Auto

Kompressor für den Nissan Micra Dem Diesel auf den Fersen

Mit seinem Modell Micra eröffnet Nissan eine neue Nische der Spritspartechnik: Kraft auf dem Niveau eines 1,5-Liter-Saugers mit dem Verbrauch eines Ein-Liter-Benziners verspricht der Dreizylinder mit dem Kürzel "DIG-S".

Die Buchstabenkombination "DIG-S" des neuen Micra von Nissan steht für Direkteinspritzung auf der einen und Kompressor-Aufladung auf der anderen Seite. So etwas hat es bisher bei Stadtflitzern wie dem Micra nicht gegeben. Mit der Vorstellung der zusätzlichen Modellvariante fügt der japanische Hersteller einen neuen Maßstab zur generellen Beurteilung von innovativer Spritspartechnik ein. Nicht nur der Verbrauch in Litern je Kilometer solle betrachtet werden, so legen die Nissan-Ingenieure nahe, sondern auch die Relation von Anschaffungspreis und Verbrauch.

Der Micra DIG-S soll im Herbst diesen Jahres starten.

Der Micra DIG-S soll im Herbst diesen Jahres starten.

(Foto: Nissan)

Bisher sehen Dieselfahrzeuge in den Tabellen der Spritspar-Meister immer besonders gut aus, denn meistens liegen sie bei gleichem Hubraum ein bis anderthalb Liter unter den Werten der vergleichbaren Benziner. Dafür sind sie aber in der Anschaffung deutlich teurer. Bis also der höhere Preis durch den günstigeren Verbrauch wieder herein gefahren ist, muss eine zumeist mehrere tausend Kilometer längere Nutzungsdauer in Anschlag gebracht werden.

Serienmäßig mit Dachspoiler

Nissan nimmt die den Micra in Anspruch, Durchschnittsverbräuche (fast) wie ein Dieselfahrzeug zu erzielen, allerdings auf dem Preislevel, das zum Teil noch unter dem der Wettbewerber mit Benzinmotor liegt. Wenn der neue Micra in den Handel geht, soll er für etwa 12.500 Euro zu haben sein. Präzise festlegen mag sich die deutsche Vertretung des japanischen Herstellers noch nicht, lediglich der ungefähre Mehrpreis gegenüber dem 80 PS starken aktuellen Micra wird verraten. 1600 Euro soll die Differenz betragen, die mit zusätzlicher Komfortausstattung den Kunden schmackhaft gemacht werden soll. Nach jetziger Planung wird dazu ein Navigations- und Kommunikations-System mit 5-Zoll-Display gehören. Von außen ist das DIG-S-Modell am Dachkantenspoiler und einer veränderten Frontschürze zu erkennen. Beide Bauteile senken den cw-Wert auf 0,29.

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(Foto: Nissan)

Für den Preis gibt es dann mittels Kompressor erzeugte 98 PS und einen auf dem Rollenprüfstand ermittelten Durchschnittsverbrauch von 4,1 Liter je 100 Kilometer. Das sind 0,9 Liter weniger als der Dreizylinder in normalen Micra nach EU-Norm konsumiert. In der Liga der Fiat 500, Polos, Yaris, Fiestas und Clio sieht sich der Micra DIG-S damit an vorzüglicher Stelle einsortiert. Diesen Wettbewerbern kann er dank seines CO2-Ausstosses von 95 g/km recht selbstbewusst Paroli bieten.

Der neue Motor ist Teil eines Projekts, das Nissan "Pure Drive", also etwa "Wahres Fahren", nennt und in dem alle Bemühungen zu umweltgerechter Fortbewegung und zum Spritsparen zusammengefasst sind. Intern hat Nissan zum Erreichen des "Pure Drive"-Status für seine Fahrzeuge CO2-Ziele gesetzt, die schon in zwei Jahren bei 120 g/km liegen soll. Der Micra DIG-S leistet mit seinem Wert also bereits einen wichtigen Beitrag zu diesem Durchschnittswert. Für 2016 strebt das Unternehmen einen Flottendurchschnitt, also den Mittelwert alle Modelle und Varianten, von 122 g/km an.

Nissan will Nr.1 in Europa werden

Und nicht nur das: Seit Nissan auf dem Automobilsalon im März in Genf das Ziel ausgerufen hat, die stärkste japanische Marke auf dem europäischen Kontinent zu werden, läuft die Premieren-Maschinerie auf Hochtouren. Innerhalb der nächsten sechs Jahre will Nissan im Schnitt alle sechs Wochen ein neues oder modellgepflegtes Produkt auf den Markt bringen. Das Elektroauto Leaf, das in einigen Ländern Europas schon angeboten wird, soll zum Ende diesen Jahres auf deutschen Straßen erscheinen.

Durch eine Summe von Maßnahmen, zum Beispiel durch Karbon-Beschichtung der Kolbenringe und Leichtmetall-Ventilfedern wurde die innere Reibung vermindert, die variable Ventilsteuerung wirkt effizienzsteigernd. Statt eines Turboladers, der auch ohne Last ständig mitläuft, entschied man sich für einen Kompressor, der im Stadt-Tempo praktisch gar nicht in Aktion tritt. Die Verdichtung wurde auf 13:1 angehoben, das ist enorm viel. Der Motor eines Ferrari 458 ist zum Beispiel mit 12,5:1 verdichtet. Das maximale Drehmoment des Dreizylinders stieg auf 142 Newtonmeter, jedoch braucht es 4.400 Umdrehungen, bis diese Durchzugskraft erreicht ist.

Sehnsucht nach sechstem Gang

Auf der Teststrecke macht der neue Motor einen vielversprechenden Eindruck. Extrem leise und vibrationsarm im Leerlauf, lässt er die Insassen das eine oder andere Mal zur Vergewisserung auf den Drehzahlmesser blicken, ob vielleicht schon die Stopp/Start-Automatik in Aktion getreten ist. Die arbeitet verlässlich an dem Ziel, bei notwendigen Fahrtunterbrechungen den Spritkonsum auf Null zu senken. Leider kann die Automatik nicht verhindern, dass der Testverbrauch im Kurzstrecken-Verkehr bis auf 6,2 Liter anschwillt.

Der 1,2-Liter-Dreizylinder mit Kompressor-Aufladung leistet 98 PS.

Der 1,2-Liter-Dreizylinder mit Kompressor-Aufladung leistet 98 PS.

(Foto: Nissan)

Dem robusten Antritt in der "Grün"-Phase folgt ein komfortables Gleiten in das Reisetempo, wo sich alsbald, vornehmlich über 120 km/h die Sehnsucht nach dem sechsten Gang einstellt. Wie viele seiner Klassengenossen ist auch der Micra DIG-S nur mit einer Fünfgang-Handschaltung ausgerüstet, was die hohen Drehzahlen der Langstrecke auf Dauer etwas lästig erscheinen lässt. Als Alternative kann der Kunde sich ein variables CVT-Getriebe bestellen, das auch bisher schon für den Micra lieferbar war. Die Chance, sich durch eine Lenkrad-Längsverstellung von anderen Kleinwagen positiv abzuheben, wurde leider verpasst.

Da die Micra-Verkäufe in Deutschland nur zwei Monate nach der Markteinführung schon mehr als ein Drittel des Jahresziels erreicht haben, geht der Importeur von etwa 12.000 Einheiten in 2011 aus. Das neue Auto aber nicht mehr allzu viel dazu beitragen, da es erst zum vierten Quartal überhaupt in die Verkaufsschlacht der City-Flitzer eingreift. Etwa ein Viertel der Verkäufe soll auf das Konto des neuen Motors gehen.

Quelle: ntv.de

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