Auto

100. Todestag von Rudolf Diesel Eine Erfindung, die zündete

Im Jahr 1936 wurde erstmals ein Dieselmotor in einem Serienfahrzeug verbaut.

Im Jahr 1936 wurde erstmals ein Dieselmotor in einem Serienfahrzeug verbaut.

Den Erfolg seiner Erfindung erlebte Rudolf Diesel nicht mehr. Auf ungeklärte Weise kam er mit nur 55 Jahren ums Leben. Heute ist jeder zweite Verkaufte Pkw mit einem Selbstzünder ausgestattet. Und dabei ist das Potenzial des Aggregates noch nicht ausgeschöpft.

Ob Rudolf Diesel wohl gefallen hätte, dass Ingenieure heutzutage seinen Motor einfach mit einem Elektroantrieb kombinieren? Ganz bestimmt, sagte er doch selbst über seine Erfindung: "Mein Motor macht immer noch große Fortschritte." Wie groß die Fortschritte und die damit einhergehenden Erfolge seines Dieselmotors waren, hat der Ingenieur nicht mehr erlebt: Vor 100. Jahren verstarb der Erfinder unter ungeklärten Umständen am 29. September 1913 im Alter von 55 Jahren. Um seinen Tod ranken sich bis heute Gerüchte.

Unfall, Mord oder Suizid?

Sicher ist nur, dass Rudolf Diesel an jenem Tag auf dem Schiff "Dresden" eine Kabine für eine Überfahrt des Ärmelkanals von Belgien nach England gebucht hatte. In der Nacht ging der 55-Jährige über Bord und ertrank. Unfall, Mord oder Suizid? Zu der Frage gibt es seit einem Jahrhundert wilde Spekulationen. Eines dieser Gerüchte besagt, dass Diesel umgebracht worden sei, damit er im Ausland keine technischen Geheimnisse verraten könne. "Das ist Unsinn", verweist Diesel-Biograf Horst Köhler diese These ins Reich der Legenden. Grund: Zur damaligen Zeit waren längst etliche Unternehmen in der ganzen Welt an der Dieselmotorenforschung beteiligt. "Jeder Lizenznehmer wusste um diese Zeit mehr als Rudolf Diesel." Auch ein Unfall scheide aus: "Das Schiff hatte eine hohe Reling, der Seegang war ruhig. Er muss da schon drübergeklettert sein", sagt Köhler. Für ihn kommt deswegen nur Suizid in Frage.

Diesel hatte in den 1890er Jahren bei der Maschinenfabrik Augsburg, heute Teil des MAN-Konzerns, seinen Motor entwickelt. Im Februar 1897 war der "Diesel" fertig. Die heute im Deutschen Museum ausgestellte Maschine hatte einen Wirkungsgrad von etwa 26 Prozent und übertraf damit die Dampfmaschine um mehr als das Doppelte. Moderne Dieselmotoren erreichen inzwischen einen Wirkungsgrad um die 50 Prozent. "Der Diesel ist nach wie vor die am wirtschaftlichsten arbeitende Wärmekraftmaschine", betont das Münchner Technikmuseum.

Jeder zweite Neuwagen ist ein Diesel

Jeder zweite in Deutschland zugelassene Pkw ist heute ein Diesel.

Jeder zweite in Deutschland zugelassene Pkw ist heute ein Diesel.

(Foto: picture alliance / dpa)

In Deutschland hat aktuell etwa jeder zweite Neuwagen einen Dieselantrieb. Viele Millionen Dieselmotoren treiben weltweit Autos, Lkw und Schiffe an. "Der Diesel ist eine Schlüsselkomponente, um ambitionierte Emissionsgrenzen zu erreichen", sagt Markus Heyn, Vorstand der Diesel Systems des Zulieferers Bosch. Absehbar war das noch nicht, als Ingenieur Rudolf Diesel als 33-Jähriger seine Patentschrift einreichte. Elf Jahre zuvor hatte er an der Technischen Hochschule München seinen Abschluss gemacht. Auf 13 Seiten hatte Diesel den später nach ihm benannten Motor skizziert, im Februar 1893 bewilligte das kaiserliche Patentamt seinen Antrag.

Das Erfolgsgeheimnis der Konstruktion war die Selbstzündung, ein Begriff, der bis heute als Synonym für seinen Motor steht. Diesel konstruierte seine Erfindung so, dass ein Luft-Kraftstoff-Gemisch 20-fach verdichtet wurde und allein durch diesen Druck entflammte. Der Effizienzgewinn aufgrund der hohen Verdichtung war enorm. Als der Erfinder mit seinen Arbeiten begann, hatten Benzinmotoren einen Wirkungsgrad von 12 Prozent, Gas-Motoren kamen auf 17 Prozent. Schon der erste Prototyp von Diesel nutzte 25 Prozent der Energie des Kraftstoffes aus. Weil Dieselmotoren wegen der hohen Drücke besonders massiv gebaut werden müssen, wurden sie zunächst stationär eingesetzt, 1903 lief das erste Schiff mit Dieselmotor vom Stapel.

Der Antrieb der Zukunft

Unter Automobilexperten galt der Selbstzünder um 1920 als Antrieb der Zukunft. Doch bis das erste Auto mit dieser Technik ausgestattet wurde, dauerte es. 1936 ging der Dieselmotor im Mercedes-Benz 260 D zum ersten Mal in Serie. Doch über Jahrzehnte stand der Diesel für Spaßverzicht: Die Saugmotoren mit Nebenkammereinspritzung waren nicht nur träge, sondern auch als laut und dreckig verrufen. Ins Gegenteil verkehrte sich das spätestens in den 1990er Jahren dank direkter Kraftstoffeinspritzung und zunehmender Verbreitung der Turboaufladung.

Aber schon 1975 hatte der VW Golf Diesel als erster Selbstzünder in der Kompaktklasse den Dieselmotor beliebt gemacht, andere Hersteller folgten. Sparsam, laufruhig und durchzugsstark sind die heutigen Selbstzünder, bei denen der Einsatz eines Turboladers längst Standard ist und die deshalb schon bei niedrigen Drehzahlen ein hohes Drehmoment liefern. Abgasnachbehandlungssysteme sorgen dafür, dass auch anspruchsvolle Emissionsnormen unterschritten werden. Noch sparsamer und umweltfreundlicher wird der Diesel mit elektrischen Komponenten kombiniert als Hybridantrieb.

Wie viel Fortschritt sein Motor gemacht hat, erlebte der Erfinder kaum mehr im Ansatz. Zu Lebzeiten Rudolf Diesels war diese Erfolgsgeschichte nicht vorhersehbar. Von vielen Experten wurde er sogar angefeindet. "Diesel selbst war kein Motorenfachmann, er war eigentlich Eismaschinen-Ingenieur", erklärt Köhler. Finanziell ging es im Laufe der Zeit für ihn bergab: "Um die Jahrhundertwende war er reich, er war fünffacher Millionär", sagt Köhler. "Und am Schluss hat er nur noch Schulden gehabt." All dies habe den Erfinder zermürbt. Seine Erfindung aber wird noch lange weiter leben, glaubt Bosch-Experte Heyn. "Wir entwickeln diesen Antrieb weiter. In den nächsten Dekaden werden wir weiter Diesel fahren."

Quelle: ntv.de, sp-x/dpa

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