Auto

Im Hudson um die Welt Die wilde Heidi will es wissen

Heidi und Hudo. Ein Team, für die Weltreise bereit.

Heidi und Hudo. Ein Team, für die Weltreise bereit.

(Foto: Jürgen Sendel)

Mit einem Auto die Welt umrunden? Das ist nicht spektakulär. Aufsehenerregend wird es erst, wenn es die Grand Dame des Automobils, Heidi Hetzer, mit ihren 76 Jahren in einem Hudson Great Eight macht. Doch jetzt muss die Fahrt verschoben werden. Es fehlt etwas Entscheidendes.

Heidi Hetzer als "Speed Queen".

Heidi Hetzer als "Speed Queen".

(Foto: Jürgen Sendel)

Sie ist wohl die bekannteste Ikone, die Opel je hatte. Dabei hatten die Rüsselsheimer sie gar nicht auf dem Schirm. Heidi Hetzer erschuf sich selbst als "Opel Hetzer". Ihr Vater, Siegfried Hetzer, gründete 1933 ein Opel-Autohaus in Berlin-Charlottenburg. Heidi selbst erlernte ab 1954 den Beruf des Kfz-Mechanikers im Familienbetrieb. Bereits mit 14 Jahren fuhr sie ihr erstes Rennen auf einer NSU Lambretta. Rund um die Müggelberge ging es mit dem Motorroller. An ihrer Seite nur Jungs. Der Sieg blieb ihr damals verwehrt. Schlimmer noch, Hetzer wurde wegen Inanspruchnahme "fremder Hilfe" disqualifiziert. Letztlich hielt sie das aber nicht davon ab, weiter Rennen zu fahren. In den kommenden Jahren suchte sie  immer wieder den Kick bei echten Rallyes.  Ab 1969 übernahm sie das Unternehmen ihres Vaters und machte es bis 2012 zu einem der größten Autohäuser in der Hauptstadt. Vor zwei Jahren nun verkaufte sie das Unternehmen.

Heute ist Heidi Hetzer 76 Jahre alt. In ihrem Büro, das sie immer noch an ihrer alten Wirkungsstätte hat, hängt ein Maßband. Aber eigentlich ist es ein Lebensband. Und auf dem sind noch fünf Zentimeter übrig, bis 80,5. Dann sollte Schluss sein. Doch bevor es soweit ist, hat sich die Berlinerin noch einiges vorgenommen. Auf den Spuren von Clärenore Stinnes will sie die Welt umrunden. Im Jahr 1927 machte sich die damals 26-Jährige in einem Adler Standard 6 auf den Weg. Zwei Jahre später hatte sie den Globus einmal umfahren.

"In Berlin wird doch alles verschoben"

In groben Zügen ist hier die Strecke von Heidi Hetzers Weltumfahrung abgebildet.

In groben Zügen ist hier die Strecke von Heidi Hetzers Weltumfahrung abgebildet.

Jetzt will Heidi Hetzer diese Fahrt wiederholen. Insgesamt 95.000 Kilometer sollen in einem Hudson Great Eight abgespult werden. Sechs Kontinente in zwei Jahren, mit einem Auto, das sieben Jahre älter ist als die Pilotin. Am 22. Mai 2014 sollte die wilde Tour beginnen. Doch wie im richtigen Leben ist es jetzt auch für Heidi Hetzer anders gekommen. "Mit der Fahrt ist es wie mit allem in Berlin. Ich habe sie verschoben." Fünf Wochen später soll der Start jetzt vonstattengehen. Aber mit allem Drum und Dran: Fähnchen, Winken, Tränen. Aber eben nur, wenn bis dahin ein neuer Beifahrer gefunden ist. Der Mann, der ursprünglich gesetzt war, hat sich aus der Allianz verabschiedet. Zwölf Jahre jünger als Hetzer, macht ihm sein Rücken so zu schaffen, dass er in letzter Minute absagen musste.

Ein harter Schlag für die Abenteurerin. Denn wie soll man jetzt jemanden aus dem Hut zaubern, der anpacken kann, der die eine oder andere Fremdsprache beherrscht, der auch noch Zeit hat und mit dem man lachen kann? "Nee, der muss lachen können. Sonst habe ich wie ein Koffer 'ne Reise um die Welt gemacht. Das will ich nicht!", meint Hetzer. Das Wichtigste für die Grand Dame des Automobils ist aber, dass er gerne Beifahrer ist. "Ich will Auto fahren. Sonst hauen wir uns die ganze Zeit ums Lenkrad. Das geht nicht." Ohne Beifahrer wird die Reise aber auch nicht stattfinden. Wer will, kann sich jetzt bewerben. Wenn er auch nur ein paar Wochen Zeit hat. An- und Abreise müssen selber getragen werden, die Zeit während der Fahrt ist frei. Auf der Webseite "Heidi Hetzer fährt um die Welt", findet der Interessent E-Mail-Adresse und Telefonnummer zur Kontaktaufnahme. Und wer genommen wird, der kann mit Hetzer und Hudo die Welt umrunden.

Hudo trägt Hetzer um die Welt

Hudo ist ein waschechter Amerikaner mit einem mutmaßlich unzerstörbaren V8.

Hudo ist ein waschechter Amerikaner mit einem mutmaßlich unzerstörbaren V8.

(Foto: Jürgen Sendel)

Hudo? Ja, so hat sie den Wagen genannt, der sie auf den Pfaden von Stinnes begleiten soll. Wie es zu diesem Namen kam? "Auf einem Stück Papier stand Hudson, darunter der Name Udo Schulz, der Vorbesitzer des Autos. Und da wurde aus Hudson und Udo Hudo", erklärt Hetzer. Um den Oldtimer auf die lange Fahrt vorzubereiten, wird er derzeit in der Werkstatt von Timo Gottschalk, selbst jahrelang Rallye-Fahrer, in Rheinsberg vorbereitet: neue Achse, der Motor generalüberholt, die Batterie von sechs Volt auf zwölf Volt umgestellt - und natürlich neue Sitze. "Auf der alten Bank vom Hudo halte ich das nicht die ganze Strecke aus. Deshalb gibt es einen neuen Sitz. Ich sitze ein wenig höher, kann aber auch besser fahren", erklärt Hetzer. Hudo ist damit aber keine Luxuslimousine, obwohl der Hudson Great Eight damals als Tourenwagen gebaut wurde. Aber die Rücksitzbank ist raus und statt ihrer türmen sich jetzt Ersatzteile und Werkzeug im Heck des Fahrzeuges.

Dass die Fahrt letztlich in einem Hudson stattfindet, ist reiner Zufall. "Ich hatte erst meinen Hispano Suiza. Da hat mir jeder von abgeraten", so Hetzer. Aus gutem Grund. Der Hispano hat einen Aluminiummotor, ist auf freier Strecke kaum zu reparieren und mit seinem Preis von einer halben Million Euro auch schon sehr elitär. "Das habe ich erst vor einem Jahr eingesehen", so Hetzer. Die Idee, mit einem Adler wie Stinnes zu fahren, scheiterte daran, dass es einfach keine Fahrzeuge mehr gibt. Außerdem wäre der mit seinen 48 PS heute wie damals restlos untermotorisiert gewesen. Deshalb musste ein "straighter Achtzyliner" her. Ein Amerikaner eben. Und so kam es zu Hudo, der seit sechs Jahren zum Verkauf stand und bis dahin von allen verschmäht wurde.

Sechs Unfälle sind genug

Mit seinen 80 PS kommt er natürlich den Rallye-Ambitionen von Heidi Hetzer auch eher entgegen. Denn die Frau ist, nimmt man es genau, ganze Teile ihrer Weltumrundung schon als Pilotin in einem Rennauto gefahren. Zum Beispiel die Düsseldorf-Schanghai-Rallye, die auch durch die Mongolei führt, oder die Panama-Alaska-Rallye quer durch Mittel- und Nordamerika. Auf dieser Tour hatte sie auch einen ihrer schweren Unfälle. Gemeinsam mit ihrem Sohn Dylan Mackay wollte sie 1997 die Strecke von Panama City bis Anchorage in Alaska bewältigen. Doch als sie den Filius ans Steuer ließ, verbremste der sich und der 1969er Opel Kadett-B schoss aus der Kurve und stürzte einen Abgrund hinunter. Außer einer Platzwunde gab es nur einen Totalschaden am Fahrzeug. Der Wagen soll heute noch auf einer Polizeistation in Mittelamerika stehen.

Die Panama-Alaska-Rallye endete für Heidi Hetzer und Sohn Dylan im Graben.

Die Panama-Alaska-Rallye endete für Heidi Hetzer und Sohn Dylan im Graben.

Auf ihrer jetzigen Welttour soll es aber anders werden. Diesmal will sie die Fahrt genießen. Land und Leute will Hetzer kennenlernen. Diesmal hofft Hetzer, ohne Unfall aus dem Rennen zu gehen. "Der Wagen fährt ja auch nicht so schnell. Maximal 100 km/h." Sechs Crashs in ihrer Laufbahn reichen, die ohne Körperschaden nicht mitgezählt. Da gab es ein aufgeschnittenes Bein, ein gebrochenes Handgelenk und mehrere Nächte in einer von Kakerlaken bevölkerten Gefängniszelle, weil die Schuldfrage nicht geklärt war, als sie mit einem Privatfahrzeug zusammenstieß. Aber all das hat ihre Liebe zum Automobil und ihre Leidenschaft fürs Autofahren in keiner Sekunde geschmälert.

Auch die Männer blieben auf der Strecke

Wenn sie zurückblickt, dann sind es natürlich die echten Rennen, die ihre Leidenschaft für das Auto immer wieder neu belebt haben. Natürlich fährt Heidi Hetzer auch die Mille Miglia, das ultimative Schaulaufen der Oldtimer. "Aber mit Rennen hat doch der Quatsch nichts zu tun. Da lob ich mir Jochen Mars. Der brettert da einfach durch. Egal, ob Lichtschranke oder Zeitwertung. Hauptsache, er hat Spaß."

Selbst die Männer, die Heidi Hetzer auf ihrem Lebensweg begleitet haben, mussten sich dieser Leidenschaft beugen. Wenn sie es nicht konnten, waren sie gezwungen, das Feld zu räumen. "Ja, mein Mann hat diese Liebe nicht geteilt. Deshalb sind wir ja auch geschieden. Er ist ein toller Mann, der aber nicht zu ändern ist. Und das sollen sich auch junge Menschen gleich mal aus dem Kopf schlagen. Man kann einen Menschen nicht ändern", so Hetzer weise.

Wie ihre Reise nach zwei Jahren ausgehen wird, weiß sie nicht. Eigentlich ist ihr Lebensband dann bis auf 1,5 Jahre abgelaufen. Doch wer weiß. "Vielleicht komme ich hier in Berlin an und will die ganze Tour noch einmal rückwärts fahren." Wenn dem so ist, dann wird sie sich wohl ein neues Maßband zulegen müssen. Mit mindestens noch zwei Zentimetern mehr. Doch bis es so weit ist, muss erst einmal gestartet werden. Hoffentlich wie geplant in fünf Wochen.

Quelle: ntv.de

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