb der Leerlaufdrehzahl wird zunächst einer der beiden kleinen Lader aktiv. Aufgrund seines geringen Trägheitsmoments reagiert er verzögerungsfrei auf kleinste Bewegungen des Gaspedals und versorgt die Brennräume so bereits frühzeitig mit komprimierter Luft. Im weiteren Verlauf erreicht der Abgasstrom auch den großen Turbolader, der bei einer Motordrehzahl von 1500 U/min spürbar in Aktion tritt. Gemeinsam mit dem kleinen Lader sorgt er bereits bei dieser Drehzahl dafür, dass das überragende Drehmoment bis in den Bereich von 3000 U/min konstant gehalten wird.

Für eine weitere Steigerung der Arbeitsleistung des großen Turboladers wird bei einer Motordrehzahl von rund 2700 U/min ein erhöhtes Abgasvolumen benötigt. Eine unterdruckgeregelte Abgasklappe öffnet dann eine weitere Zuleitung, durch die zusätzliches Abgas an dem bereits aktiven Hochdrucklader vorbei zum großen Niederdrucklader strömt. In diese Bypass-Leitung ist der dritte Turbolader integriert, der dank seines ebenfalls geringen Trägheitsmoments und seiner variablen Verdichtergeometrie unmittelbar nach Öffnung der Abgasklappe seine Arbeit aufnimmt. Das Resultat ist zusätzlicher Ladedruck aus gleich zwei Quellen: Der große Lader kann seine volle Leistung entfalten, der zweite kleine Lader ergänzt die Wirkung der beiden zuvor bereits aktiven um noch mehr komprimierte Luft für die Brennräume.

Allradantrieb als Standard

Das neue Diesel-Spitzenmodell ist auf Wunsch mit 20-Zoll-Felgen auszurüsten.

Das neue Diesel-Spitzenmodell ist auf Wunsch mit 20-Zoll-Felgen auszurüsten.

(Foto: Max Kirchbauer)

Der Traktionsvorteil gegenüber dem heckgetriebenen M5 führt zu einem Spurtvermögen, das viele Fahrer von Sportcoupés erbleichen lassen dürfte: Nur 4,7 Sekunden vergehen im Idealfall zwischen Start und Erreichen der 100-km/h-Marke. Das Antriebsmoment wird variabel und situationsgerecht zwischen den Vorder- und den Hinterrädern verteilt. In besonders dynamischen Fahrsituationen wird der Tendenz zum Untersteuern durch die Veränderung der Kraftverteilung entgegengewirkt, ohne dass die mit dem xDrive vernetzte Fahrstabilitätsregelung eingreifen muss. Die M-spezifische Abstimmung des Systems bringt dabei die von BMW-Fahrern geschätzte charakteristische Hinterradbetonung gezielt zur Geltung. Zugunsten eines präzisen Einlenkens und einer hohen Spurstabilität leitet das Allradsystem eingangs der Kurve mehr Antriebskraft zur Hinterachse.

Hightech an Motor und Fahrwerk sind jedoch nur die Voraussetzung für das, was den M 550d so begeisternd macht. Die sinnliche Erfahrung unwiderstehlicher Durchzugskraft, gepaart mit dem sonor volltönenden Klangbild eines vermeintlichen Achtzylinders vervollständigen erst das Bild. Die geschmeidige und effizienzsteigernde ZF-Achtgangautomatik ist der passende Deckel auf diesen Hochleistungs-Kochtopf.

Das mögliche Spitzentempo ist auf 250 km/h limitiert. Derzeit, so heißt es von BMW, sei auch nicht vorgesehen, auf Kundenwunsch und gegen Aufpreis die Limitierung nach oben zu verschieben, wie es etwa beim M5 möglich ist. Allerdings dürfen Kunden getrost davon ausgehen, dass der weltweit stärkste Sechszylinder-Diesel mit 250 km/h noch nicht am Ende seiner Möglichkeiten angekommen ist. Fürs Datenblatt ist ein Durchschnittsschnittsverbrauch von 6,3 Litern je 100 Kilometer ebenso kleidsam wie die Einstufung nach der Abgasnorm Euro 6. Wer sich jedoch zum Ziel setzt, den Prüfstandwert in der Praxis zu erreichen, verzichtet auf das, was der neue Motor am besten kann: Spaß machen. Und der kostete im ersten Test 10,6 Liter je 100 Kilometer.

Quelle: ntv.de

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